Andreas Silbersack (FDP):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ja, dieses Thema ist natürlich insofern ein herausforderndes Thema, als wir natürlich unterschiedliche Konstellationen haben, eine Ampel im Bund und eine Deutschland-Koalition im Land. Das, was wir von der hoch geschätzten Frau Dr. Pähle gehört haben, ist natürlich, dass die GRÜNEN und die CDU neu lernen müssen. Aber, liebe Katja Pähle, es ist natürlich auch wichtig, eine gewisse Selbstreflexion vorzunehmen und Demut an den Tag zu legen.

(Zustimmung)

Das habe ich in deiner Rede leider vermisst. Ich hätte mir gewünscht, wenn in der Rede auch vorgekommen wäre, dass man sagt, wir haben mitregiert, wir sind Teil des Ganzen, auch hier im Bundesland Teil des Ganzen.

(Zuruf: Das hat sie gesagt! - Dr. Katja Pähle, SPD: Das habe ich gesagt!)

Es ist eben wichtig, diese Dinge zu reflektieren und nicht nur auf die anderen zu schauen. Deshalb ist es eine große Herausforderung, die wir einfach haben. Deshalb sind Korrekturen einfach erforderlich.

Wenn wir jetzt sagen, im Bund, in Berlin, wird quasi ein neuer Startschuss gegeben, dann sagen wir das als Liberale auch. Wir wollen es auch. Es ist aber wichtig, sich nicht hinzustellen und zu sagen: Das, was in der Vergangenheit war, interessiert uns nicht mehr. Wir alle sind Teil des Ganzen, insbesondere die SPD. Das muss man klar sagen.

(Zustimmung)

Insofern würde ich mir einfach wünschen, dass dieses Thema der Selbstreflexion uns alle betrifft. Das bezieht sich natürlich auch auf die AfD. Sehr geehrter Herr Kirchner, was Sie hier abgelassen haben, ist Populismus in Reinform.

(Beifall - Zuruf: Och, nee! - Weitere Zurufe)

Ich muss ganz ehrlich sagen, in der Wortwahl, im Herangehen, in den Beispielen, in den Wortbildern bedienen Sie in einer Art Instinkte, die einer politischen Verantwortung in keiner Weise gerecht wird, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Sie bezichtigen andere der Angstmacherei,

(Oliver Kirchner, AfD: Ja!)

der Furcht,

(Oliver Kirchner, AfD: Ja! - Zurufe: Ist ja so! - Tatsache!)

aber Sie selbst machen das in Reinform.

(Beifall - Zurufe)

Insofern würde ich Ihnen auch etwas mehr Demut wünschen, vielleicht Selbstreflexion. Alle hier im Hause wollen mit ihren Kindern und Enkelkindern feiern, soweit sie schon welche haben. Ich glaube, das ist wichtig. Das ist eben Verantwortung von Politik.

(Oliver Kirchner, AfD: Genau!)

Indem Sie, wie gesagt, mit Plattitüden auf andere hauen,

(Oliver Kirchner, AfD: Nee, Eigenverantwortung!)

wird die Politik nicht besser. Insofern würde ich mir wünschen, Herr Kirchner,

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

dass Sie in Zukunft vielleicht einfach länger darüber nachdenken, was Sie sagen, und konstruktive Vorschläge dazu machen, wie es gemacht werden soll; denn wenn man Politik allein dadurch betreibt, dass man den anderen in den Senkel stellt, dann ist noch nichts gewonnen.

(Beifall - Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Das möchte ich Ihnen einfach einmal ganz deutlich sagen.

(Ulrich Siegmund, AfD: Wir haben viele Vorschläge gemacht!)

Das, was ich sagen möchte zum Verhältnis von Bund und Land, ist, dass die drei Parteien sowohl im Land als auch im Bund außerordentlich konstruktiv ihre Koalitionsverhandlungen geführt haben. Das ist nicht selbstverständlich. Ähnlich wie vor einigen Monaten in Sachsen-Anhalt ist es allen Beteiligten in Berlin gelungen, auf Augenhöhe respektvoll miteinander umzugehen und lösungsorientiert zu verhandeln.

