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Plenarsitzung

Kleines Wolfs-Abc für Einsteiger

Seit etwa zehn Jahren gibt es wieder Wölfe in Sachsen-Anhalt. Die meisten von ihnen stammen aus Osteuropa und offenbar fühlen sie sich wohl im Ursprungsland der Reformation. Denn die Zahl der Wölfe ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Bei vielen Bürgern stieg damit aber auch die Angst vorm unbekannten Wesen Wolf – kein Wunder schließlich kannte man das Tier in den letzten 150 Jahren hierzulande nur aus Märchen und da kam der Wolf nicht besonders gut weg.

Um nach der Rückkehr des Wolfes einen Beitrag zur Aufklärung zu leisten, hat der Naturschutzbund Deutschland (NABU) die wichtigsten Fragen und Antworten rund um den Wolf zusammengetragen. Quelle: www.nabu.de

In seinem kurzen Video „Wölfe in Deutschland" greift der NABU die wichtigsten Fragen auf und liefert Antworten. Youtube


  • Wie viele wildlebende Wölfe gibt es in Deutschland?

    Derzeit sind 31 Wolfsrudel und 4 Paare nachgewiesen, die in Deutschland leben. Ein Rudel in Deutschland besteht im Durchschnitt aus etwa acht Tieren. Hinzu kommen mehrere Einzelwölfe, die zum Teil standorttreu aber auch auf der Wanderung sind. Im standardisierten Monitoring von Wölfen werden lediglich die erwachsenen Tiere gezählt (Stand: März 2015, aktuelle Verbreitung: http://t1p.de/ninp).

  • Wo können Wölfe leben?

    Wölfe benötigen keine Wildnis. Als anpassungsfähige Tierart können Wölfe in sehr vielen Landschaften leben, solange diese landwirtschaftlich nicht zu monoton oder durch zu viele Straßen und Siedlungen verbaut sind. Darüber hinaus müssen ausreichend Beutetiere und Rückzugsmöglichkeiten für die Jungenaufzucht vorhanden sein. Auf Deutschland bezogen bedeutet dies, dass es in nahezu jedem Bundesland geeignete Wolfsregionen gibt.

  • Was ist ein „Kofferraumwolf“?

    Immer wieder tauchen Gerüchte auf, Natur- oder Tierschützer würden Wölfe einfangen und sie dann in bisher wolfsfreien Gebieten aussetzen, also Wölfe im Kofferraum durch Europa bzw. Deutschland transportieren. Wölfe zeigen uns auf imposante Weise, dass sie als ausgesprochene Langstreckenläufer selbständig weite Strecken in kurzer Zeit (bis zu 75 Kilometer pro Tag) zurücklegen können – es besteht also gar keine Notwendigkeit der natürlichen Verbreitung nachzuhelfen. Durch intensive genetische Untersuchungen kann man zudem genaue Aussagen über die Herkunft einzelner Wölfe machen.

  • Wozu ist der Wolf gut?

    Von Natur aus gibt es weder „gute“ noch „böse“ Tierarten. Deshalb stufen wir Tiere heute nicht mehr in „nützlich“ und „schädlich“ ein, sondern stehen auch Tieren ein Lebensrecht ihrer selbst wegen zu. Bevor der Mensch den Wolf nahezu ausrottete, übernahm er als großer Beutegreifer eine wichtige Funktion im Ökosystem. Nicht zu Unrecht wird er als „Gesundheitspolizei“ des Waldes bezeichnet, da er häufig auch kranke und schwache Tiere frisst und somit den Bestand seiner Beutetiere „gesund“ hält. Beute und Beutegreifer haben sich in der Evolution in einem Wechselspiel entwickelt. Fehlt der Wolf, sind Ökosysteme ein deutliches Stück weniger vollständig.

  • Woran erkenne ich einen Wolf?

