Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Transkript

Juliane Kleemann (SPD):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Am Anfang zur Klarstellung: Diejenigen, die das Land hier am Laufen halten, wie Krankenschwestern, Umweltschützer

(Ein Spatz fliegt durch den Plenarsaal)

oder dieser Vogel hier,

(Lachen)

Bahnmitarbeiter, die Arbeiter in unseren Fabriken sind nicht diejenigen, die Vermögensteuer zahlen.

(Zustimmung bei der SPD)

Wenn wir von denjenigen, die vermögensteuerpflichtig wären   manche von ihnen bieten das sogar an und sagen, dass sie gern mehr Geld für die Solidargemeinschaft geben würden  , etwas mehr in die Kasse kriegten, dann könnten wir die Entlastungspakete sicherlich noch anders und solidarischer finanzieren.

Man muss sehr aufpassen, dass man nicht diejenigen, die gar nicht in den Bereich der Vermögensteuer fallen, zu jenen macht, die vermeintlich abgezockt werden.

(Zustimmung bei der SPD)

Jetzt zu dem Antrag. Er endet in der Begründung mit den Worten: „Ein ‚Weiter so‘ verbietet sich im Angesicht der Lage“. Ich weiß gar nicht, wo die einbringende Fraktion in den letzten Monaten unterwegs gewesen ist, aber ein „Weiter so“ gibt es schon länger nicht mehr. Wir haben seit dem 1. Oktober 2022 einen höheren Mindestlohn. Damit verdienen auch in unserem Bundesland Hunderttausende mehr.

(Zustimmung bei der SPD)

Es gibt mehr Kindergeld. Der Kinderbonus ist erhöht worden. Im Juli ist eine Erhöhung des Kinderzuschlags vereinbart worden. Es gibt Heizkostenzuschüsse, Energiegeld für Arbeitnehmerinnen, Studierende, Azubis, Rentnerinnen und viele mehr, einen Tankrabatt, das 9 € Ticket. Frau Eisenreich, wir alle, auch meine Fraktion, hoffen, dass wir eine anständige Nachfolgeregelung bekommen. Das war sicherlich ein guter Anfang.

Ein Strompreisdeckel, der mit den Übergewinnen der Energiekonzerne bezahlt werden soll, ein Bürgergeld zum 1. Januar, die geplante Wohngeldreform - das sind die wichtigsten Maßnahmen. Und natürlich gibt es den Rettungsschirm, der jetzt mit einer Summe von 200 Milliarden € beziffert wird und der seit Montag durch die Vorschläge der Gas- und Stromkommission schon einmal inhaltlich qualifiziert worden ist. Das ist nicht nichts.

(Tobias Rausch, AfD: Ein Witz ist das!)

Und das ist kein „Weiter so“.

Etwas, das als Beispiel ganz besonders wichtig zu erwähnen ist, ist, dass diese Kommission aus Wissenschaftlern, aus Vertretern der Industrie, der Gewerkschaften, stufig daran geht, die komplexe Situation in unserem Wirtschafts- und Lebensmarkt zu behandeln und zu sagen, wie wir eigentlich zu Entlastungspaketen kommen.

Innerhalb von wenigen Monaten   man muss sagen, dass diese Bundesregierung noch nicht einmal ein Jahr in der Verantwortung ist   sind zwei Klimaschutzpakete, das Osterpaket mit Sofortmaßnahmen und das Sommerpaket, auf den Weg gebracht worden.

Es gibt kein „Weiter so“. Wer das formuliert, nimmt nicht wahr, was stattfindet.

Nun kurz zum Antrag. Beim Thema Kernenergie scheint mir, dass manche Kernspielchen suchen und eine Sucht nach Kernspaltung in den Raum stellen.

(Zustimmung bei der SPD, von Olaf Meister, GRÜNE, und von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Aber die entscheidenden Fragen bei dem Thema Kernenergie sind überhaupt noch nicht beantwortet. Woher kommen denn die Brennstäbe, wenn wir die AKW länger, als das jetzt geplant ist, in Betrieb halten?

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Auch aus Russland und wir gehen in eine neue Energieabhängigkeit zu Wladimir Putin? Andere Lieferanten haben schon signalisiert, dass die Lieferzeiten zwischen zwölf und 18 Monaten liegen.

(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)

Die Preise werden garantiert nicht mehr die billigen sein wie in der Vergangenheit.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD:  Das stimmt doch nicht!)

Wir haben in Deutschland noch immer nicht geklärt, wo wir ein Endlager für schwer radioaktiven Atommüll bauen wollen.

(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)

Diese Frage ist nach wie vor ungeklärt. Die Kommission sucht. Das ist ein sehr aufwendiger und teurer Prozess.

(Marco Tullner, CDU: Ja, was machen wir denn da?)