(Zustimmung)

Diese Umgangsform ist sehr zu loben und sollte auch für künftige Verhandlungen auf Landes- sowie Bundesebene nicht nur ein Vorbild, sondern ein genereller Maßstab sein.

Gerade Koalitionsverhandlungen von drei Parteien stellen eine noch größere Herausforderung dar. Wir alle kennen die Differenzen in so manchen Punkten bei den beteiligten Parteien. Oftmals hat man dasselbe Ziel, nur der Weg dahin ist ein anderer. Wenn man es dann schafft, konstruktiv Kompromisse im Sinne der Bürger unseres Landes zu erarbeiten, dann macht das gute Politik aus, meine Damen und Herren.

Ich möchte für die Liberalen ganz klar sagen, wenn wir allein die Bundestagswahl gewonnen hätten, dann würden wir zu 100 % unsere liberalen Ziele durchgesetzt haben,

(Lachen - Zuruf: Größenwahn! - Weitere Zurufe)

aber zur Wahrheit gehört eben auch, dass wir zwei Koalitionspartner haben. Deshalb muss man Kompromisse schließen.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das ist für das Land auch besser! - Zuruf: Darum macht ihr alles mit!)

- Nein, genau das ist der Unterschied. Wenn man bereit und fähig ist, Kompromisse zu schließen und von den eigenen Zielen nicht 100 %, sondern vielleicht nur 80 % oder 75 % hinzubekommen, dann ist das die Fähigkeit, für ein Land politisch zu handeln, meine Damen und Herren.

(Zustimmung)

Die neue Bundesregierung wurde in äußerst schwierigen Zeiten gebildet und steht vor enormen Herausforderungen. Das wurde bereits gesagt.

Absolute Priorität hat jetzt die Bewältigung der Coronapandemie. Wir müssen unsere Wirtschaft in Sachsen-Anhalt und im Rest der Republik auf die Beine bekommen, um unseren Wohlstand zu erhalten. Nur so können auch die Ressourcen für künftige Investitionen erwirtschaftet werden.

Die Digitalisierung nahezu aller Lebensbereiche ist noch lange nicht dort, wo sie sein müsste. Dazu kommen noch der Fachkräftemangel, die Energiewende, wichtige außenpolitische Fragen wie der Umgang mit Russland und China, aber vor allem die Herausforderungen im Bereich des Umweltschutzes und des Klimawandels.

„Mehr Fortschritt wagen“, diesen Titel trägt der Koalitionsvertrag. Nach Durchsicht kann man davon überzeugt sein, dieser Koalitionsvertrag gibt die richtigen Antworten auf diese Fragen, meine Damen und Herren: keine Steuererhöhungen oder neue Steuern, Rückkehr zur Schuldenbremse ab dem Jahr 2023, Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung.

Wenn wir uns allein vorstellen, dass jedes Jahr 100 Milliarden € in die Rentenversicherung fließen müssen, dann ist es an der Zeit, dass wir über eine neue Form dieses Systems nachdenken und auch entsprechend handeln, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Ein Digitalpakt 2.0 ermöglicht es, unbürokratisch veraltete Technik auszutauschen sowie neue Hardware an den Schulen anzuschaffen - ganz wichtig; das Thema Bildung für uns alle.

Auf der Basis eines Punktesystems wird irreguläre Migration reduziert und reguläre Migration ermöglicht, eine Möglichkeit, dem Fachkräftemangel entschlossen entgegenzutreten. Ja, es ist richtig, dass wir uns andere Länder anschauen, wie sie es machen. Das orientiert sich eben an Kanada. Es wird eben geschaut, wer hierherkommt, wie gut er die deutsche Sprache kann, welche Qualifikation er hat. Dieses Punktesystem ist ein Punktesystem, das wir für Deutschland übernehmen können. Das ist genau richtig.

