Dr. Falko Grube (SPD):

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sachsen-Anhalt ist ein Sportland. Unter dem Dach des Landessportbundes sind in 14 Kreis- und Stadtsportbünden derzeit ca. 350 000 Sportlerinnen und Sportler in über 3 000 Sportvereinen organisiert. Wir haben in Sachsen-Anhalt zwei Fußballvereine in der dritten Liga, hoffentlich bald einen in der zweiten Liga.

(Zuruf: Ich wollt grad sagen: einen nur noch!)

Wir haben den derzeit erfolgreichsten deutschen Handballverein in unserem Bundesland, einen Verein in der Basketballbundesliga, die weltweit erfolgreichsten Keglerinnen und Kegler. Wir haben zahlreiche Medaillengewinnerinnen und -gewinner bei Europa- und Weltmeisterschaften und bei Olympischen Spielen in den Sommer- und Wintersportarten. Wir haben erfolgreiche Athletinnen und Athleten im paralympischen Sport.

(Zustimmung)

Wir haben Zehntausende Trainerinnen und Trainer und zahlreiche Ehrenamtliche in den Vereinen, die nicht nur diese Erfolge, sondern das Sportreiben überhaupt ermöglichen. Wir haben Tausende sportbegeisterte Eltern, die ihre Kinder zum Sport fahren. Das, meine Damen und Herren, ist die Sportfamilie im Sportland Sachsen-Anhalt. Meine Damen und Herren! Diese Koalition ist angetreten, damit es dieser Familie auch in Zukunft gut geht.

(Beifall)

Ich bin dem Koalitionspartner ausdrücklich dankbar, dass er dieses Thema heute auf die Tagesordnung gebracht hat. Das ist eine Ehrensache für den Ehrenpräsidenten des Landessportbundes. Es ist deshalb so wichtig, weil der Sport von diesen Krisen dieser Zeit, von der Coronakrise und auch von der Ukrainekrise, erheblich betroffen war und ist. Corona hat die Vereine mehr als 10 000 Mitglieder gekostet. Die gute Nachricht dabei ist: mehr als 300 000 Mitglieder sind geblieben. Die Sportfamilie verlässt man nicht so leicht. - Herr Korell, ich habe keine Sorge, dass die Menschen zurück zum Sport kommen, wenn sie es dürfen.

Es gab am 5. März 2022 in der Händel Halle in Halle eine Ehrungsveranstaltung für die besten Nachwuchssportlerinnen und Nachwuchssportler des Landes. Das war eine tolle Veranstaltung, erstens weil sie toll war, zweitens weil sie einmal wieder stattgefunden hat. Die Koalition war gut vertreten: die Ministerin, Herr Silbersack und meine Wenigkeit. Wenn man in die Augen der Kinder und Jugendlichen und in die Augen der Eltern geschaut hat, weiß man, sie brennen weiter für den Sport. Dieses Feuer wird nicht erlöschen. Auch Corona wird daran nichts ändern.

Corona hat Trainingszeit gekostet. Die Sportlerinnen und Sportler konnten zeitweise nicht oder nur eingeschränkt trainieren. Im Bereich Leistungssport steht so etwas immer in der Zeitung, aber ebenso betroffen sind Breiten-, Freizeit-, Behinderten- und Gesundheitssport. Deswegen war es gut, dass die Förderrichtlinie „Coronahilfe Sport“ auch den Sportvereinen über die schwere Zeit geholfen hat.

Corona hat ein Miteinander gekostet. Das Vereinsleben war eingeschränkt. Das kennen wir auch aus vielen anderen Bereichen im öffentlichen Leben. Es gab Regelungen, die Sport trotz Corona ermöglicht haben. Aber es ist gut, wenn es hoffentlich bald wieder eine Normalisierung gibt.

Und weil das so eine schwere Zeit war und ist, will ich hier die Gelegenheit ergreifen, um Danke zu sagen all denen, die in den letzten zwei Jahren die Vereine, den Sport am Laufen gehalten haben, den Vereinsvorständen, den Trainerinnen und Trainern, den Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern, den Eltern und all den vielen Ehrenamtlichen: Ihr seid auch systemrelevant. Danke, dass ihr dafür sorgt, dass es den Sport in Sachsen-Anhalt noch gibt.

