Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Jugendlichen an ihren Schulen Informationen zur Coronaimpfung anzubieten, dort auch Impfangebote vorzuhalten und junge Menschen über soziale Medien anzusprechen, das haben wir Bündnisgrünen frühzeitig gefordert. Wir begrüßen es sehr, dass hier im Land mittlerweile eine entsprechende Kampagne läuft.

Aufsuchende Gesundheitsberatung an der Schule ist nichts Neues, sondern durchaus Normalität, zum Beispiel bei den Reihenuntersuchungen zur Zahngesundheit. Die kennen wir seit Jahrzehnten. Gerade Jugendlichen steht eine eigene, evidenzbasierte Ansprache zu Gesundheitsfragen, unabhängig von ihren Eltern und der Meinung ihrer Eltern, zu.

(Zurufe)

Sie sind regelmäßig ab einem Alter von etwa 14 Jahren berechtigt, Gesundheits-, auch Impfentscheidungen selbst zu treffen. Es ist wichtig, sie mit objektiven, dem Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse entsprechenden Informationen in die Lage zu versetzen, diese eigenen Entscheidungen fundiert zu treffen. Das ist nicht Propaganda, das ist Bildung.

(Zustimmung)

Wenn dann noch alle Impfzentren mitziehen und die Rechtslage zur eigenverantwortlichen Impfentscheidung von einwilligungsfähigen Jugendlichen endlich überall umgesetzt wird, sind wir einen guten Schritt weiter, um die Impfquote weiter zu erhöhen.

Damit sind wir auch bei dem entscheidenden Thema: die Impfquote. Leider ist sie, gemessen an der Gesamtheit der Bevölkerung, noch immer zu niedrig, um die Pandemie zu beenden. Dass zwei Jahre nach ihrem Beginn und ein und ein Vierteljahr nach der ersten Zurverfügungstellung von Impfstoffen noch immer ein Viertel der Bevölkerung ohne Schutz durch die Impfung ist, ist sicherlich Folge der durch Verhetzung und Desinformation geprägten Debatte um die Impfstoffe und die enorme Verunsicherung, die daraus folgte.

Das ist ein Problem - individuell, was die Infektionswahrscheinlichkeit und die Krankheitsschwere betrifft, und für die Gesellschaft, bezogen auf die Belastungen des Gesundheitssystems, den Schutz der Vulnerablen und die Dauer der Pandemie. Denn sie endet nicht, wenn hier jemand die Freiheit ausruft. Sie schlägt zurück, wenn wir unseren Schutz vernachlässigen, und treibt uns immer und immer wieder in die Notwendigkeit von einschränkenden Maßnahmen mit all den Folgen, die wir alle nicht mehr ertragen können und wollen. Der beste Schutz davor ist neben den Basismaßnahmen, zu denen explizit auch das Masketragen gehört, die Impfung.

Niemand kann mit der Aussicht auf eine so gravierende Entscheidung wie eine allgemeine Impfpflicht, glücklich sein. Ich denke, kein einziger Bundestagsabgeordneter, mit Ausnahme derjenigen von der AfD, macht sich diese Entscheidung leicht. Nicht umsonst liegen verschiedene Gesetzentwürfe vor, die jeweils von Abgeordneten verschiedener Fraktionen unterstützt werden. Grundsätzlich steht für mich aber außer Frage: Nachhaltig kommen wir alle nur mit einer deutlich höheren Impfquote aus dieser Pandemie. Diese höhere Impfquote scheint es leider nur mit einer Impfpflicht zu geben. Sie wäre das deutlich mildere Mittel, die Pandemie endlich in den Griff zu kriegen, als immer wieder Schließungen und Einschränkungen.

Beide hier vorliegenden Anträge der AfD strotzen, wie immer, vor aus dem Kontext gerissenen Halbinformationen. Ein Beispiel: In der Begründung zu Ihrem Antrag warnen Sie vor dem Risiko einer Myokarditis durch die Impfung. Es stimmt, das kommt vor. Wenngleich diese weit überwiegend folgenlos ausheilen, ist jeder dieser Fälle eine beachtenswerte Nebenwirkung mit nicht kleinzuredenden Folgen für die Betroffenen. Myokarditis ist ebenfalls die mögliche Folge einer Infektion bei Covid-19. Die Deutsche Herzstiftung schreibt dazu aktuell auf ihrer Website: Das gesundheitliche Risiko durch eine Covid 19-Impfung ist in jeder Altersklasse sehr viel höher als das Risiko einer Myokarditis durch die Impfung.

So wird das Myokarditisrisiko durch eine Covid-19-Erkrankung um mindestens das Vierfache höher beschrieben als das einer impfbedingten Herzmuskelentzündung - mindestens. Das heißt, mindestens das Vierfache in der Gruppe der jungen Menschen, die eben häufig nicht so schwer erkranken. Zudem erhöht sich für Ungeimpfte das Risiko für andere Herzrisiken deutlich, etwa Herzrhythmusstörungen und Herzinfarkt, sowie für akute Nierenschäden und Lungenembolien infolge einer Infektion.

Wahrscheinlich wissen Sie das nicht. Oder   das halte ich für wahrscheinlicher   Sie lassen es bewusst unerwähnt. Beides wird Ihrem besserwisserischen Tonfall hier niemals gerecht. Sie werfen sich immer so in die Brust, als würden Sie die Gesamtsituation der Coronapandemie besser verstehen als all die Expertinnen und Experten, die teils seit Jahrzehnten in ihren Professionen forschen und arbeiten. Vielleicht sollten Sie lieber einmal den Dunning-Kruger-Effekt googlen,

(Lachen und Zustimmung)

statt hier regelmäßig Videos zu produzieren, die sich ausschließlich an Ihr Publikum auf TikTok richten.

Beide Anträge sind selbstredend abzulehnen. - Vielen Dank.

(Zustimmung)