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Plenarsitzung

Mit harten Bandagen – der Wahlkampf

Wörter-Wolke mit vielen Begriffen zum Thema Wahlkampf

In die heiße Phase geht ein Wahlkampf etwa sechs bis vier Wochen vor dem eigentlichen Wahltermin.

Der ehemalige Bundesaußenminister Guido Westerwelle (1961–2016)  hat einmal gesagt: „Der Wahlkampf beginnt mit dem Statement nach der Hochrechnung.“ Ganz so weit würden die meisten anderen Politiker und Medienwissenschaftler wahrscheinlich nicht gehen, dennoch sind viele davon überzeugt, dass gleich nach jeder Wahl ein neuer Wahlkampf beginnt. 

In die heiße Phase geht ein Wahlkampf etwa sechs bis vier Wochen vor dem eigentlichen Wahltermin – spätestens im April dürften demnach die Kandidatinnen und Kandidaten für die Landtagswahl 2021 auf ganzer Linie in den Wahlkampfmodus umschalten. Dann erst wird der Wahlkampf auch für die meisten Bürgerinnen und Bürger so richtig sichtbar: Durch Beiträge in den Medien, durch Flyer der Kandidatinnen und Kandidaten, (digitale) Diskussionsrunden der Spitzenkandidaten und natürlich durch einen bunten Mix aus Wahlplakaten an Straßen und Litfaßsäulen. 

Gesetzliche Regelungen rund um den Wahlkampf

  • Wer entscheidet, wo Wahlplakate hängen?

    Das Aufstellen und/oder Anbringen von Wahlwerbung (Plakate, Anschlagsäulen, Schilder, Tafeln oder Ähnliches) entlang der Straße ist eine Sondernutzung gemäß §§ 8 und 9 Bundesfernstraßengesetz und §§ 18 und 19 Straßengesetz für das Land Sachsen-Anhalt. Diese Sondernutzung bedarf der Erlaubnis der Straßenbaubehörde und in Ortsdurchfahrten grundsätzlich der Erlaubnis der Gemeinde.
    Eine solche Erlaubnis kann durch die Gemeinde entweder durch Satzung (vgl. § 8 Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt) oder durch Verwaltungsakt, insbesondere eine Sondernutzungserlaubnis, erteilt werden. 

  • Kann sich eine Gemeinde weigern, Plakate aufzuhängen?

    Die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis (und eventueller Nebenbestimmungen) liegt zwar grundsätzlich im Ermessen der Gemeinde, jedoch besteht wegen der Bedeutung der Wahlwerbung ein Anspruch einer Partei auf Erteilung einer Erlaubnis zum Aufstellen und/oder Aufhängen von Wahlplakaten. Denn politische Werbung und insbesondere Wahlpropaganda gehören zu den wesensnotwendigen Erscheinungsformen der freiheitlichen Demokratie. Eine wirksame Wahlpropaganda ist den Parteien durch die Gemeinde/Erlaubnisbehörde daher zu ermöglichen; insoweit liegt eine Ermessensreduzierung für den Erlaubnisgeber vor.

  • Wie viele Plakate sind erlaubt?

    Der Umfang der zu ermöglichenden Wahlwerbung soll sich an dem vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit ausrichten (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.1974, AZ: VII C 43.72).
    Die Erlaubnisbehörde ist nach der Rechtsprechung berechtigt, die Zahl der Werbeplakate im Stadtgebiet zu beschränken und insbesondere ein „wildes Plakatieren“ zu verhindern. In welcher Weise und in welchem Umfang dies geschieht, obliegt grundsätzlich der Entscheidung der Behörde. Im Ergebnis muss sie jedoch eine angemessene Wahlwerbemöglichkeit sicherstellen.

  • Bekommen alle Parteien eine gleichgroße Werbefläche?

    Die Verteilung der Werbeflächen richtet sich nach der Größe der Partei und insbesondere dem Abschneiden bei der letzten Wahl. Allerdings muss auch der kleinsten Partei eine wirksame Werbemöglichkeit geboten werden. Jeder Partei muss mindestens fünf Prozent der gesamten Werbefläche zur Verfügung stehen und die größte Partei darf nicht mehr als das Vier- bis Fünffache an Werbeflächen erhalten.

  • Wie groß dürfen Wahlplakate sein?

    Mangels gesetzlicher Vorgaben zur Größe von Wahlplakaten entscheiden die Behörden jeweils im Einzelfall, insbesondere unter Berücksichtigung der Gewährleistung der Verkehrssicherheit, der Wahrung des Ortsbildes, der Vermeidung von Verschmutzungen des Straßenraums und der Gewährleistung von Chancengleichheit, ob bestimmte Formate von Plakattafeln im öffentlichen Raum des Gemeindegebietes für Wahlkampfzwecke zugelassen werden.

