Siegfried Borgwardt (CDU):

Danke. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Russland setzt seinen Krieg gegen die Ukraine trotz laufender Verhandlungen fort. Tagtäglich gibt es neue Berichte über Gefechte und Zerstörungen in ukrainischen Städten. Mittlerweile sind nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als 1 000 Zivilisten getötet worden. Deswegen, sehr geehrter Herr Kirchner, können wir hier nicht ruhig bleiben.

(Beifall)

Das ist ein riesengroßer Unterschied. Ich nehme zur Kenntnis, sowohl bei Ihnen als auch bei den GRÜNEN und bei einigen anderen relativiert der Krieg eben auch ideologisch geprägte politische Sichtweisen.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Das ist doch Quark! - Olaf Meister, GRÜNE: Das ist doch! Also!)

Ich sage es hier ganz klar, Freunde.

(Olaf Meister, GRÜNE: Ach!)

  Das meinte ich sogar positiv

(Olaf Meister, GRÜNE: Ja, ja!)

  ich gehe nachher darauf ein  , weil ich es für Realpolitik halte und es eben nicht ein Festhalten an fundamentaler Opposition ist.

Kollegen, mittlerweile sind in Deutschland, auch in Sachsen-Anhalt Frauen angekommen, die gar nicht zu ihren Männern zurückgehen können, weil sie leider Witwen sind und Waisenkinder mitbringen. So einfach sieht das aus. Deswegen müssen wir auch für diesen Personenkreis, sehr verehrter Herr Kirchner, hier eine Möglichkeit finden, dass sie eine würdige Unterkunft haben.

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

- Ja, ja.

Was die Diplomaten gesagt haben, das habe ich mir auch angesehen, ob das die Generalkonsulin ist oder der ukrainische Botschafter in Deutschland.

Dann ist mir klar, dass dort logischerweise auch die Sorge bei denen besteht - sie haben ja einen wesentlich jüngeren Durchschnitt der Bevölkerung  , dass alle diejenigen, die alles verloren haben, natürlich nicht zurückkommen. Das ist mir klar. So.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in der vergangenen Woche per Video vor dem Deutschen Bundestag gesprochen. Auch das war einmalig, muss ich sagen. Zu der Frage, wie das dann ausgegangen ist, kann ich nur die Kritik jedenfalls unserer CDU/CSU-Bundestagsfraktion teilen, die sich sehr gern eine Aussprache darüber gewünscht hätten.

(Zurufe)

Das sage ich ganz klar. Das ist doch klar. Aber     Ja, sehr geehrter Herr Kosmehl, es ist trotzdem ein sehr eigenartiges Verfahren gewesen.

Meine Damen und Herren! Jeder ernsthafte Verhandlungsversuch ist bisher gescheitert. Gespräche über einen möglichen Frieden zwischen dem ukrainischen und dem russischen Präsidenten werden von Russland durch nicht annehmbare Forderungen zusätzlich am jedem Tag erschwert. Je länger der Krieg andauert, desto mehr Menschen werden ihr Leben verlieren. Persönlich macht das mich und meine Fraktion sehr betroffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für die Regierungserklärung, die er bereits Ende Februar zu der Situation in der Ukraine gehalten hat, bin ich unserem Ministerpräsidenten sehr dankbar. Wir haben bereits unmittelbar nach dem Beginn des russischen Angriffes gegen die Ukraine den Bruch des Völkerrechts hier im Hohen Haus verurteilt und ein Ende des Krieges gefordert.

Einen Monat später dauern die Kampfhandlungen unvermindert weiter an. Unseren Koalitionspartnern bin ich dankbar dafür, dass wir diesen gemeinsamen Antrag auf den Weg gebracht haben. Der Antrag widmet sich vielen Themenbereichen. Ich greife nur einige heraus. Es geht unter anderem um die Fortsetzung der schnellen Aufnahme von Schutzsuchenden, um die Unterstützung der Kommunen vor Ort, um die Sicherstellung der Integration in Kitas und Schulen sowie um die Begrenzung des Anstiegs der Energiepreise und die Leistung eines Beitrages zur Ernährungssicherheit. Das haben die Vorredner noch nicht erwähnt. Deswegen habe ich das hier ausdrücklich gesagt. Es gehört zur Wahrheit aber auch dazu, dass wir als CDU-Fraktion uns natürlich noch mehr hätten vorstellen können.

