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Plenarsitzung

Was sagen Schäfer, Jäger und Bauern?

Nach Schätzungen des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energie gibt es derzeit etwa 105 000 Schafe in Sachsen-Anhalt. 85 von ihnen sind im vergangenen Jahr einem der etwa 80 Wölfe im Land zum Opfer gefallen. Die Berufs- und Hobbyschäfer im Land befürchten auch in diesem Jahr weitere Übergriffe durch den Wolf und fordern daher bessere Schutzmaßnahmen und höhere Entschädigungen. Beim jährlichen Schäferstammtisch des Landesbauernverbands haben sich die Schäfer am Mittwoch, 1. Februar 2017, in Niederdodeleben mal richtig Luft gemacht.

Schäfer fordern Aufnahme ins Jagdrecht

Der Vorsitzende des Fachausschusses Schafe und Ziegen im Landesbauernverband, Thomas Prüfer, bezeichnete die Rückkehr des Wolfes als „Rückfall ins Mittelalter“. Von der „satten Stadtbevölkerung“ werde dies zwar gefeiert, die Menschen auf dem Lande fühlten sich jedoch bedroht. Die Weidehalter würden seit Jahren am Minimum wirtschaften und würden nun auch noch vom Wolf in ihrer Existenz bedroht. Seiner Ansicht nach gehöre nicht der Wolf auf die „Rote Liste“ sondern der Beruf des Schäfers.

Ähnlich argumentierte auch Karl-Friedrich Kaufmann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer. Wenn man behaupte, dass Problem sei nicht der Wolf, sondern der Schutz der Schafe, Rinder und Ziegen, werde der Eindruck erweckt, die Halter seien zu dumm, um ihrer Herden zu schützen. Dies sei mitnichten so, betonte Kaufmann. Der Wolf sei nicht vom Aussterben bedroht und müsse deshalb ins Jagdrecht aufgenommen werden, in anderen EU-Staaten werde er ja auch geschossen, wenn die Population zu groß sei.

Pflege der Kulturlandschaft geht nur mit Schafen

Viele Schäfer müssten mittlerweile weite Wege zur Landschafts- oder Deichpflege zurückzulegen, ergänzte Karsten Siersleben, vom Landeskontrollverband für Leistungs- und Qualitätsprüfung Sachsen-Anhalt. Damit seien in den vergangenen Jahren die Mobilitätskosten und nun bringe der Wolf zusätzliche Probleme. Daher müsse man sich die Frage stellen, ob die Landschaftspflege wirklich noch gewollt sei? Zudem stünden viele Betriebe in den nächsten Jahren vor einem Betriebswechsel, ob junge Menschen unter diesen Bedingungen den Schäferberuf erlernen wollten, sei fraglich. „Verhungern kann man auch anders“, ergänzte ein anwesender Schäfer.

Der Kreisjägermeister des Landkreises Börde betonte, „Schafe gehören zu unserem Kulturgut“. Seitdem die Kulturlandschaft verstärkt mit Schafen gepflegt werde, habe auch die Artenvielfalt in der Region wieder zugenommen. Die Schafe haben daher eine wichtige Funktion und dürften den Wölfen nicht einfach geopfert werden. In dem Zusammenhang schlug einer der Schäfer mit einer gehörigen Portion Sarkasmus und Frust im Bauch vor, eine „Stallhaltungsprämie für Schafe“ einzuführen. Dann würden alle ihre Schafe im Stall lassen, die Gelder könnten gebündelt werden und außerdem alle Beteiligten wieder ruhig schlafen. Denn ob die Kulturlandschaft jetzt oder in zehn Jahren verkomme, sei letztlich auch egal.

Mehr Geld für Prävention und Entschädigungen

Die anwesenden Schäfer begrüßten, dass von Landesseite grundsätzlich mehr Geld für den Herdenschutz ausgegeben werden soll. Gleichzeitig kritisierten sie aber, dass die Förderung nur für zukünftig angeschaffte Herdenschutzhunde und nur für zwei Rassen gelte. Denn alle Schäfer, die sich in den letzten Monaten und Jahren bereits eigene Herdenschutzhunde gekauft haben, erhalten keine nachträgliche finanzielle Förderung. Auch Hundefutter, Tierarztkosten usw. seien nicht förderungsfähig, bemängelten die Schäfer. Außerdem forderten die Schäfer noch mehr Geld für Zäune, derzeit könnten sie innerhalb von drei Jahren maximal mit 15 000 Euro gefördert werden. Diese Summe müsste mindestens verdoppelt werden, sagt Schäfer Ralf Obst aus Papitz.

Ein „Pyrenäen-Berghund“ vor einer Schafherde. Die Anschaffung dieser Hunderasse zum Schutz der Herden wird zukünftig vom Land gefördert. Foto: Dobermannp/Wikimedia Commons

  • Was unterscheidet einen Hüte- von einem Herdenschutzhund?

    Hütehunde sind eher klein, schnell und wendig und wurden dafür gezüchtet, die Herde zusammen- und voranzutreiben oder verlorene Tiere wieder zur Herde zu bringen. Zur Abwehr gegen große Raubtiere wie den Wolf sind sie eher ungeeignet. Typische Rassen sind Border Collie, Australian Sheperd Dog oder der Altdeutsche Schäferhund.

    Herdenschutzhunde sind dagegen groß und kräftig, sie sind so etwas wie die Freiwillige Feuerwehr, sie passen auf, dass nichts passiert und beschützen die Herde Tag und Nacht auch auch gegen Raubtiere. Herdenschutzhunde wie beispielsweise ein Pyrenäen-Berghund oder ein Kaukasier werden von klein an in der Herde auf ihre Aufgabe vorbereitet.

    Noch mehr Informationen zu Herdenschutzhunden lesen Sie auf Wikipedia.

Für weiteren Unmut unter den Berufsschäfern sorgen die derzeitigen Regelungen, wenn Schafe vom Wolf gerissen werden. Zum einen dauere es oft viel lang, bis endgültig geklärt sei, ob es sich um einen Wolfsriss handelt oder nicht. Zum anderen flößen auch die Entschädigungszahlen nicht gerade üppig und zügig. Wie das Ministerium für Umwelt bestätigte, werde derzeit lediglich der Marktwert eines Schafes entschädigt. Dagegen fordern die Schäfer, dass eigentlich die potentielle Lebensleistung des Schafes entschädigt werden müsste, denn was hätte aus einem Lamm noch alles werden können?

Zum Schäferstammtisch waren auch Landtagsabgeordnete aus allen im Landtag vertretenen Fraktionen gekommen, um sich über die Sorgen der Schäfer zu informieren. Staatssekretär Klaus Rehda informierte seitens des Umweltministeriums über die geplanten Verbesserungen beim Wolfsmanagement. Gastgeber der Veranstaltung war der Landesbauernverband Sachsen-Anhalt. Er will die wichtigsten Ergebnisse und die Forderungen der Schäfer zeitnah in einem Forderungskatalog bündeln.