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Plenarsitzung

Transkript

Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! In den letzten Jahren ist immer wieder die politische Forderung erhoben worden, die Kinder- und Jugendarbeit insbesondere im ländlichen Raum nachhaltig zu unterstützen. Vor allem der Wunsch, die Verteilung der Landesmittel zwischen den kreisfreien Städten und den Landkreisen bedarfsgerechter zu gestalten und die Arbeit der Fachkräfte entsprechend zu honorieren, wurde immer, mittlerweile auch fraktionsübergreifend, laut. Das geht ebenso aus dem Bericht zur Evaluierung des § 31 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes unseres Landes hervor.

Ein Ergebnis dieser Untersuchung war, dass eine gerechtere Verteilung der Mittel unabdingbar ist, wenn den besonderen Bedingungen des ländlichen Raumes Rechnung getragen werden soll. Es wurde deshalb empfohlen, die Verteilung der Mittel nicht nur, wie bislang, von der Zahl der jungen Menschen abhängig zu machen, sondern auch von weiteren Faktoren. Ganz explizit wird in dem Bericht die Einführung eines Flächenfaktors genannt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Diese wegweisende Empfehlung soll nicht in einer Schublade verschwinden, sondern konkret umgesetzt werden. Daher plant mein Haus, § 31 KJHG LSA entsprechend anzupassen bzw. zu ändern.

(Zustimmung von Konstantin Pott, FDP, und von Katrin Gensecke, SPD)

Bislang ist die Berechnungsgrundlage für die Förderung nach § 31 ausschließlich die Anzahl der Kinder und Jugendlichen. Künftig soll nunmehr auch der geforderte bzw. empfohlene Flächenfaktor gemäß der Erhebung des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt in die Berechnung aufgenommen werden. Ziel ist es, damit die Jugendarbeit im ländlichen Raum nachhaltig abzusichern.

Insbesondere in den ländlich geprägten Gebieten ist ein attraktives Angebot an Jugendarbeit wichtig, um den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen auch in strukturschwächeren Gegenden gerecht zu werden. Durch die Arbeit vor Ort werden junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten unterstützt. Die Arbeit trägt dazu bei, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen und die Chancengleichheit zu fördern. Hier stehen die Kinder und Jugendlichen im Mittelpunkt.

Lassen Sie mich an dieser Stelle ein Beispiel für gelungene Jugendarbeit in der Fläche nennen. Im Landkreis Stendal wurde das Konzept der mobilen Jugendarbeit aufgebaut. Mit Kreis- und Landesmitteln sowie einem Eigenanteil, den einzubringen alle acht Verbands- und Einheitsgemeinden des Kreises bereit sind, werden mobile Sozialpädagoginnen finanziert. Diese fahren aufsuchend selbst in kleinste Ortschaften und leisten dort Jugendarbeit. Sie organisieren in mehr als 70 Ortschaften Sport- und Freizeitmaßnahmen, kümmern sich um Probleme und laden die Jugendlichen zu größeren, ortsübergreifenden Aktionen ein, zu denen die jungen Menschen von den Pädagoginnen oft mit dem Auto abgeholt werden.

Mit diesem Konzept werden junge Menschen in Ortschaften erreicht, die aufgrund der dünnen ÖPNV-Struktur keine Gelegenheit haben, Jugendeinrichtungen in zentraleren Orten aufzusuchen. Zudem werden junge Menschen an ihren Jugendplätzen erreicht, z. B. an Bushaltestellen, auf Sportplätzen usw., und es wird eine Klientel eingebunden, die weniger Interesse hat, einen Jugendklub zu besuchen, aber offen für Angebote an anderen Orten ist.

Dieses Projekt zeigt uns, wie gute Jugendarbeit im ländlichen Raum funktionieren kann. Es zeigt aber auch, dass man dafür finanzielle Unterstützung braucht, gerade auch durch das Land. Um solche Projekte langfristig abzusichern, brauchen wir den Flächenfaktor.

Aufgrund der unterschiedlichen Flächengröße in Bezug auf die Bevölkerungsdichte der Landkreise und kreisfreien Städte soll dieser Flächenanteil 10 % der zur Verfügung stehenden Fördermittel entsprechen. Allerdings hat dieser Flächenfaktor   das wissen diejenigen, die sich länger damit befasst haben, schon   einen entscheidenden Nachteil: Er führt zu einer Benachteiligung der kreisfreien Städte. Deshalb wurde zunächst darauf verzichtet, ihn einzuführen. Dieser Sachverhalt trifft auch jetzt noch zu. Wir wollen das damit ausgleichen. Um das abzufangen, soll es für diese Städte einen finanziellen Ausgleich geben, den wir dann auch mit betrachten und mit berechnen.

(Zustimmung von Konstantin Pott, FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die für all diese Änderungen notwendigen finanziellen Ressourcen sind bereits in den Haushaltsplanentwurf meines Hauses für das Jahr 2023 eingeflossen und sie sind auch noch nicht durch den Kabinettsbeschluss herausgestrichen worden. Sie stehen für das Jahr 2023 also noch immer zur Verfügung. Ich freue mich, dass wir damit ein Bekenntnis des Landtages für die Stärkung der Kinder- und Jugendarbeit auch im ländlich geprägten Sachsen-Anhalt abgeben. Ich weiß darum   ich bin deswegen auch froh über den Antrag der Regierungsfraktionen  , dass ich Sie an meiner Seite habe, wenn wir in die Haushaltsberatungen für das Jahr 2023 gehen, und dass wir dann den Flächenfaktor einführen können. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und von Konstantin Pott, FDP)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Frau Ministerin, es gibt eine Frage von Frau Anger. - Bitte sehr.


Nicole Anger (DIE LINKE):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, ich würde gern kurz nachfragen wollen. Im letzten Sommer, im Juni, wurde das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz verabschiedet, aber bis heute haben wir kein Ausführungsgesetz des Landes dazu verfasst. Das ist jetzt fast anderthalb Jahre her. Darin hätten wir all das regeln können. Warum ist das noch nicht erfolgt?


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Weil man auch immer die finanziellen Ressourcen haben muss. Wir mussten uns im Grunde genommen auch in der Koalitionsvereinbarung darauf verständigen, das dann tatsächlich zu tun.