So furchtbar und grausam das Leid in der Ukraine auch ist, so dürfen wir die Folgen für ganz und Europa und damit auch für Deutschland nicht gänzlich aus den Augen verlieren. Aus unserer Sicht bedarf es jetzt weiterer kurzfristiger und stabilisierender Maßnahmen, um die Volkswirtschaften zu unterstützen und um unkontrollierbare inflationäre Entwicklungen zu verhindern. Strom, Gas, Heizung und Benzin gehören nicht nur in Deutschland, aber auch bei uns und besonders auch in Sachsen-Anhalt, zur Grundversorgung, meine Damen und Herren, und müssen deshalb bezahlbar für alle bleiben.

Mir liegt - ich habe es in meinen Kollegen auch geschickt - gerade seit einigen Stunden das Ergebnis des Koa-Ausschusses des Bundes vom 23. März vor. Das hat natürlich zu einigen Veränderungen in meiner Rede geführt. Aber so ist das nun einmal, wenn man nicht mehr an der Regierung im Bund beteiligt ist. Das Maßnahmenpaket     

Sehr geehrte Damen und Herren, das gebe ich gerne zu, das ist aber so. Ich habe mir auch sagen lassen, dass das unter der vorherigen Regierung ein bisschen anders war. Da war man etwas eher eingebunden, zumindest in gewisse Entscheidungsdinge. Aber das ist eben so. Das nehme ich jetzt zur Kenntnis. - So.

Auf jeden Fall begrüße ich es

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das liegt an der Struktur!)

ausdrücklich, liebe Frau Lüddemann, dass wir jetzt wegkommen vom Flickenteppich und von Diskussionen über Gutscheine, über Sonderlösungen

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

oder über Umverteilungslösungen, sondern dass es jetzt konkrete Maßnahmen gibt. Wir werden dann hinterher mal sicherlich die Zeit haben, um darüber zu sprechen. Da wird es auch mit Sicherheit Diskussionen über die Frage geben, was das tatsächlich wie und wo bewirkt hat. Da schauen wir mal, ob wir jetzt was draufkriegen, auch Selbstständige, möglicherweise kriegen ja auch die Kollegen hier im Hohen Haus andere Abschläge beispielsweise für Steuervorauszahlungen, wie ich das mir habe angelesen, und wie wir die dann zurückkriegen. Da schauen wir mal.

Also, wir sind mit Sicherheit nicht die hauptsächlich Bedürftigen. Ich hoffe, es kommt bei denen tatsächlich an - das sage ich hier auch -, die es brauchen, liebe Kollegen.

(Zustimmung)

Zur Verdeutlichung: Nach dem Statistikamt Eurostat sind die Verbraucherpreise im Jahresvergleich um 5,9 % gestiegen. Seit der Einführung der Gemeinschaftswährung, immerhin - einige wissen es wahrscheinlich gar nicht mehr - im Jahr 1999, war die Inflationsrate im Euroraum noch nie so hoch.

Der Klimaökonom und Direktor des Potsdam-Institutes für Klimaforschung Ottmar Edenhofer sieht keine Chance für Deutschland, sich zum jetzigen Zeitpunkt vollständig selbst mit Energie zu versorgen. In der vergangenen Woche machte er in einem Zeitungsinterview deutlich, dass Deutschland auf Kooperationen mit anderen Ländern angewiesen ist.

Jetzt sage ich ganz ausdrücklich: Vor diesem Hintergrund ist die Suche - mein Ausdruck jetzt - des realpolitischen grünen Wirtschaftsministers Habeck nach Alternativen verständlich und aus meiner Sicht auch notwendig.

(Zustimmung)

Das sage ich auch.

(Zuruf: Das ist die Führung!)