  • Dürfen Wahlplakate einfach überklebt werden?

    Natürlich entscheidet stets ein Gericht im Einzelfall, ob jemand eine strafbare Handlung begangen hat oder nicht. Laut einer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann beim Überkleben von Wahlplakaten allerdings tatbestandlich eine Sachbeschädigung (§ 303 Strafgesetzbuch – StGB) in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 19.08.1982, AZ: 4 StR 387/82) gezogen werden.

  • Ist Lautsprecherwerbung erlaubt?

    Sechs Wochen vor der Wahl – nicht aber am Wahltag selbst – sind Lautsprecher abweichend von § 33 Abs. 1 Nr. 1 Straßenverkehrsordnung zum Zwecke der Wahlwerbung erlaubt. Die Lautsprecherwerbung darf jedoch nicht zur Gefährdung des Straßenverkehrs führen, ist unzulässig in der Zeit von 21 bis 7 Uhr und in Wohngebieten auch während der Zeit von 13 bis 15 Uhr. Ferner muss sie in der Nähe von Krankenhäusern, Pflegeheimen, Schulen usw. unterbleiben.

  • Ist eine Beeinflussung vor dem Wahllokal erlaubt?

    Nach § 30 Abs. 1 Landeswahlgesetzes Sachsen-Anhalt sind im und am Gebäude, in dem sich der Wahlraum befindet, sowie unmittelbar vor dem Zugang zu dem Gebäude jede Beeinflussung der Wähler durch Wort, Ton, Schrift oder Bild sowie jede Unterschriftensammlung verboten. Unzulässig sind: Jede Art der Agitation oder Diskussion, die Verteilung von Flugblättern, das Anbringen von Wahlplakaten und das sichtbare Mitführen von Werbematerial.

Grundsätzlich sei in Deutschland im letzten Vierteljahrhundert eine „Amerikanisierung des Wahlkampfes“ zu beobachten, erklärt Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte, („Wahlen in Deutschland, Zeitbilder“, Bundeszentrale für politische Bildung). Damit verbindet er vor allem drei Schlagworte: Personalisierung, Medialisierung und Professionalisierung. Demnach treten Sachthemen häufig in den Hintergrund, stattdessen werden Wahlkämpfe immer mehr auf die Spitzenkandidatin oder den Spitzenkandidaten einer Partei ausgerichtet.

Wahlkampf in den Medien

Außerdem erleben die wenigsten Bürgerinnen und Bürger Wahlkampf noch direkt auf der Straße oder bei Wahlkampfversammlungen, sondern vielmehr indirekt über die Medien – im Fernsehen, in der Zeitung, im Radio oder im Internet. Darüber hinaus ist Wahlkampf auch in Deutschland nicht mehr nur Sache einer Partei, sondern die meisten Kandidaten holen sich professionelle spezialisierte Berater ins Boot. Nach Ansicht von Korte lassen Ergebnisse aus der Wahlforschung den Schluss zu, dass vor allem die werbewirksame Vermarktung der Spitzenkandidaten von entscheidender Bedeutung für den Erfolg einer Wahlkampagne sei. „Sie [die Spitzenkandidaten] müssen Glaubwürdigkeit, Sachkompetenz und Vertrauen ausstrahlen.“

Die öffentlich-rechtlichen Medien sind gesetzlich verpflichtet, den Parteien im Wahlkampf Sendezeit zur Verfügung zu stellen, in der sie mit Hilfe eigener Werbespots für sich werben können. Dabei haben die Fernsehanstalten keinen Einfluss auf den Inhalt der Spots, sodass auch extremistische Parteien mit ihren Aussagen werben können. Allerdings sind solche Spots nur in den letzten Wochen vor der Wahl erlaubt, ihre Wirkung ist in der Wissenschaft umstritten.

Wahlkampf als staatspolitische Aufgabe

Die Professionalisierung des Wahlkampfes hat auch die Kosten in die Höhe geschraubt. Bei sinkenden Mitgliedsbeiträgen sind die Parteien daher immer auf der Suche nach neuen Einnahmequellen, wie beispielsweise privaten Spenden und Sponsoren. Daneben erhalten Parteien öffentliche Gelder für Wahlkampfzwecke, da der Wahlkampf vom Bundesverfassungsgericht als staatspolitische Aufgabe anerkannt wurde. Vielfach müssen die Kandidaten für eine Landtagswahl die Kosten jedoch selbst übernehmen und diese können leicht mehrere Tausend Euro betragen.