(Beifall)

Das ist heute ein bisschen wie eine kleine Regierungserklärung zum Thema Sport. Aber bevor ich zu dem komme, was sich die Koalition im Bereich Sport vorgenommen hat, will ich noch etwas grundsätzlich Anderes loswerden: Ich bin, seit ich denken kann, ein glühender Sportfan. Ich habe immer gerne die Großereignisse im Fernsehen verfolgt: die Olympischen Spiele des Sommers sowie des Winters, den Goldwurf von Barcelona habe ich auch im Fernsehen gesehen   damals noch ohne Doppelnamen -, die Weltmeisterschaften in Leichtathletik, in Fußball, in Handball, die Tour de France usw. Ich habe mir schon oft den Wecker gestellt, wenn die Wettkämpfe am anderen Ende der Welt nachts stattgefunden haben - man darf nichts verpassen.

Peking im Jahr 2022 war anders - nicht wegen Corona, sondern weil ich persönlich vom Auftreten des IOC abgestoßen war. Wie Herr Bach es zulassen konnte, dass Olympia abgeschottet wird   hierbei war Corona eine willkommene Ausrede, aber nicht der Grund. Wie er es zulassen konnte, dass China seine Repressalien gegen die Uiguren verschleierte, aber kritische Stimmen bei der Abschlussfeier rausschneiden durfte. Wie er bereitwillig Teil einer chinesischen Propagandashow war, aber gleichzeitig erklärte: Der Sport habe kein politisches Mandat. Wie er das tun konnte und trotzdem vom olympischen Geist spricht, ist ein Skandal, meine Damen und Herren. Es ist der olympischen Idee nicht würdig.

(Beifall)

Das Gegenteil ist richtig: Der Sport ist politisch. Das war er schon immer. Das war er, als im antiken Olympia während der Spiele die Waffen schwiegen. Das war er, als in dem Kalten Krieg die beiden Blöcke erst die Olympischen Spiele 1980 in Moskau und dann die Olympischen Spiele 1984 in Los Angeles boykottiert haben. Das war er auch, als Putin das Ende der Olympischen Spiele abgewartet hat bevor er die Ukraine überfiel. Ja, die Sportlerinnen und Sportler sind keine Politiker. Sie sollen ihre sportlichen Leidenschaften ausleben und die bestmöglichen Leistungen bringen. Aber die Sportorganisation, das IOC, hat ein politisches Mandat, meine Damen und Herren. Dieses Mandat hat sich das IOC selbst gegeben.

Ich verlese für Sie kurz ein paar Zeilen aus der Olympischen Charta - als Erstes aus der Präambel. Darin steht:

„Ziel des Olympismus ist es, den Sport in den Dienst der harmonischen Entwicklung der Menschheit zu stellen, um eine friedliche Gesellschaft zu fördern, die der Wahrung der Menschenwürde verpflichtet ist.“

Darin heißt es weiter:

„Die Ausübung von Sport ist ein Menschenrecht. Jeder Mensch muss die Möglichkeit zur Ausübung von Sport ohne Diskriminierung jeglicher Art und im olympischen Geist haben; dies erfordert gegenseitiges Verstehen im Geist von Freundschaft, Solidarität und Fairplay.“

Eine der Aufgaben des IOC nach Kapitel 1 Regel 2 Nr. 10 ist es, „gegen jeden politischen oder kommerziellen Missbrauch des Sports und der Athleten vorzugehen“.

Gemessen an diesen Prinzipien und gemessen an dieser Aufgabe ist das derzeitige IOC eine Peinlichkeit. Ich frage Sie: Wie geht Menschenwürde ohne Meinungsfreiheit? Wie geht es, Großereignisse an Diktaturen zu verkaufen, aber Athleten von Wettkämpfen auszuschließen, wenn sie Regenbogenstrümpfe tragen? - Ich finde, dass IOC gehört auf den Boden der olympischen Idee zurückgeholt. Ich hoffe sehr, dass der neue Präsident des DOSB zukünftig klarere Worte dafür findet.

