Olaf Meister (GRÜNE):

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine enge und freundschaftliche Zusammenarbeit mit Russland liegt nicht nur in unserem vitalen Interesse, sondern ist ein ganz zentrales Element des Projekts einer europäischen Verständigung. Deutschland hat schon aufgrund seiner Geschichte diesbezüglich eine besondere Verantwortung.

Ich hatte schon in der Vergangenheit Gelegenheit   der vorliegende Antrag wird in einer gewissen Regelmäßigkeit gestellt  , darauf hinzuweisen, dass wir die Folgen des Zweiten Weltkriegs erst dann überwunden und die Lehren daraus herausgezogen haben, wenn es uns gelingt, die enge Zusammenarbeit und Partnerschaft, die wir in Mittel- und Westeuropa erreicht haben, nämlich vom Erbfeind zum Freund und Partner, in welcher konkreten Form auch immer mit Russland zu erreichen. Dazu gehören auch die im Antrag angesprochenen Wirtschafts- und Wissenschaftsbeziehungen, aber auch vieles mehr, bspw. Kultur, Bildung und Sicherheit.

Das Problem ist aber aktuell die Haltung Russlands.

(Zustimmung)

Der Friedensprozess in Europa ist getragen von einem ganz wesentlichen Element: Die Herrschaft des vermeintlich Stärkeren wurde abgelöst durch die Herrschaft des Rechts.

(Zustimmung)

Statt rollender Panzer und Einflusszonen haben wir multinationale Vereinbarungen, Institutionen und rechtsstaatliche Verfahren. Ein großer zivilisatorischer Sprung, der uns mehr als 70 Jahre Frieden brachte.

Russland, also die Putin-Administration, agiert anders. Zur Durchsetzung eigener Auffassungen ist Krieg ein Mittel der Wahl, also die Krim, die Ostukraine und der aktuelle Aufmarsch. Außenministerin Baerbock hat es in Moskau treffend bezeichnet: Es ist schwer, das nicht als Drohung zu verstehen.

(Zustimmung)

Wir müssen in der Lage sein, solche krassen Grenzüberschreitungen deutlich zu beantworten und mit Konsequenzen zu versehen. Militärisches Säbelrasseln verbietet sich. Die Konsequenzen für alle Beteiligten sind unabsehbar. Wir brauchen aber zivile Reaktionsmöglichkeiten. Eine zivile Reaktionsmöglichkeit sind die Sanktionen. Wir brauchen sie und müssen sie im Interesse der europäischen, aber auch der nationalen Sicherheit überlegt und mit aller Konsequenz anwenden.

Der Antrag der AfD geht völlig ins     Es ist völlig aus der Zeit gefallen, jetzt einen solchen Antrag einzubringen. Wir befinden uns mit dem Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze in einer wirklich krisenbehafteten Situation. Wir wissen nicht, was nächste Woche ist, und Sie kommen mit einem Antrag um die Ecke, der eine Belohnung aussprechen soll und sagen, so, das machen wir nicht.

(Zustimmung)

Der Antrag der LINKEN   ich finde, das ist schwierig   verkennt die Problemlage komplett. Russland verfolgt im Moment imperiale Ziele. Es geht tatsächlich um eine Einflusszone, die definiert wird und diese wird notfalls mit militärischer Gewalt eingenommen oder zumindest werden die Staaten mit militärischer Drohung gefügig gemacht.

Vor diesem Hintergrund kann man nicht sagen, wir leiten jetzt ein OSZE-Verfahren ein und dann kommt es zu russischen Sicherheiten. Welche russischen Sicherheiten sind das?

(Zustimmung)

Es ist doch naiv anzunehmen, dass man ohne etwas in der Hand zu haben, in die Verhandlung gehen kann. Meint ihr Putin wird, weil ihr so nett seid und um der alten Verbindungen willen     Nein, so wird das nicht laufen. Man muss bereit sein, die Härte, die das mit sich bringt, zu akzeptieren. Wir brauchen ein Mittel und wir müssen als Europa gemeinsam stehen, und das im zivilen Bereich, d. h., Sanktionen als Möglichkeit tatsächlich zu akzeptieren. - Meine Redezeit ist um. Ich glaube, das Wesentliche ist gesagt.

(Zustimmung - Zuruf)

- Wenn Du eine Frage stellst, dann kann ich dazu etwas sagen. - Es gibt eine Frage.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Bitte.


Ulrich Thomas (CDU):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrter Herr Meister, ich habe Ihnen aufmerksam zugehört, und ich denke, wir sind uns darin einig, dass Sanktionen das Ergebnis von gescheiterten diplomatischen Versuchen sind, den Konflikt zu entschärfen.


Olaf Meister (GRÜNE):

Ja, Sanktionen sind ein nachgeordnetes Mittel. Natürlich sind erst einmal andere Dinge zu versuchen. Man versucht, Probleme diplomatisch zu lösen. Das ist nicht geglückt.

Das Ziel der Sanktionen   das hat der Kollege Gebhardt immer falsch dargestellt   ist nicht, Demokratie nach Russland zu bringen. Was wäre es für eine Anmaßung, wenn wir anfangen, Sanktionen in eine solche Richtung zu verhängen, weil wir die inneren Verhältnisse in einem Land ändern wollten? Die Sanktionen wurden verhängt, weil Russland sich nicht an internationale Regularien hält und in andere Länder einmarschiert. Das ist der Anlass für die Sanktionen.

Solange das Problem nicht weg ist, kann man nicht ohne Weiteres von den Sanktionen runter. Mit Blick auf die Frage, wie das Problem gelöst wird, wäre ich entspannt. Das ist ein Verhandlungsprozess, den man führen muss. Das Ergebnis ist offen. Aber jetzt einfach zu sagen, wir nehmen unsere Sanktionen zurück, das war nicht so gemeint, marschiert irgendwo ein, wenn es euch     Das geht nicht. Wenn wir so agieren würden, dann ist unsere eigene nationale Sicherheit betroffen. Darüber, dass euch das ein Grüner sagen muss, müsst ihr einmal nachdenken.

(Zustimmung)