Tagesordnungspunkt 14

Beratung

Abstandsgebot für zeitgleiche Aufzüge und Kundgebungen ins Versammlungsrecht

Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/886


Ich bitte Herrn Hecht um die Einbringung. Herr Hecht, bitte schön.


Christian Hecht (AfD):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Eine der wichtigsten Zielvorgaben unserer Verfassung ist es, die Grundlagen für ein soziales und gerechtes Gemeinschaftsleben zu schaffen, um das Wohl der Menschen in unserem Land zu fördern und um dem Frieden zu dienen. Die Landesverfassung verpflichtet uns Abgeordnete als Vertreter des ganzen Volkes dazu, diese Grundlagen zu schaffen. Unser Antrag dient dieser parlamentarischen Verpflichtung, weil er dazu beiträgt, das Versammlungsgesetz unseres Landes zu verbessern.

Die Meinungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit sind Rechtsgüter von Verfassungsrang. Sie sind von nicht zu überschätzender Bedeutung für unseren demokratischen Rechtsstaat. Dies gilt ganz unabhängig davon, ob wir im Einzelfall die politische Meinung anderer Mitbürger teilen oder nicht. Als Parlamentarier ist es unsere Pflicht, die Meinungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit für alle Bürger gleichermaßen zu schützen. Darum ist unser Antrag aus dem zutiefst demokratischen Willen und Wollen geboren, Freiheit und Demokratie in unserem Land zu stärken.

(Zuruf: Verfassungswidrig!)

Wir stärken sie, indem wir das Recht auf freie Meinungsäußerung stärken. Wir stärken sie, indem wir das Recht, sich hierzu friedlich zu versammeln, so ausgestalten, dass Gefahren für den Einzelnen dort vermieden werden, wo sie vermeidbar sind.

Die Praxis zeigt, dass die derzeitige gesetzliche Regelung nicht ausreicht, um den inneren Frieden in unserem Land dauerhaft zu gewährleisten. Im Gegenteil: Dort, wo unversöhnliche politische Positionen aufeinandertreffen, können leicht erhebliche Gefahren für Leib und Leben der Versammlungsteilnehmer und der polizeilichen Einsatzkräfte entstehen. Warum ist das so? - Das ist so, weil nach der derzeit geltenden gesetzlichen Regelung insbesondere Versammlungen mit politischen Inhalten und die hierzu stattfindenden Gegendemonstrationen in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zueinander stattfinden können. Dies hat zur Folge, dass in einer aufgeheizten politischen Stimmung die direkte Konfrontation leicht zu Gewaltausbrüchen führen kann. Ein Steinwurf genügt.

Fließt erst einmal Blut, dann ist es nicht mehr weit bis zu einem wütenden Mob, der keine Grenzen mehr kennt.

(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Ja! - Dr. Falko Grube, SPD: Dann hören Sie doch auf, zu Querdenker-Demos aufzurufen! Da holen Sie den Mob auf die Straße! - Weitere Zurufe)

Die unmittelbare Gewalt kann dann nur noch von den Einsatzkräften der Polizei beendet werden. Hierfür muss diese aber selbst Gewalt anwenden oder zumindest androhen, was verständlicherweise nicht zu einer Deeskalation der Lage beiträgt.

Potenziell gewalttätige Demonstranten, wie sie anlässlich des G20-Gipfels im Jahr 2017 in Hamburg ihr Unwesen getrieben haben, können interessierte Bürger von der Teilnahme an solchen Veranstaltungen nicht nur abschrecken, sondern sogar ganz davon abhalten. Es ist aber nicht hinnehmbar, dass Bürger auf ihre verfassungsmäßigen Rechte verzichten, weil sie um ihre Gesundheit und ihr Leben fürchten müssen.

(Beifall)

Eine solche Situation hat mit den Grundlagen eines sozialen und gerechten Gemeinschaftslebens nichts mehr zu tun.

Meine Damen und Herren! Unsere Gesellschaft befindet sich an einem Scheideweg. Die sozialen Missstände im Land werden immer größer. In nie vorher gekanntem Ausmaß und mit einer geradezu beängstigenden Geschwindigkeit steigen die Energiepreise. Aber nicht nur die Preisanstiege bei Öl, Gas und Treibstoffen versetzen die Menschen in Angst und Schrecken, selbst die Preise für einfachste Waren des täglichen Bedarfs wie Mehl und Brot kennen nur eine Richtung, steil nach oben.