    Wölfe und Hunde werden häufig miteinander verwechselt, da Hunde als direkte Wolfsnachfahren natürlich viele ähnliche Merkmale aufweisen. Besondere Merkmale des Wolfes sind sein heller Schnauzenbereich, seine kleinen, dreieckigen Ohren und ein dunkler Sattelfleck auf dem Rücken. Das Bauchfell ist eher hellbraun, auf dem Rücken etwas dunkler mit schwarz durchsetzt. Darüber hinaus hängt ihr Schwanz fast immer herunter und hat eine dunkle Spitze. Wölfe haben eine auffällige Mähne im Winterfell, erscheinen aber im Sommerfell sehr hochbeinig und mager.

  • Wovon ernährt sich ein Wolf?

    Die Hauptnahrung des Wolfes in Deutschland ist das Reh, gefolgt von Rothirschen und Wildschweinen. Dies haben Untersuchungen des Senckenberg Museums für Naturkunde (Görlitz) an über 2.000 in der Lausitz gesammelten Kotproben ergeben. Zu einem kleinen Teil (unter 10 Prozent) stehen auch Damhirsch, Muffelschaf, Hasen, kleine und mittelgroße Säuger und Nutztiere auf dem Speiseplan. Je nach Region schwankt die Nahrungszusammensetzung allerdings. In Sachsen-Anhalt beispielsweise haben Damhirsche eine größere Bedeutung für die Ernährung des Wolfes, in der Königsbrücker Heide in Sachsen stehen auch Biber auf dem Speiseplan.

  • Wie viel frisst ein Wolf?

    Es gibt in der wissenschaftlichen Literatur verschiedene Zahlen dazu, wie viel Beute ein Wolf benötigt. Demnach liegt der Bedarf zwischen zwei und fünf Kilogramm reinem Fleisch pro Tag. Allerdings können Wölfe viele Tage ohne Nahrung überleben. Beutetiere bestehen darüber hinaus auch aus Knochen und Fell. Kleinere Beutetiere wie Hasen und Rehe werden fast vollständig verzehrt, bei Hirschen und größeren Wildschweinen bleibt ein Teil ungenutzt und wird von Raben und Füchsen verspeist.

  • Gibt es für Wölfe in Deutschland ausreichend Nahrung?

    Ja. Deutschland hat einen sehr hohen Bestand an Rehen, Rothirschen und Wildschweinen, was die beständig hohen Abschusszahlen der Jäger belegen.

  • Wie verhindert man, dass Wölfe an Nutztiere gelangen?

    Der Standardschutz besteht aus einem etwa 100 Zentimeter hohen Euronetzzaun, an dem mindestens 4000 Volt Spannung anliegen. Um die abschreckende Wirkung zu erhöhen, sollte zusätzlich ein Untergrabschutz installiert werden, denn Wölfe neigen eher dazu, Hindernisse zu untergraben als zu überspringen. Immer häufiger werden auch Herdenschutzhunde eingesetzt, die Nutztiere schützen sollen. Je nach Rasse und Haltungsform können auch bei Pferden und Rindern zumindest zeitweise Herdenschutzmaßnahmen erforderlich sein. Bei Gehegewild (zum Beispiel Dam- oder Rotwild) wird empfohlen, zusätzlich zum bestehenden Festzaun ein Untergrabschutz zu installieren.

  • Was sind Herdenschutzhunde?

    Herdenschutzhunde sind keine Hütehunde, die die Herde tagsüber zusammenhalten sollen. Herdenschutzhunde sind ausgebildete Hunde, die den Wolf (oder auch wildernde Hunde) als Bedrohung für die Schafherde ansehen und sich ihnen in den Weg stellen. Als Welpen werden sie in die Schafherde integriert: Herdenschutzhunde sehen die Schaf- oder Ziegenherde daher als ihr Rudel an, das sie bereit sind zu verteidigen. In Deutschland werden unter anderem die Rassen Pyrenäenberghund und Maremmen-Abruzzen-Schäferhund eingesetzt.

    Welpen kosten in etwa 1000 Euro. Hinzu kommen die Kosten von Ausbildung, Futter und Tierarztgebühren von rund 700 Euro pro Jahr. Einige Bundesländer unterstützen die Anschaffung von Herdenschutzhunden finanziell. Der NABU bildet in einem Pilotprojekt im Schwarzwald selbst Herdenschutzhunde aus.