(Beifall)

Zurück nach Sachsen-Anhalt. Wir stehen als Koalitionspartner - jetzt folgt ein längeres Zitat; wir haben eine sehr gute Koalitionsvereinbarung an der Stelle getroffen  , für eine verlässliche Finanzierung des Landessportbundes, der Landesfachverbände, der Kreis- und Stadtsportbünde und der Vereine. Die Mittel für die Sportförderung werden in der bisherigen Höhe aufrechterhalten. Die Ausrichtung der Sportförderung auf Schwerpunkt- und Fördersportarten soll fortgeführt und so verstetigt werden, dass in diesen Sportarten eine kontinuierliche Arbeit im Leistungs- und Nachwuchsleistungssport gesichert ist. Integrationsleistungen von Sportvereinen werden in den Förderrichtlinien des Sports besonders berücksichtigt. Die Koalitionspartner stehen dafür, dass die notwendigen Investitionen in bestehende oder neue Sportstätten auch in Zukunft getätigt werden. Die Sportstättenförderung für kommunale und Vereinssportstätten sollen in Höhe des Mittelansatzes des Haushaltsjahres 2016 in dieser Legislaturperiode fortgesetzt werden. - So weit die Theorie des Koalitionsvertrages.

Wie sieht die Praxis aus? - Da können wir als Koalitionsfraktionen selbstbewusst sagen: besser. Es wird zu einer Steigerung der Sportförderung kommen. Dem aktuellen Haushaltsplanentwurf 2022 sind schon die ersten Aufwüchse zu entnehmen. Nach 29,6 Millionen € im Haushaltsjahr 2021 sind für das Haushaltsjahr 2022  31 Millionen € veranschlagt worden. Hinzu kommen noch Verpflichtungsermächtigungen für Investitionen in Höhe von knapp 10 Millionen €. Im Ausschuss für Inneres und Sport ist noch eine weitere Position verabredet worden, nämlich Mittel in Höhe von 7,5 Millionen € für den Laufschlauch in Halle.

Wir unterstützen die Landesregierung bei dem Neustartprogramm. Wir unterstützen sie bei der Förderung nach Köpfen in den Vereinen. Wir werden als Koalitionsfraktionen auch darüber gesprächsbereit sein, ob wir nicht so etwas wie eine Energiepauschale für den Sport brauchen. Wenn am Ende der Sport daran krankt, dass Eltern ihre Kinder nicht mehr zum Sportverein fahren oder Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter nicht mehr kommen können und deswegen Wettbewerbe abgesagt werden müssen, wäre das, glaube ich, ein Trauerspiel.

Ich habe nicht mehr so viel Zeit. Deswegen erwähne ich bloß noch eines: Wir haben im Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass wir prüfen werden, ob der Sport die komplette Autonomie zurückbekommen soll.

Ich hoffe und wünsche mir, dass sich aus dieser Prüfung ergibt: ja. Wir wissen alle, warum es damals eine Konsolidierungsvereinbarung gab. Aber in den vergangenen Jahren, im vergangenen Jahrzehnt haben die handelnden Personen im Landessportbund, das Präsidium, der Vorstand, das Vertrauen, das damals verspielt wurde, zweimal wieder aufgeholt. Deswegen, finde ich, hat der Sport in Sachsen-Anhalt seine Autonomie zurück verdient.

(Zustimmung)

Meine Damen und Herren! Ich habe noch ganz viele andere Sachen. Aber das wird nicht das letzte Mal sein, dass wir uns über den Sport unterhalten. Ich schließe mit dem Wunsch, dass die vielen Sportlerinnen und Sportler aus der Ukraine, die derzeit für die Befreiung ihres Landes vom russischen Joch kämpfen, möglichst bald ihre Waffe gegen ihr Sportgerät tauschen können. Der Welt wäre es zu wünschen.

(Beifall)