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Plenarsitzung

Mehr Gerechtigkeit bei der Mittelverteilung

Um die Jugendarbeit auch im ländlichen Raum zu stärken, hatten sich die Koalitionsparteien im Koalitionsvertrag auf die Einführung eines Flächenfaktors zur Verteilung der Mittel für die Jugendarbeit in ländlichen Regionen geeinigt. Laut Antrag der Fraktionen von CDU, SPD und FDP werde die Einführung des Flächenfaktors für sinnvoll erachtet, um die Mittelverteilung bedarfsgerecht zwischen den kreisfreien Städten und den Landkreisen zu gestalten und damit den besonderen Bedingungen des ländlichen Raums stärker Rechnung zu tragen. Dabei sei die prozentuale Verteilung nach der jeweiligen Fläche der kreisfreien Städte und Landkreise denkbar. Die Fraktion DIE LINKE brachte einen Alternativantrag ein.

Gruppenbild von fröhlichen Jugendlichen, die mit dem Finger in die Kameralinse zeigen.

„Es geht um uns!“ – Jugendarbeit soll nach Ansinnen der Koalition im ländlichen Raum durch einen Flächenfaktor gestärkt werden.

Gerechtere Verteilung der Mittel

Schon seit Ende der 1990er Jahren bestehe eine komplizierte finanzielle Situation in der Jugendarbeit im Land, es habe sich eine breite Schere zwischen Aufgaben und Finanzierung aufgetan, so Konstantin Pott (FDP). Der Flächenfaktor soll als ein Ausgleichsmechanismus im Gefälle zwischen urbanen und ländlichen Kommunen wirken. Es gehe um eine gerechtere Verteilung der Mittel, also um mehr Möglichkeiten für die Jugendarbeit im ländlichen Raum.

Wenn man über ein zukunftsfähiges Sachsen-Anhalt spreche, müssten die Jugend und die Jugendarbeit unbedingt mitgedacht werden, sagte der FDP-Abgeordnete. Clubs und Vereine seien Begegnungstreffs, um mit Gleichaltrigen zusammenzukommen. Diese Orte böten den jungen Menschen Möglichkeiten zur Selbstpositionierung und Selbstverwirklichung. Sie böten zudem ein präventives und partizipatives Netz.

Mittel schon in Haushaltsberechnung integriert

Die Kinder- und Jugendarbeit – vor allem im ländlichen Raum – solle nachhaltig unterstützt werden, diese Forderung sei in den vergangenen Jahren immer wieder laut geworden, erinnerte Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD). Sie kündigte an, den empfohlenen Flächenfaktor in die Berechnung der Finanzmittel für die Jugendarbeit aufzunehmen – statt wie bisher nur die Zahl der betreuten Jugendlichen als Berechnungsgrundlage zu nutzen. Im Haushaltsentwurf ihres Hauses für das Jahr 2023 seien diese Mittel schon berücksichtigt. Sie gehe davon aus, die Jugendarbeit im ländlichen Raum so nachhaltig absichern zu können – passende Projekte gebe es bereits. Der Flächenfaktor werde zehn Prozent der zur Verfügung stehenden Fördermittel ausmachen. Einen finanziellen Ausgleich soll es für die kreisfreien Städte geben.

Flächendeckende Finanzierung

Es sei lange bekannt, dass die Jugendarbeit eine notwendige und auskömmliche Finanzierung bedürfe. Nur selten würden für Jugendprojekte zusätzliche Finanzmittel zur Verfügung gestellt, kritisierte Felix Zietmann (AfD). Dabei seien viele Familien auf die Hilfe der Jugendarbeit angewiesen. Eine flächendeckende Sicherstellung der Finanzierung müsse gewährleistet werden, gleichzeitig sei die Finanzierung durch das Land aber rückläufig. Es bedürfe der bedarfsgerechten Stärkung der kommunalen Jugendarbeit, guter Arbeitsbedingungen und guter Angebote für die Jugendlichen.

Bestehende Nachteile ausgleichen

Da gut achtzig Prozent der Menschen in Sachsen-Anhalt auf dem Land lebten, sei es dringend notwendig, die Lebensbedingungen in den urbanen Ballungsgebieten und dem ländlichen Raum anzugleichen, meinte Tim Teßmann (CDU). Die Landkreise hätten aufgrund ihrer unterschiedlichen Fläche auch verschiedene Herausforderungen bzw. Möglichkeiten der Jugendarbeit. Durch die Einführung des Flächenfaktors würden die Landkreise Stendal, Börde und Altmark profitieren. Dabei würden allerdings keine Landkreise bevorteilt, tatsächlich würden nur bestehende Nachteile ausgeglichen, so Teßmann.

Alternativantrag mit Flächenfaktor-Modell

„Wir brauchen diesen Flächenfaktor“, schade sei nur, dass es neun Jahre für diese Einsicht brauchte, sagte Nicole Anger (DIE LINKE). Rechne man all die Kürzungen in der Jugendarbeit der letzten Jahre zusammen, komme man auf gut 8,5 Millionen fehlende Euro. In den Landkreisen würden seit Jahren die Strukturen wegbrechen, im Landkreis Jerichower Land beispielsweise hätte sich die Zahl der Jugendeinrichtungen halbiert. Anger forderte deutliche Investitionen in die Einrichtungen und die flächendeckende Zahlung von Tariflöhnen für die Fachkräfte. In ihrem Alternativantrag hätten die Linken ein konkretes, solidarisches Modell für einen Flächenfaktor erarbeitet, „die Kommunen werden es Ihnen danken“, betonte Anger.

Teilnahmechancen für junge Menschen

„Was heißt es, in Sachsen-Anhalt jung zu sein, wie können und sollen junge Menschen beteiligt werden?“, fragte Katrin Gensecke (SPD). Die Lebenssituation der Jugendlichen im ländlichen Raum unterscheide sich von dem der Altersgenossen in der Stadt. Es gebe auf dem Land nicht nur weniger junge Leute, darauf folgend seien auch die konventionellen und unkonventionellen Angebote (wie Kino, Fitnessstudio, Bibliothek etc.) dünner gestreut. Auch beim Thema Mobilität seien die Jugendlichen auf dem Land hinten dran und seien viel stärker beispielsweise auf die Eltern oder Rufbusse angewiesen. Kinder- und Jugendarbeit sei kein Nice-to-have, betonte Gensecke. Vielmehr würde sie Teilnahmechancen für junge Menschen eröffnen, sich selbst einzubringen und das Lebensumfeld mitzugestalten. Dies würde im besten Fall dazu führen, dass sich junge Menschen vor Ort [ehrenamtlich] engagierten.

„Rennen offene Türen ein“

„Wir unterstützen den Antrag der Koalitionsfraktionen“, erklärte Susan Sziborra-Seidlitz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), man renne damit bei den Grünen offene Türen ein, denn auch sie forderten schon lange einen Flächenfaktor, um die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in der Stadt und auf dem Land herzustellen.

Ergebnis und Dokumente

Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag der Koalition angenommen. Eine Abstimmung über den Alternativantrag der Linken erübrigte sich dadurch.