Dann steht in dem Antrag, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzen solle, dass die Erdgasleitung Nord Stream 1 und Nord Stream 2 unverzüglich repariert und in Betrieb genommen werden. Die Lecks sind in einer Tiefe von 50 m. Man muss erst einmal hinunterkommen. Die Beschädigung der Trassen neben den Lecks ist noch gar nicht bilanziert. Die sind in größerer Tiefe auch noch zu vermuten, also in einer Tiefe von 80 bis 100 m.

Das muss man erst einmal technisch hinbekommen, das zu analysieren. Dann muss man sich Gedanken darübermachen, wie das überhaupt repariert werden kann. Wenn diese Leitungen repariert werden können, dann ist das extrem teuer, extrem aufwendig und sicherlich dauert das länger, als der nächste Winter lang ist.

(Lothar Waehler, AfD: Das muss der bezahlen, der das kaputt gemacht hat!)

Zum Thema Aufhebung der Wirtschaftssanktionen. Sanktionen werden dann aufgehoben, wenn der Grund für die Sanktionen nicht mehr besteht. Das heißt: Putin beendet den Krieg und zieht seine Armee komplett aus der Ukraine zurück.

(Zustimmung bei der SPD und von Andreas Silbersack, FDP)

Wir tun eine ganze Menge. Ja, es geht in manchen Teilen vielleicht zu langsam, das alles zu administrieren. Jeder von uns hier im Raum weiß, dass einmal beschlossene Dinge noch lange nicht auf dem Gleis sind und noch lange nicht funktionieren, weil es dazu nachgeordneter, einzelner Abteilungen, der Verwaltung bedarf. Das muss alles administriert werden. Die Dinge sind auf dem Weg. Ich verweise noch einmal auf die drei Entlastungspakete und ich verweise auf den gestern gefassten Beschluss zu TOP 3. Wir lehnen den Antrag auf jeden Fall ab. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Kleemann, es gibt eine Frage von Herrn Büttner aus Staßfurt. Lassen Sie die zu?


Juliane Kleemann (SPD):

Ich versuche es einmal.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Sie versuchen es. - Herr Büttner, bitte.


Matthias Büttner (Staßfurt) (AfD):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Frau Kleemann, in Ihren Ausführungen habe ich eines vermisst und zwar die Beantwortung der Frage, wann Sie von einer Normalisierung der Energiepreise ausgehen. Denn das, was Sie ausgeführt haben, die Pakete mit 200 Milliarden € hier, 65 Milliarden € da, sind alle wunderbar. Aber das ist doch immer nur temporär.

Wie lange soll denn das jetzt noch so weitergehen? Das würde mich einmal interessieren. Was wird es uns am Ende kosten? Das würde mich einmal interessieren. Wann werden wir nach Ihrer Ansicht eine Normalisierung der Energiepreise sehen, d. h., dass der Staat nicht mehr eingreifen muss und Hunderte von Milliarden ausgeben muss, die er eigentlich gar nicht hat?


Juliane Kleemann (SPD):

Die Preise werden sich sicherlich nie wieder auf dem Niveau wie vor der extremen Energiekrise bewegen,

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Aha!)

jedenfalls dann nicht, wenn wir weiter zu viele fossile Energieträger haben. Wir müssen beim Ausbau der erneuerbaren Energien schneller werden. Sie können sich in den Tabellen anschauen, was eine Kilowattstunde Solarstrom konkret kostet. Das sind die niedrigsten Preise, die wir überhaupt haben können.

Wenn wir es schaffen, auf alle Dachflächen, die zur Verfügung stehen, anständige Solarpanele draufzukriegen, und wenn wir es schaffen, mit dem Speicherprogramm soweit voranzukommen, dass anständige Kapazitäten zur Verfügung stehen, dann haben wir zumindest schon einmal den gesamten Bereich der Wohnwärme mit erneuerbaren Energien abgedeckt. Dann sind wir in einer Situation, in der die Preise signifikant sinken werden.

Es geht also darum, dass wir einen anständigen Energiemix hinbekommen. Dabei werden sicherlich Gas, Biomethanol, Wind, Solar und wahrscheinlich in Teilen auch noch Atomstrom eine Rolle spielen. Wenn wir aber nicht den gesamten Mix in den Blick nehmen, werden wir die Preise nicht signifikant nach unten bekommen.

Die Preise werden zum Jahresende sinken; davon ist auszugehen. Aber wir werden nicht mehr diese extrem subventionierten Preise von 6 Cent pro Kilowattstunde haben. Jedem muss klar sein, dass diese Situation vorbei ist. Aber die Preise werden sinken.

Wann wir als Land, als Staat mit der Unterstützung aufhören werden, müssen wir gut administrieren und begleiten. Das kann Ihnen im Moment niemand sagen, weil wir nicht wissen, wie schnell wir mit all den Entlastungspaketen, die wir geschnürt haben und die nun umzusetzen sind, um die Kurve kommen.