  • Bedeutet die Anwesenheit von Wölfen mehr Arbeit für Nutztierhalter?

    Ja. Nutztierhalter müssen erst wieder lernen, mit dem Wolf zu leben und entsprechende Schutzmaßnahmen einzusetzen. Um einen guten Schutz zu gewährleisten, müssen die Weideflächen vorbereitet werden, Zäune aufgestellt und regelmäßig kontrolliert werden. Das kostet Zeit und Geld.

  • Gibt es einen Schadensausgleich für gerissene Nutztiere?

    Ja, in den Bundesländern mit dauerhaften Wolfsvorkommen ist geregelt, dass der wirtschaftliche Schaden zu 100 Prozent ausgeglichen wird, wenn der Wolf als Verursacher nachgewiesen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen wird. Die emotionale Belastung und der Mehraufwand der Nutztierhalter werden nicht ausgeglichen.

  • Könnte eine eingeschränkte Bejagung der Wölfe helfen, Schäden an Nutztieren zu verhindern?

    Nein. Durch den Abschuss einzelner Tiere kann das soziale Gefüge des Rudels zerstört werden und junge Wölfe, die noch keine abschreckenden Erfahrungen mit Herdenschutzmaßnahmen gemacht haben, können Schaden unter den Nutztieren anrichten. Eine aktuelle Studie (Wielgus B., Peebles A., 2014) zeigt sogar, dass die Übergriffe auf Nutztiere in einem Gebiet nach der Bejagung der Wölfe zunehmen. Herdenschutzmaßnahmen in Wolfsgebieten sind somit unabdinglich.

  • Sind Wölfe für Menschen gefährlich?

    Gesunde Wölfe, die nicht provoziert oder angefüttert werden, stellen für den Menschen in der Regel keine Gefahr dar. In den letzten 15 Jahren – seitdem es Wölfe wieder in Deutschland gibt – hat es keine Situation gegeben, bei der sich Wölfe aggressiv gegenüber Menschen verhalten haben.

  • Wie soll ich mich verhalten, wenn ich einem Wolf begegne?

    Beobachten Sie das Tier ruhig. Wenn Sie sich unwohl fühlen, richten Sie sich auf und machen Sie sich groß. Lautes Rufen oder Klatschen kann den Wolf vertreiben. Ziehen sie sich langsam zurück und melden Sie Ihre Beobachtung an den zuständigen Wolfsberater oder an die zuständige Behörde im Landratsamt. Wolfsberater und Wolfsbeauftragte sind Ehrenamtliche, die in den einzelnen Bundesländern Hinweise auf Wölfe sammeln und über Wölfe informieren. Die Ansprechpartner in Ihrer Region erfragen Sie am besten beim Umweltministerium oder der Naturschutzbehörde.

  • Sind Waldbesucher durch Wölfe gefährdet?

    Der Wald wird durch die Rückkehr des Wolfes nicht gefährlicher. Von Wildschweinen beispielsweise geht durch ihre Wehrhaftigkeit und große Anzahl eine größere Gefahr aus als vom Wolf, zum Beispiel durch Angriffe von Bachen zur Verteidigung ihrer Frischlinge. In Deutschland hat es seit der Rückkehr der Wölfe im Jahr 2000 keine Situation gegeben, in der sich ein Wolf einem Menschen aggressiv genähert hat. In vielen europäischen Staaten haben Menschen und Wölfe immer in der gleichen Region gelebt. Trotz aller Vorsicht: Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es in der Natur ebenso wenig wie beim Zusammenleben mit Haustieren.

  • Was muss ich beachten, wenn ich mit meinem Hund durch ein Wolfsrevier laufe?

  • Was sind auffällige Wölfe und was ist mit ihnen zu tun?

