Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Erkrankung an dem Coronavirus ist leider für viele Betroffene auch nach der Genesung von Infektionen oder akuten Symptomen noch lange nicht vorbei. Ich sage immer auch in Richtung AfD-Fraktion: Genesen heißt eben nicht gesund. Auch deshalb sind wir so für das Impfen.

Viele Menschen haben nach einer Covid-Infektion mit längerfristigen physischen und psychischen Beeinträchtigungen zu kämpfen. Dabei bestehen unterschiedliche Symptome einzeln oder in Kombination nach der akuten Phase der Infektion zeitlich längerfristig fort.

Es gibt bisher kein einheitliches Krankheitsbild, was die Situation für die Betroffenen nicht leichter macht. Auch die zugrunde liegenden Krankheitsmechanismen sind letztlich noch nicht abschließend ergründet. Hierzu bedarf es intensiver Forschung und Aufklärung, damit die Betroffenen, wie so oft in der Vergangenheit, nicht als Simulanten abgestempelt oder ausgegrenzt werden.

Das Robert-Koch-Institut erklärt die Begriffe Long-Covid und Post-Covid auf der Internetseite wie folgt: Long-Covid wird nach der bereits Ende 2020 veröffentlichten britischen Leitlinienempfehlung als gesundheitliche Beschwerden definiert, die jenseits der akuten Krankheitsphase einer Coronavirusinfektion von vier Wochen fortbestehen oder auch neu auftreten. Als Post-Covid-Syndrom werden Beschwerden bezeichnet, die mehr als zwölf Wochen nach Beginn der Infektion vorhanden sind und nicht anderweitig erklärt werden können.

Die Weltgesundheitsorganisation hat im Oktober 2021 eine vorläufige Falldefinition veröffentlicht, vorläufig deshalb, weil es immer wieder neue wissenschaftliche Erkenntnisse gibt und hoffentlich auch geben wird. Demnach werden unter Post-Covid gesundheitliche Beeinträchtigungen gezählt, die meist drei Monate nach einer Infektion über eine längere Zeit andauern, ohne dass dafür eine andere Ursache in Betracht kommt.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Dabei können auch Menschen betroffen sein, deren Coronainfektion eher mild oder sogar asymptomatisch verlaufen ist. Die gesundheitlichen Langzeitfolgen einer Infektion betreffen also viele Menschen, auch Kinder und Jugendliche.

Die zumeist genannten Symptome sind: Abgeschlagenheit und Erschöpfung, was oft auch als Fatigue bezeichnet wird, zudem Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, Kurzatmigkeit, Muskelschmerzen und Muskelschwäche sowie psychische Beschwerden wie depressive Symptomatiken und Ängste. Oft verschlechtert sich die Lungenfunktion, es treten Herzmuskelentzündungen, Nieren- und Stoffwechselerkrankungen und/oder Thromboembolien auf.

Den betroffenen Menschen   ja, das ist richtig   muss Unterstützung angeboten werden. Wir, die Gesellschaft, dürfen sie damit nicht allein lassen. Deshalb ist es wichtig   das ist heute bereits mehrfach angesprochen worden  , Informations- und Beratungsstrukturen zu schaffen sowie Behandlungs- und Nachsorgeangebote zu realisieren.

In Sachsen-Anhalt werden derzeit von Long-Covid Betroffene schwerpunktmäßig in den Einrichtungen Median Klinik Flechtingen, Median Klinik, NRZ Magdeburg und im bereits erwähnten Klinikum Bergmannstrost in Halle betreut.

Es sind aber insbesondere auch die Krankenkassen gefordert, die bei den Long-Covid-Fällen Reha-Maßnahmen und weitere ärztliche Maßnahmen durchführen sowie Überweisungen vornehmen, damit es für die betroffenen Menschen keine Odyssee wird. Wir wissen auch, dass insbesondere die GKV zu diesen Krankheitsbildern, damit sie auch finanziell abgebildet werden, weitere Punkte vorgibt.

Ein weiterer Punkt: Ich bitte die Abgeordneten herzlich darum, diesen Antrag, wenn er überwiesen werden soll, nicht nur in den Sozialausschuss, sondern auch in den Wissenschaftsausschuss zu überweisen, weil es sehr wichtig ist, dass Wissenschaft und Forschung vor allem aktiv, finanziell und strukturell gefördert werden, um neue Erkenntnisse zu diesem Krankheitsbild zu gewinnen. - Herzlichen Dank.

(Beifall)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Frau Grimm-Benne. - Es gibt eine Frage? - Herr Gebhardt.


Stefan Gebhardt (DIE LINKE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie haben eben nochmals auf die Einrichtungen hingewiesen und die Zahlen genannt. Es ist ersichtlich, dass es Wartelisten für Menschen gibt, die mit Nachfolgeleiden zu tun haben, ob Post- oder Long-Covid, und die eine Anschlussheilbehandlung brauchen. Oftmals dauert es Monate und es gibt Warterlisten.

Können Sie diesen Menschen insofern Hoffnungen machen, als man sagt, man will als Land jetzt verstärkt aktiv werden und diese Wartelisten abbauen? Gibt es dort konkrete Bemühungen Ihrerseits, oder wie gehen Sie mit diesen Menschen um, die jetzt monatelang auf eine Anschlussheilbehandlung oder Reha-Maßnahme, die sie dringend und schnell bräuchten, warten müssen?


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Grimm-Benne.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Ich habe bereits deutlich gemacht, dass es nicht allein meine Aufgabe ist, das zu schaffen, sondern die Reha-Einrichtungen müssen sich darauf spezialisieren und sie brauchen die Fachärzte bzw. das Fachpersonal, die das erkennen. Außerdem brauchen sie natürlich eine finanzielle Unterstützung bei den Kassen und es muss als Reha- oder weiterführende Maßnahme anerkannt werden muss. An den Kliniken, die Reha anbieten, soll es nicht liegen, aber wir brauchen in diesem Bereich Fachpersonal.

Ich habe an anderer Stelle schon gesagt: Die Pandemie hat uns hinsichtlich der generellen ärztlichen Versorgung gezeigt   es ist ja nicht nur das Krankheitsbild, das auf Wartelisten steht, um behandelt zu werden  , dass dies ein grundlegendes Problem ist.

Wir hoffen, das Problem im Bund zukünftig zu lösen, weil wir sonst sehr viele chronische Erkrankungen nicht mehr adäquat behandeln können. Dabei ist Long-Covid nur ein Krankheitsbild, das noch hinzukommt. Ich bin in diesem Bereich zu jeder Unterstützung bereit, die ich geben kann, aber es sitzen noch mehr Spieler am Tisch, nicht nur die Sozialministerin.

(Zuruf von Stefan Gebhardt, DIE LINKE)