Dass diese Suche ihn natürlich in einen Staat geführt hat - - Ich will das jetzt gar nicht näher ausführen, weil meine Vorgänger darauf eingegangen sind. Ich kann mir nur vorstellen, wäre der Bundeswirtschaftsminister bei uns verortet, wie die Presse dann nicht mehr zugegangen wäre mit den Kritiken, die genau von dieser Seite hier alle kommen.

(Zurufe)

Liebe Kollegen! Das ist auch wahr, und das wisst ihr ganz genau. So einfach ist das. Trotzdem sagen wir, weil die Notwendigkeit da ist, wir haben ein gewisses Verständnis dafür, dass man realpolitisch zumindest auch bei den anderen Dingen entsprechend handelt. Ich habe den Livestream mit den drei Ministerpräsidenten gesehen. Ich kann es nachdrücklich, Herr Striegel, auch begrüßen, wie dort Herr Habeck offensichtlich realpolitisch unterwegs war. Ich hoffe, dass das bei anderen grünen Ministern - die eine Ministerin ist ja in Dessau - ähnlich der Fall ist. Schauen wir mal.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Trotzdem gibt es einige interessante - wenn man mal ein bisschen durchzappt und im Wold-Wide-Web nachguckt, findet man sie - Ideen. Ich fange mal mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration Herrn Stamp aus Niedersachsen an. - Nein, Nordrhein-Westfalen.

(Zuruf: Schwarz-Gelb!)

- Entschuldigung, noch Nordrhein-Westfalen.

(Zuruf: Noch Schwarz-Gelb!)

Man muss sich jetzt mal vorstellen, der macht den Vorschlag, liebe Kollegen - ja, die Betroffenheit war klar, der ist in der FDP -, die Schutzsuchenden nicht

(Zuruf)

- ja, ja - nach dem Königsteiner Schlüssel zuzuweisen. Das wären übrigens für Nordrhein-Westfalen 21 %. Da kann ich ihn irgendwo verstehen, aber die halten auch bei anderen 21 % die Hände auf. Darüber muss man dann auch noch mal reden. Es sind also nicht 2,69 % wie bei uns. Und er sagt, die soll man doch am besten auf dem flachen Land, weil wir ja im Osten so viel Fläche haben, möglichst in großen Unterkünften ansiedeln. - Das ist ein interessanter Vorschlag, das muss ich mal sagen.

Genauso gibt es jemanden in Schleswig-Holstein, eine Finanzministerin, die von Eurofeldpostnummern ist. Die kommt auf die glorreiche Idee, für die Dauer von sechs Monaten die GEZ-Gebühr - der müsst ihr mal erklären, dass es gar keine Gebühr mehr gibt, sondern nur noch eine Haushaltsabgabe; aber das ist egal - auszusetzen. Es ist gerade interessant für GRÜNE.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Wir können uns noch daran erinnern, wie sie vor einiger Zeit gewettert haben, als wir einen ähnlichen Ansatz

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

gemacht haben. Liebe Kollegen! Ich sehe also, es ist hier viel in Bewegung Ich hoffe, es kommt bei all denen an, die tatsächlich bedürftig sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Frieden in Europa muss wiederhergestellt werden. Dazu gibt es keinerlei Alternative. Das Vorgehen des russischen Präsidenten ist ein klarer Bruch des Völkerrechtes. Das habe ich damals schon gesagt und wiederhole das heute hier auch. Der Aggressor in diesem Konflikt heißt Putin und nicht etwa das ukrainische Volk,

(Zustimmung)

oder, wie uns einige Glauben machen wollten, die Ukrainer selbst. Das habe ich im Februar gesagt und wiederhole es heute gern. In unserem Koalitionsvertrag haben wir festgehalten, dass unsere Demokratie von gegenseitigem Respekt lebt, der Unantastbarkeit der individuellen Menschenwürde und der Wertschätzung gesellschaftlicher Vielfalt. Ich wünsche mir, dass das bald wieder für den gesamten europäischen Kontinent gilt. - Herzlichen Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zustimmung)