Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich beginne vielleicht zunächst mit Ausführungen zu den Jahresabschlüssen. Zutreffend ist, dass seit dem Jahr 2013 die Pflicht für die kreisfreien Städte, Landkreise sowie kreisangehörigen Gemeinden gilt, ihre Haushalte nicht mehr kameralistisch, sondern nach der doppischen Haushalts- und Rechnungsführung aufzustellen. Dafür muss zunächst eine Eröffnungsbilanz erstellt werden, die jährlich durch die Bilanz im Jahresabschluss fortgeschrieben wird. In der Umstellungszeit wurde für einige Gemeinden die Frist zur Umstellung auf die Haushaltsdoppik verlängert. Seit dem Jahr 2015 gilt die Pflicht für alle.

Seit Beginn der Einführung der Doppik summieren sich die Jahresabschlüsse, die vorgelegt und beschlossen werden müssen, auf 1 983. Davon sind, Stand Anfang Februar 2022, 731 bereits aufgestellt oder beim Rechnungsprüfungsamt. Das entspricht einem Drittel aller zu erstellenden Jahresabschlüsse. Dieser Zustand ist absolut unbefriedigend.

(Beifall)

Um die Aufstellung rückständiger Jahresabschlüsse bei den Kommunen zu beschleunigen, hat das Innenministerium bereits im Oktober 2020 Erleichterungen zur Aufstellung und Prüfung kommunaler Jahresabschlüsse herausgegeben. Gleichzeitig haben wir festgelegt, dass die Kommunalaufsichtsbehörden die Genehmigungen der Haushaltssatzungen ab dem Haushaltsjahr 2023 so lange zurückzustellen haben, bis der vollständig erstellte und prüffähige Jahresabschluss des Vorjahres dem Rechnungsprüfungsamt übergeben wurde. Damit erreichen wir, dass der Aufstellung der Jahresabschlüsse allerhöchste Priorität eingeräumt wird. Durch eine Ausweitung der Prüfrechte des Landesrechnungshofes wird eine beschleunigte Aufstellung von Jahresabschlüssen indessen nicht erreicht.

(Zustimmung)

Keine Prüfung der Welt ersetzt die Aufstellung eines Jahresabschlusses. Anstelle einer Erweiterung der Prüfrechte sind Erleichterungsregelungen, engmaschige Berichtspflichten, die Bildung von Mentorenteams und die Forcierung der interkommunalen Zusammenarbeit unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit einzelner Kommunen geeigneter, um den Abbau rückständiger Jahresabschlüsse zu forcieren und die Akzeptanz und Erfahrung vor Ort zu verbessern.

Ich komme noch kurz zu den Prüfrechten. Im Bereich der überörtlichen Prüfung gibt es keine prüfungsfreien Räume. Die überörtliche Prüfung der kreisangehörigen Gemeinden und Verbandsgemeinden obliegt dem Rechnungsprüfungsamt. Die überörtliche Prüfung der Kommunen mit mehr als 25 000 Einwohnern sowie der Zweckverbände obliegt dem Landesrechnungshof. Und schließlich kann der Landesrechnungshof seit dem Jahr 2018 auf Ersuchen der Kommunalaufsichtsbehörde oder der oberen Kommunalaufsichtsbehörde auch andere kreisangehörige Gemeinen und Verbandsgemeinden überörtlich prüfen. Somit kann er in diesen Fällen auch in Kommunen unter 25 000 Einwohnern eine überörtliche Prüfung durchführen.

Bevor eine Ausweitung der bereits bestehenden überörtlichen Prüfrechte in Betracht gezogen werden könnte, sollte die erst im Jahr 2018 erweiterte Regelung zunächst auf ihre Wirkweise überprüft werden. - Vielen Dank.

(Beifall)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Warten Sie, Frau Ministerin. Es gibt erstmal eine Nachfrage von Herrn Lieschke. - Wir haben die Regelung zu einer Dreiminutendebatte, pro Fraktion ein Redner. Demnach darf nur einer von Ihnen beiden sprechen. Herr Scharfenort und Herr Lieschke, tauschen Sie sich kurz aus.


Matthias Lieschke (AfD):

Ich habe nur eine Frage und eine Intervention.

(Unruhe)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Nein, so nicht!

(Unruhe)


Matthias Lieschke (AfD):

Gut, dann nur eine Frage. - Ich weiß jetzt nicht mehr mein Fachgebiet. Ich weiß aber, dass im Landkreis Wittenberg, ich glaube, 40 Jahresabschlüsse fehlen. Es geht aber nicht um die Jahresabschlüsse. Wir alle, die in der letzten Legislaturperiode schon hier waren, wissen, dass wir einen Untersuchungsausschuss zu den Abwasserzweckverbänden hatten. Da wurde auch vom Landesrechnungshof massiv moniert, dass man halt nicht in diese Ebene reingucken konnte. Aber hätten wir diese Rechte, sollten wir, glaube ich, mit dem Derivatehandel viel weniger an Geld versenkt haben als bei der Situation, die wir jetzt haben.

Würden Sie mir darin zustimmen, dass der Landesrechnungshof da nicht reingucken konnte? Stimmt das? Oder stimmt das nicht? Und würde eine Erweiterung der Rechte solche Probleme aus dem Weg geschafft haben können?


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie können, nein, Sie müssen antworten, Frau Ministerin.


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):

Ich habe gerade dargelegt, dass seit dem Jahr 2018 so oder so die Möglichkeit besteht, dass auf Ersuchen der Kommunalaufsichtsbehörde oder der oberen Kommunalaufsichtsbehörden auch bei Kommunen unter 25 000 Einwohnern geprüft werden kann. Diese Regelung besteht schon jetzt. Und bei den Abwasserzweckverbänden und den Derivatgeschäften haben wir, wenn ich mich richtig erinnere - aber das ist jetzt lange her  , solch eine Prüfung auch ermöglicht. Insofern verstehe ich Ihre Frage nicht.