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Plenarsitzung

Transkript

Tobias Krull (CDU): 

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte gleich zu Anfang klarstellen: Wir als Koalition werden den vorliegenden Antrag zur Einsetzung einer Kommission ablehnen, 

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, von Markus Kurze, CDU, von Guido Kosmehl, FDP, und von Konstantin Pott, FDP) 

und zwar aus unterschiedlichen Gründen, die ich jetzt in der gebotenen Kürze darstellen möchte. 

Im Gesundheitskabinett am 4. April 2023 wurde der Zwischenstand des von der Union maßgeblich initiierten Gutachtens zur Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt vorgestellt. In der Sitzung am 12. April 2023 hat sich der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung mit dem vorliegenden Papier beschäftigt. Bei beiden Terminen wurde deutlich, dass es einige Fragestellungen gibt, die im Rahmen der geplanten Vorstellung der Endfassung am 1. Juni dieses Jahres beantwortet werden müssen. 

Es sind aber bereits einige Kernaussagen vorhanden, mit denen wir uns politisch beschäftigen müssen. Dazu gehört unter anderem die Aussage, dass aufgrund der geringen Bettenauslastung von 63 % bzw. zum Erreichen einer durchschnittlichen Bettenauslastung von 80 % der Abbau von 2 000 bis 4 000 Betten notwendig sei. Wo dieser Abbau erfolgen soll, darüber schweigt das Papier bisher. 

Auch wird von zusätzlichen Bedarfen in einigen medizinischen Fachrichtungen gesprochen, während wir es mit einer teilweise bestehenden Unterversorgung im Norden unseres Bundeslandes zu tun haben. Gleichzeitig gibt es vonseiten des Bundes eine Expertenkommission, die Reformvorschläge erarbeitet hat, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Dort gibt es durchaus richtige Ansätze, wie die Ergänzung des bestehenden DRG-Systems, also der Fallpauschalen, durch einen Faktor der Vorhaltekosten, um die wirtschaftliche Existenz der Kliniken zu sichern. 

Es gibt aber vor allem auch viel Kritik daran, und das aus meiner Sicht absolut zu Recht. Denn das, was der Bund hier vorgelegt hat, geht an der Versorgungsrealität und den Notwendigkeiten vor Ort definitiv vorbei. Bereits bei der Zusammensetzung der Expertenkommission wurde deutlich, dass es im Wesentlichen um den universitären Blick ging und nicht um die Versorgung in der Fläche. Dass Vertreter der Krankenhausgesellschaft oder der Krankenkassen als vermeintliche Lobbyisten nicht mitdiskutieren konnten, macht schon einen sehr schrägen Eindruck. 

Es folgte verdientermaßen ein Proteststurm gegen diese Pläne. Würden diese Pläne so umgesetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, würde das das Ende der flächendeckenden Krankenhausversorgung in Deutschland bedeuten. 

Wer von gleichwertigen Lebensverhältnissen in allen Teilen unseres Heimatlandes spricht, der muss dies auch im Krankenhausbereich auf der Agenda haben. Nach Aussagen unseres Ministerpräsidenten Dr. Reiner Haseloff und nach Medienberichten hat sich der Bundesgesundheitsminister bei einer Sondersitzung der Ministerpräsidentinnen und der Ministerpräsidenten der ostdeutschen Bundesländer dahin gehend geäußert, dass es Änderungen geben soll. Effektiv liegt mir dazu noch nichts vor. 

Aussagen des Bundesgesundheitsministers an anderer Stelle, dass er nur wenige Änderungen vornehmen kann, lassen meine vorhandenen Zweifel eher noch größer werden. Auch ein vorliegendes Rechtsgutachten macht deutlich, dass das Vorgehen des Bundesgesundheitsministers an dieser Stelle rechtlich nicht haltbar ist, weil die Landesaufgabe der Krankenhausplanung nicht ausreichend berücksichtigt wird. Spätestens jetzt muss der Bundesgesundheitsminister erkennen, dass es so nicht funktionieren kann. 

Für meine Fraktion gilt weiterhin der Grundsatz, dass wir flächendeckend eine qualitativ hochwertige sowie im Bedarfsfall gut erreichbare Krankenhausstruktur in unserem Bundesland brauchen. Alle 45 Krankenhäuser werden als Orte medizinischer Versorgung benötigt. 

Würde die beantragte Kommission in ihrer Zusammensetzung die notwendigen Reformprozesse in unserem Land voranbringen? - Aus meiner Sicht nicht, insbesondere weil die vorgeschlagene Zusammensetzung eher willkürlich zu sein scheint. So dürfen zwar die staatlichen und die frei-gemeinnützigen Krankenhäuser nach Meinung der LINKEN mitreden, aber die privaten Krankenhäuser bleiben ausgeschlossen. Damit wird ein wesentlicher Teil der Krankenhauslandschaft ignoriert. 