    Einzelne Wölfe, die ihre Distanz gegenüber Menschen dauerhaft aufgeben, sich aggressiv gegenüber Menschen verhalten oder sich auf Nutztiere beim Nahrungserwerb spezialisieren, können als auffällig bezeichnet werden. Das Bundesamt für Naturschutz hat Kriterien erarbeitet, wann ein Wolf als auffällig einzustufen ist und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen (BfN Skript 201, 2007). In Frage kommen zum Beispiel Vergrämungsmaßnahmen wie das Verscheuchen mit Gummigeschossen. Die Entnahme eines Tieres erfolgt nur im absoluten Ausnahmefall, wenn diese Vergrämungsmaßnahmen keine Wirkung zeigen.

  • Was ist die Aufgabe des Wolfsmanagements?

    Durch das Wolfsmanagement, welches in einigen Ländern – wie Sachsen – bereits gut etabliert ist, sollen Konflikte zwischen Mensch und Wolf minimiert werden. So werden in Managementplänen und Richtlinien Hinweise für die Bevölkerung gegeben, Herdenschutzmaßnahmen und Entschädigungsregelungen erläutert und Handlungsabläufe für den Umgang mit verletzten und auffälligen Wölfen dargestellt. Eine weitere wichtige Aufgabe des Managements ist darüber hinaus die Öffentlichkeitsarbeit und der Informationsaustausch.

  • Warum kommen Wölfe plötzlich zurück?

    Wölfe werden heute nicht mehr als Konkurrent des Menschen angesehen. Vielmehr hat der Mensch erkannt, dass es wichtig ist, die Natur, ihre Tier- und Pflanzenarten zu schützen. Deshalb stehen Wölfe seit vielen Jahren unter strengem Schutz. Unsere Landschaft ist für den Wolf geeignet und die Bestände der Beutetiere wie Reh, Rothirsch und Wildschwein steigen vielerorts. Da Wölfe sehr wanderfreudig sind, können sie den weiten Weg von den angrenzenden Populationen zu uns überwinden und in ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet zurückkehren.

  • Welchen gesetzlichen Schutzstatus genießt der Wolf?

    Der Wolf ist durch internationale und nationale Gesetze streng geschützt. In der europäischen Union unterliegt er den Anhängen II, IV und V der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Auf Bundesebene ist der Wolf durch das Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Er hat damit den höchstmöglichen Schutzstatus.

  • Wodurch wird die Ausbreitung des Wolfes aufgehalten?

    Der Wolf kann überall dort leben, wo er genügend Beute findet und Rückzugsgebiete zur Aufzucht der Welpen vorhanden sind. Letztlich reduziert also in erster Linie die dichte Besiedlung sein potentielles Verbreitungsgebiet. Illegale Tötungen und der Straßenverkehr sind in Deutschland die häufigsten nicht-natürlichen Todesursachen bei Wölfen.

  • Müssen Wolfsbestände durch den Menschen reguliert werden?

    Nein. Das natürliche Wechselspiel von Vermehrung, Zu- und Abwanderung und Sterblichkeit bestimmt die Bestandsgröße der Wolfspopulation. Als Spitzenraubtier hat der Wolf keine natürlichen Feinde in Form von anderen, größeren Tieren. Insbesondere die Verfügbarkeit von Nahrung ist entscheidend für die Zahl der Wölfe, aber auch Krankheiten können den Bestand verringern. In seinen Verbreitungsgebieten pendelt sich das Verhältnis zwischen Räuber und Beute ein, weshalb eine Regulierung durch den Menschen nicht notwendig ist.

  • Was ist der Unterschied zwischen Bejagung und Entnahme von Wölfen?

    Bei der Bejagung wird regelmäßig, meist jährlich, eine bestimmte Anzahl von Tieren geschossen. Dafür erhalten die Tiere eine reguläre Jagdzeit und gegebenenfalls eine Abschussquote. Im Gegensatz zur Bejagung können beim Wolfsmanagement in begründeten Einzelfällen gezielt einzelne Wölfe der Natur entnommen werden, zum Beispiel wenn sie verhaltensauffällig sind. Eine Bejagung ist beim Wolf in Deutschland gesetzlich verboten.