Hinzu kommen weitere soziale Verwerfungen durch die größte Flüchtlingskrise in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, durch eine galoppierende Inflation und durch eine bereits jetzt kaum noch zu reparierende Spaltung der Gesellschaft wegen der Auswirkungen einer völlig verfehlten Coronapolitik.

Das Konfliktpotenzial, welches mit den massenhaften, gefährlichen und auch tödlichen Impfnebenwirkungen einhergeht,

(Zurufe: Oh!)

ist hierbei noch gar nicht erfasst.

(Zurufe: Abwarten! - Weitere Zurufe)

Machen wir uns also nichts vor. Es wird mehr Demonstrationen geben. Immer unversöhnlichere Positionen werden aufeinandertreffen. Mit sozialen Unruhen in der Bevölkerung wird zu rechnen sein.

(Dr. Falko Grube, SPD: Ja, weil Sie dazu aufrufen! - Weitere Zurufe)

In dieser gesamtgesellschaftlichen Situation wäre es unverantwortlich, nicht steuernd einzugreifen, obwohl es möglich ist. Wir sind dazu verpflichtet, das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat zu stärken, indem wir sinnvolle gesetzliche Regelungen schaffen. Wir brauchen deshalb ein an praktischen Maßstäben orientiertes Versammlungsrecht, das Gefahren verhindert, die entstehen, wenn man die Vertreter unversöhnlicher Positionen, gleichviel, ob sie politischer Natur sind oder nicht, aufeinander loslässt, anstatt sie von vornherein räumlich zu trennen.

(Dr. Falko Grube, SPD: Sehen Sie, deswegen werden Sie nicht Vizepräsident!)

Es ist daher wichtig, im Versammlungsgesetz des Landes zwei Dinge klarzustellen. Zum einen ist der Erstanmelder einer Versammlung gegenüber späteren Anmeldern von Versammlungen am gleichen Ort und zur gleichen Zeit zu privilegieren. Eine solche Regelung würde die Rechtssicherheit für das allgemeine Verwaltungshandeln im Land erhöhen, weil hiervon in der Praxis bereits Gebrauch gemacht wird. Sie ist sinnvoll und zielführend und wird auch vom Bundesverfassungsgericht gestützt, das in seinem Beschluss vom Mai 2005 hierzu ausführt, das Erstanmelderprinzip wird maßgebend, wenn die spätere Anmeldung allein oder überwiegend zu dem Zweck erfolgt, die zuerst angemeldete Versammlung an diesem Ort zu verhindern. Das Gericht anerkennt damit die Tatsache, dass Gegendemonstranten zuweilen einfach nur aus dem Grunde kommen, um ihnen missliebige Veranstaltungen zu stören oder gleich ganz zu verhindern.

(Holger Hövelmann, SPD: Deshalb heißen sie Gegendemonstranten!)

Wer aber so handelt, der missbraucht die Meinungs- und Versammlungsfreiheit und kann sich nicht auf ihren Schutz berufen.

(Dr. Andreas Schmidt, SPD: Ach was! - Zuruf: Guck mal, wer da spricht!)

Einem denkbaren Missbrauch des Erstanmelderprinzips durch sogenannte Vorratsanmeldungen kann man im Übrigen leicht dadurch begegnen,

(Dr. Andreas Schmidt, SPD: Wenn man anmeldet!)

dass beispielsweise nicht mehr als drei Veranstaltungen im Voraus anmeldefähig sind.

(Zurufe: Aber Sie melden doch nicht an! - Wie viele melden Sie denn an? - Herr L. in Halle macht es auf Jahrzehnte im Voraus!)

Zum anderen ist ein Mindestabstand zu Gegendemonstrationen gesetzlich zu verankern. Dies ist verfassungsrechtlich geboten und im Interesse der Aufrechterhaltung der Meinungspluralität auch richtig, weil die Kundgabe anderer Ansichten möglich bleibt.

Unser Antrag stärkt also nicht nur die Grundrechte, sondern schützt auch die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Dies gilt selbstredend auch für Spontan- und Eilversammlungen, bei denen eine räumliche Trennung durch die Einsatzkräfte der Polizei zu erfolgen hat, wie es bereits jetzt der Fall ist, nur mit dem Unterschied, dass der räumliche Abstand von Demonstrant und Gegendemonstrant vergrößert wird.

Die von uns vorgeschlagenen Verbesserungen sind auch verfassungskonform;

(Zurufe: Nein! - Holger Hövelmann, SPD: Sie selber sind ja nicht einmal verfassungskonform! - Dr. Falko Grube, SPD: Reichsbürgermäßig, ja! - Lachen - Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

denn sowohl das Grundgesetz als auch die Landesverfassung enthalten die Schranken der Ausübung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit.