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, und von Konstantin Pott, FDP) 

Es ist auch vom kommunalen Spitzenverband die Rede. Sollen der Landkreistag und der Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt erst einmal intern diskutieren, wer gemeint ist? 

Welche Gewerkschaften sind denn gemeint? Fällt darunter auch der Marburger Bund? Wo sind die Ärztekammer und die Zahnärztekammer?

(Zustimmung von Konstantin Pott, FDP) 

Was ist mit Interessenvertreter der medizinischen Versorgungszentren? Wenn wir den Ansatz der sektorenübergreifenden Versorgung ernst nehmen, müssen wir auch diese einbeziehen. 

Warum werden eigentlich nur einzelne medizinische Fachverbände eingeladen und nicht alle unterschiedlichen Fachärzteverbände oder der Hausärzteverband? 

(Zustimmung bei der CDU, von Konstantin Pott, FDP, und von Guido Kosmehl, FDP) 

Sie sehen: Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht. 

Unabhängig von diesen organisatorischen Fragestellungen geht es auch um die inhaltliche Diskussion. Sowohl im Landtag als auch im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung wird über gesundheitliche Themen sehr intensiv diskutiert, insbesondere im Ausschuss, bei Fachgesprächen und Anhörungen, auch unter Beteiligung Dritter. 

Außerdem verweise ich auf die Ergebnisse der Arbeit der Enquete-Kommission „Die Gesundheitsvorsorge und Pflege in Sachsen-Anhalt konsequent und nachhaltig absichern“ in der vergangenen Wahlperiode. Ein Teil ihrer Arbeitsergebnisse hat Niederschlag in unserem Koalitionsvertrag gefunden. Wir brauchen also kein weiteres Gremium mit unklarer Zusammensetzung und unklaren Kompetenzen. Das ist Bürokratieaufbau dort, wo wir Bürokratieabbau brauchen. 

(Zustimmung von Konstantin Pott, FDP) 

Aus den genannten Gründen lehnen wir den vorliegenden Antrag ab.

(Zustimmung bei der CDU)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Herr Krull, vielen Dank. Es gibt eine Frage von Herrn Gallert, wenn Sie sie zulassen. - Bitte, Herr Gallert.


Wulf Gallert (DIE LINKE): 

Herr Krull, das ist ein bisschen eine Leseübung. Sie haben behauptet, wir würden die privaten Krankenhäuser hierbei herauslassen wollen. Das haben Sie eben gesagt. Ich lese Ihnen einmal aus dem Antrag vor: „Dieser Kommission sollen angehören: die Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt […]“ Wissen Sie, wer in dieser Krankenhausgesellschaft ist? - Die privaten Krankenhäuser. 

Natürlich haben wir dann den Verband der kommunalen und landeseigenen Krankenhäuser aufgeschrieben. Kennen Sie einen Verband der privaten Krankenhäuser in Sachsen-Anhalt? Ich kenne ihn nicht. Also haben wir das so hineingeschrieben. Sie haben das nicht mitbekommen, haben das nicht richtig gelesen, dezidiert also falsche Angaben gemacht. Es wäre doch schön, wenn Sie sich jetzt korrigieren. 


Tobias Krull (CDU): 

Herr Gallert, auf diese Frage habe ich fast gewartet. 

(Sandra Hietel-Heuer, CDU, und Konstantin Pott, FDP, lachen) 

Es gibt einen Bundesverband der privaten Krankenhäuser, den könnten wir dazu einladen, wie wir auch an anderer Stelle die Bundesverbände einladen, weil es keinen Landesverband gibt. Denn auch die frei-gemeinnützigen und die kommunalen Krankenhäuser sind alle Mitglied der Krankenhausgesellschaft. 

(Zustimmung bei der CDU - Wulf Gallert, DIE LINKE: Aber sie haben einen eigenen Verband!)

Werden die dann noch einmal extra eingeladen? 

Wieso haben Sie nicht aufgeschrieben, dass die privaten Krankenhäuser, vertreten durch den Bundesverband, hier mitdiskutieren können? 

(Wulf Gallert, DIE LINKE: Die interessieren sich nicht für Sachsen-Anhalt, also brauchen wir sie nicht! - Guido Kosmehl, FDP: Oh!) 

- Sie interessieren sich nicht für Sachsen-Anhalt? Sie sagen also, dass die privaten Krankenhäuser hier keine Leistungen erbringen? Wir haben Landkreise, da würde ohne private Träger gar nichts funktionieren.

(Zustimmung bei der CDU - Wulf Gallert, DIE LINKE: Die haben keinen Verband in Sachsen-Anhalt!)

Dieser Glaube, dass nur staatliche und frei-gemeinnützige Krankenhäuser gute Krankenhäuser sind, ist doch völliger Quatsch - Entschuldigung. 

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ulrich Siegmund, AfD: Na ja, na ja, das war nicht so toll!)