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Plenarsitzung

Präsidenten stolz auf junge Generation

Nach zwei ereignisreichen Tagen für 100 Jugendliche aus Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sowie Landtagsabgeordnete beider Bundesländer ziehen die beiden Landtagspräsidenten Bernd Busemann (Niedersachen) und Detlef Gürth (Sachsen-Anhalt) ein sehr positives Fazit zum Jugendforum. Im Interview sprachen beide über das Zusammenwachsen zwischen Ost und West, warum Ihnen das Jugendforum eine Herzensangelegenheit ist und wie sie auf die Zukunft blicken.

Redaktion: Wie würden Sie das Zusammenwachsen zwischen Ost und West, zwischen Sachsen-Anhalt und Niedersachsen einschätzen?

Detlef Gürth: Ich glaube, dass der ganze Prozess gut gelaufen ist, wenn man überlegt, welch große Aufgaben und Umbrüche es für so viele Betroffene gab – im Osten war ja jede Familie unmittelbar betroffen. Wenn man das alles berücksichtigt, kann man stolz sein, was wir geschafft haben, auch mit der Unterstützung von Freunden in Niedersachsen und anderen Bundesländern. Jetzt würde ich mich freuen, wenn es gelänge, nach den 25 Jahren sich dessen bewusst zu werden, dass man gemeinsam den Aufbau und die Transformation geschafft hat. Die Umwelt ist sauber, die Städte sehen schön aus, wir gehen mittlerweile die Lösung ähnlicher Probleme an.

Bernd Busemann: Ich würde auch sagen, das Projekt ist gelungen. Was die Bundesländer betrifft, ist eine ganz normale und gute Nachbarschaft gewachsen, im Großen wie im Kleinen, im Privaten wie im Politischen. Was sich in den letzten 25 Jahren in Sachsen-Anhalt getan hat, da muss ich wirklich sagen: Alle Achtung, das ist berauschend, toll, was sich entwickelt hat. Nicht, das alles frei von Problemen ist, aber was sich in 25 Jahren in allen gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bereichen getan hat, ist zu bewundern. Mir muss erst einmal jemand weltweit ein Beispiel zeigen, wo ein Aufbau so gelungen ist, wie es hier der Fall gewesen ist.

Die Landtagspräsidenten Detlef Gürth (l.) und Bernd Busemann vor dem Magdeburger Dom. Foto: Stefanie Böhme

 

Warum ist Ihnen das Jugendforum so wichtig?

Gürth: Uns war es wichtig, 25 Jahre danach bewusst zu machen, dass in dieser Zeit Tausende Kinder geboren sind und das ist ja die Generation, die jetzt nach uns gestalten wird. Wir sind ja die Betroffenen, die Erlebnisgeneration. Die neue Generation wächst ohne Mauer, ohne Teilung und (im Osten) ohne Stasi und ohne Diktatur auf, mit Dingen, die für sie selbstverständlich sind, für die ihre Eltern aber noch auf die Straße gegangen sind. Die Frage ist, wie betrachten diese Jugendlichen die Geschichte rückblickend und welche Schlussfolgerungen ziehen sie heute. Und das fand ich so spannend und darum bin ich richtig glücklich, dass dieses Jugendforum zustande gekommen ist.

Am Sonntag (19. Oktober) gab es bereits ein Zeitzeugengespräch, am Montag haben die Jugendlichen in unterschiedlichen Foren mit Politikern über aktuelle Herausforderungen in Deutschland diskutiert. Würden Sie sagen, das Konzept ist aufgegangen?

Gürth: Ich würde definitiv sagen, ja! Es war auch sehr spannend zu sehen, welche Fragen die Jugendlichen hatten, welche Gedankengänge entstehen und wie die Meinungen zu den Themen wie Migration oder Transparenz und Meinungsbildung sind. Ich fand’s spannend zu sehen, dass – anders als vielleicht noch zu Beginn der 1990er Jahre – die Argumentationsstränge sehr ähnlich sind, egal ob man aus Wernigerode oder aus Celle kommt. Man sieht, junge Menschen im gleichen Alter ticken offenbar gleich, da ist die Grenze im Kopf schon weg.

Jetzt waren es ja sehr engagierte Jugendliche, die am Jugendforum teilgenommen haben. Gleichzeitig nimmt die Wahlbeteiligung bei Landtagswahlen immer mehr ab. Wie kann man da vonseiten der Politik entgegenwirken, um noch mehr Menschen für Politik zu begeistern?

Busemann: Ich will das mal in dieses Jugendforum einbinden. Das Forum ist deswegen wichtig, weil wir nach 25 Jahren gelungener Demokratie sagen, jetzt ist die nächste Generation dran. Und denen müssen wir erstens erklären, wie es früher hier war, was die Menschen sich erkämpft haben, wie es funktioniert. Die nächste Generation muss aber auch begreifen, dass sie die Demokratie weiterentwickeln, dass sie Demokratie annehmen muss.

Bei allen Bemühungen, politische Entscheidungsabläufe interessanter zu machen, müssen wir den jungen Menschen klarmachen, dass die Demokratie ein ganz großes Kapital ist, das sie nicht aus Leichtfertigkeit einfach so laufen lassen dürfen – zum Beispiel aus der Einstellung heraus „wir sind politikverdrossen oder Politiker taugen alle nichts oder sonntags ist zwar Wahl, aber da ist gerade Fußball im Fernsehen“. Demokratie lebt davon, dass jeder mitmacht, denn wenn alle sagen, ich habe keinen Bock oder habe etwas Schöneres vor, dann ist die Demokratie am Ende und dann haben wir das Problem, dass was wir vor 25 Jahren erfolgreich bekämpft haben, vielleicht wieder um die Ecke kommt.

Wenn Sie sich die Jugendlichen anschauen, die am Jugendforum teilgenommen haben, ist Ihnen dann bange um die Zukunft oder sind Sie zuversichtlich, was die Zukunft der beiden Bundesländer anbelangt?

Busemann: Mir ist überhaupt nicht bange, wenn ich diese Jugendlichen hier betrachte, die uns bereichert haben, oder auch sonst, wenn ich in der Stadt unterwegs bin oder in die Betriebe und Vereine schaue. Sicherlich verändert sich vieles und manches möchte man vielleicht anders sehen. Die junge Generation, das sind tolle junge Leute. Man kann stolz auf sie sein, und ich hab gutes Vertrauen, dass sie das auch in Zukunft toll richten werden. Allerdings müssen die Rahmenbedingungen stimmen und sie müssen immer wissen, dass Demokratie eine Summe von Rechten ist, zum Beispiel auch das Wahlrecht, und das muss auch wahrgenommen werden.

Gürth: Es gibt von Seneca bis in die Antike so viele Zitate, über die so schreckliche Jugend, dass sie zu nichts tauge und die Zukunft deswegen düster sei. Das ist ja nun mehr als 2000 Jahre her und da hat sich am einen oder anderen Stammtisch wahrscheinlich nichts geändert. Tatsächlich ist es aber so, wie es vielleicht damals schon war: Die jungen Leute können unglaublich viel, sie haben so viel Potenzial. Da steht auch die Frage, ob wir – die Schule, die Eltern, das Umfeld – ihnen einfach was zutrauen. Ich bin da guter Dinge, ich glaube schon, dass wir eine gute Zeit vor uns haben und dass die nächste Generation das auch packt, wir müssen sie nur lassen.