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Plenarsitzung

Wie viel Wolf verträgt Sachsen-Anhalt?

Auf Initiative von Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch hat der Landtag am Donnerstag, 3. Mai 2018, seine im vergangenen Jahr ins Leben gerufene Dialogreihe wiedergestartet und bot in der Stadthalle Zerbst ein Forum rund um das Thema „Sachsen-Anhalt und seine Wölfe“. Am Diskustiertisch saßen neben der Landtagspräsidentin jeweils eine Abgeordnete bzw. ein Abgeordneter aus den Fraktionen. 

Dem Gespräch zum Wolf stellten sich in Zerbst Kerstin Eisenreich (DIE LINKE), Dietmar Krause (CDU), Hannes Loth (AfD), Jürgen Barth (SPD) und Wolfgang Aldag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Durch die Veranstaltung führte Dr. Tino Grosche.

Geredet wurde aber nicht nur untereinander, denn Ziel der Dialogreihe ist es vordergründig, dass Bürgerinnen und Bürger mit den Politikern zu aktuellen Themen ins Gespräch kommen. Es gehe darum, die Politik zu den Menschen zu bringen, statt diese zu bewegen, zum Landtag nach Magdeburg zu kommen, um ihre Anliegen vorzutragen, betonte Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch. Deswegen waren nach der Vorstellungsrunde auch sogleich die Bürgerinnen und Bürger eingeladen, am Diskutiertisch Platz zu nehmen und ihr Anliegen vorzubringen. Von dieser Möglichkeiten machten die Gäste den Abend über reichlich Gebrauch.

Wichtige Stichworte des Abends waren – wie nicht anders erwartet – das Wolfskompetenzzentrum in Iden, Schutzmaßnahmen für und gegen das Tier, Ersatzmaßnahmen bei Nutztierrissen (Schafe) und das Verhalten des Wolfs gegenüber dem Menschen.

Meinungen der Abgeordneten 

Es sei beim Umgang mit dem Wolf noch viel Luft nach oben, sagte Hannes Loth eingangs, in den letzten 15 Jahren sei zu wenig zur Regulierung der Vorkommen passiert. „Nun ist der Wolf da und man muss sich um alle Folgeschäden sofort kümmern“, betonte Loth.

„Wir versuchen, zu Lösungen zu finden, wenn es um Ersatzansprüche wegen Tierrissen geht – das geht noch nicht schnell genug“, räumte Wolfgang Aldag ein. Bei der Finanzierung von Schutzzäumen und Herdenschutzhunden müsse nachgesteuert werden.

Mit den Betroffenen vor Ort sei man seit langer Zeit im Gespräch, erklärte Dietmar Krause, selbst ein ausgesprochener Gegner des Wildtiers. „Der Wolf soll ein bisschen Angst vor dem Menschen bekommen, damit er nicht in Gebiete vordringt, wo er nichts zu suchen hat. Denn natürliche Feinde hat er nicht.“ Der Wolf müsse ins Jagdgesetz, um die Zahl der Tiere nicht noch weiter anwachsen zu lassen.

Der Wolf gelte laut FFH-Richtlinie als geschütztes Tier, daran müssten sich auch die Jäger halten, sagte Jürgen Barth. In Sachsen-Anhalt komme zudem die Leitlinie Wolf zum Tragen. Problemwölfe könnten aber schon jetzt „entnommen“ werden, wenn er mehrfach negativ auffalle.

„Es ist gut, das die gesammelten Erfahrungen hier weitergegeben werden, wir müssen länderübergreifend noch viel aktiver werden“, erkannte Kerstin Eisenreich. Die Arbeit der Schäfer müsse wieder besser honoriert werden, denn das Problem sei nicht der Wolf an sich, sondern die Handhabung von Ersatzzahlungen und das relativ geringe finanzielle Auskommen der Schäfer.

Statements aus dem Publikum

Zahlreiche Gäste meldeten sich in der Diskussionsrunde zu Wort – seien es Schaf- oder Rinderhalter, Jäger, Waldbesitzer oder schlichtweg Bewohner des ländlichen Raums, wo der Wolf sich mehr oder weniger beheimatet.

  • Die Siedlungsstruktur, Verkehrs- und Bewohnerdichte böten nicht die optimalen Bedingungen für den Lebensraum des Wolfs in Sachsen-Anhalt, meinte ein Jäger. Die Kosten, die durch die „Betreuung“ des Tieres entstünden, seien im Vergleich zum Nutzen viel zu hoch.
  • Alle diejenigen finden den Wolf schön, die gar nichts mit ihm zu tun haben, die Betroffenen (Jäger, Waldbesitzer, Herdenbesitzer) lebten im ländlichen Raum und hätten die Konsequenzen für die Wiederansiedlung des Wolfs zu tragen.
  • Der Bauernverband habe sich vor langer Zeit schon gegen die Wiederansiedlung des Wolfs ausgesprochen, er lebe ja im Tierpark – das reiche eigentlich. Man wolle Schaf- und Rinderhalter haben, wenn aber die Verluste zu hoch seien, würden die Besitzer enorm zusätzlich belastet. Den Wolf nur zu vergrämen, reiche nicht aus, er müsse in Deutschland und Europa reguliert werden.
  • Eine Anwohnerin aus dem Raum Zerbst erwies sich als Verteidigerin des Wolfs: Sie sei froh, dass er hier sei – denn uns gehöre die Erde nicht. „Wir sollten auch mal darüber reden, welch großer Schaden an der Natur durch den Menschen angerichtet wird im Gegensatz zum Wolf.“ Die Ausgleichszahlungen sollten selbstverständlich von der gesamten Gesellschaft getragen werden.
  • Im Großen und Ganzen müsse das Gefahrenpotenzial der Wölfe gesenkt werden. Zwischenzeitlich habe sich der Wolf einen untypischen Lebensraum nah am Menschen gesucht. Es müssten Lösungen gefunden werden, wie die Population auf einer bestimmten Höhe gehalten werden könne, ohne ihn wieder auszurotten.
  • Die Konzentration auf den Umgang mit Wolf und Biber dürfe nicht länger den Schutz anderer Tierarten (zum Beispiel Vögel) mindern, hier gebe es Nachholbedarf.

Resümee des Abends

Den Austausch von Ansichten, Argumenten und harten Fakten bezeichneten alle Anwesenden als gelungen. Die Abgeordneten aus den fünf Fraktionen des Landtags machten nicht nur Vor-Ort-Termine aus oder tauschten die Kontaktdaten, sie versprachen zudem, die Thematik in den Fachausschüssen des Landtags wieder – wie übrigens zahlreich schon in den vergangenen Monaten – auf die Tagesordnungen zu setzen.

Die Veranstaltungsreihe „Landtag im Dialog“ wird am Donnerstag, 7. Juni 2018, im Rathaussaal in Halberstadt fortgesetzt. Los geht’s wiederum um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei. Das Thema lautet dann: „Schule – Kluge Köpfe braucht das Land“.