Das Recht, sich zu versammeln, kann nämlich durch Gesetz oder auf aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden. Deswegen heißt es in § 19 des Versammlungsgesetzes   ich zitiere  :

„Die §§ 12 bis 18 schränken das Grundrecht der Versammlungsfreiheit […] ein.“

Wenn wir die Versammlungsfreiheit also unserem Antrag entsprechend ausgestalten, dann handeln wir verfassungskonform. Wir schaffen mehr Rechtssicherheit, wir verhindern effektiv gewalttätige Zusammenstöße, wir schützen dadurch immaterielle Rechtsgüter, wir schützen Leib und Leben unserer Bürger. Kurzum: Unser Antrag dient dem Wohl der Menschen und dem Frieden,

(Zuruf: Ho, ho! - Zurufe: Oh!)

wie es die Verfassung von uns verlangt. - Vielen Dank.

(Beifall)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Hecht, es gibt eine Nachfrage des Abg. Herrn Schulenburg.


Christian Hecht (AfD):

Herr Schulenburg.


Chris Schulenburg (CDU):

Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Im Jahr 2007 wurde höchstrichterlich entschieden, dass ein Versammlungsteilnehmer das Recht hat, über Zeit und Ort seiner Versammlung selbst zu entscheiden. Des Weiteren steht dem Versammlungsteilnehmer das Recht auf Beachtungserfolg zu; das heißt, die Versammlungsfreiheit schützt auch das Recht, beachtet zu werden.

Sie kennen sicherlich die kleine Videosequenz, die eine ältere Dame in Russland zeigt, die ein leeres weißes Blatt Papier hochhielt und verhaftet wurde. Man kann bekanntlich nicht nicht kommunizieren, aber das ist auch Meinungsfreiheit. Jetzt stellen Sie sich vor, 20 Abgeordnete von der AfD stehen auf dem Domplatz in Magdeburg, auf Kosten der Fraktion,

(Zustimmung)

und ringsherum stehen 100 Versammlungsteilnehmer und halten einfach nur ein weißes Blatt Papier hoch und schütteln den Kopf.

(Lachen - Zuruf: Das machen die aber nicht!)

Das ist Versammlungsfreiheit. Und jetzt frage ich Sie: Warum wollen Sie diese 100 Versammlungsteilnehmer 500 m weit entfernen, obwohl ihnen das Recht auf Beachtungserfolg zusteht?

(Zustimmung - Zuruf: Sehr schön! - Weitere Zurufe)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Hecht, bitte.

(Unruhe)


Christian Hecht (AfD):

Herr Schulenburg    

(Unruhe)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Jetzt hat Herr Hecht die Möglichkeit zu antworten. Er ist gefragt worden.


Christian Hecht (AfD):

Herr Schulenburg, hätten Sie meinem Vortrag besser zugehört, dann hätten Sie diese Frage nicht gestellt.

(Zurufe: Oh! - Zustimmung)

Es geht hier um die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung

(Zuruf: Und es geht um Gefahr!)

und um den Schutz von Leben und Freiheit.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Aber die ist doch überhaupt nicht gefährdet, wenn Leute ein Schild hochhalten!)

Dafür ist dieser Antrag gut und richtig. Und das, was Sie sagen, ist in diesem Falle völlig irrelevant. - Vielen Dank.

(Lachen und Zustimmung)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Es gibt noch eine Intervention. - Frau Dr. Richter-Airijoki.


Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):

Ich möchte nur auf einen Aspekt eingehen, nämlich auf die Behauptung zu den vielen Impftoten. Das ist schlicht und einfach eine Unwahrheit, die hier verbreitet wird, und ich muss dem widersprechen.

(Zustimmung - Zuruf: Das wissen Sie doch gar nicht! - Weitere Zurufe)

Es wird also wirklich sehr gut dokumentiert,

(Zustimmung)

alle gemeldeten Nebenwirkungen. Allem wird nachgegangen.

(Lachen)

Die Zahl der Todesfälle, die tatsächlich mit der Impfung in Verbindung stehen, ist sehr, sehr niedrig, weltweit, und sie steht überhaupt in keinem Verhältnis zu den vermiedenen Todesfällen.

(Zurufe)

Ich muss das einfach richtigstellen. Das sage ich jetzt hier als Abgeordnetenkollegin, das sage ich aber auch als Ärztin und Public-Health-Fachkraft, die das studiert und die sich wirklich sehr, sehr vertieft während der ganzen Pandemie damit auseinandersetzt. Es ist einfach falsch und das muss ich sagen.

(Beifall)