(Zustimmung)

Jetzt geht es natürlich auch um Sachsen-Anhalt. Es war ja auch der Ansatz der SPD-Fraktion zu schauen: Was können wir übernehmen, was ist wichtig für uns? Ich glaube, dass dieser Koalitionsvertrag enorm viel für dieses Land Sachsen-Anhalt bietet, gerade weil wir in einem besonderen Transformationswechsel stecken.

Das erste Thema ist natürlich das Thema Energie, das Thema Wasserstoff. Im Koalitionsvertrag der Ampelregierung wird unter dem Aspekt der erneuerbaren Energien die wichtige Rolle des Wasserstoffs betont. Unter anderem soll die Wasserstoffstrategie fortgesetzt werden. Das Ziel ist ein schneller Markthochlauf. Vor allem in Bezug auf die Energiewende und den Strukturwandel in Sachsen-Anhalt ist Wasserstoff von enormer Bedeutung.

Wir wollen den Heimatmarkt stärken und eine schnelle Einbettung unserer nationalen Wasserstoffstrategie in eine europäische Gesamtstrategie erreichen. Sonnen- und windreiche Regionen bieten enormes Potenzial, um grünen Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe auf der Basis erneuerbarer Energien herzustellen.

Wir als Liberale sagen, wir wollen diesen Fortschritt. Wir gehen selbstverständlich mit. Wir sagen aber auch, für uns ist es wichtig, dass wir Brückentechnologien sichern. Auch das steht im Koalitionsvertrag des Bundes. Gas spielt hierfür eine ganz wesentliche Rolle, um natürlich auch die Versorgungssicherheit

(Zuruf: Oh!)

erhalten zu können.

(Zustimmung - Zuruf von Hendrik Lange, DIE LINKE)

Als zweites Thema möchte ich - für mich natürlich ein besonders wichtiges, ein Herzensthema   das Thema Sport benennen. Auch im Koalitionsvertrag in Berlin wird das Thema Sport sehr stark angesprochen. Gerade in Coronazeiten hat es eine wesentliche und wichtige Bedeutung.

(Zuruf: Sportausschussvorsitzender!)

Im Koalitionsvertrag wurde erkannt, dass der Sport nicht nur zum Sporttreiben und zur Hochleistung erforderlich ist, sondern auch zur Gesunderhaltung. Deshalb ist das Thema Sport etwas, das nicht nur für den Bund von Bedeutung ist, sondern auch für das Land Sachsen-Anhalt, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Deshalb   das sei mir gestattet   hoffe ich, dass wir im kommenden Jahr einmal eine Diskussion über Themen des Sports, über seine Wirkung und Wichtigkeit für Kinder, Jugendliche und Junggebliebene in diesem Hohen Haus haben werden.

Wichtig ist   an dieser Stelle möchte ich es einfach sagen, weil es im Koalitionsvertrag steht   das Thema Großsportveranstaltungen in Deutschland.

Man muss sagen, dass das Thema Großsportveranstaltungen unter den Koalitionären gar nicht so einfach war. Aber in einer Sache war man sich einig, nämlich darin, dass die Special Olympics World Games 2023 Berlin für Deutschland eine wesentliche Bedeutung haben, gerade was geistig und mehrfach Behinderte betrifft. Das ist auch eine Chance für Sachsen-Anhalt.

Ich möchte es an der Stelle sagen, weil es möglicherweise die meisten nicht wissen: Sachsen-Anhalt hat sich für die Special Olympics World Games mit insgesamt neun Standorten beworben, um „Host Town“, d. h. Heimstätte, für andere Nationen zu werden. Das bedeutet, wir haben die Möglichkeit, in Sachsen-Anhalt neun Länder zu begrüßen. Hoffentlich bekommen wir so viele Standorte   es gibt ein Ranking von insgesamt 180 Städten in ganz Deutschland  , mit denen wir Sachsen-Anhalt der Welt in dem Rahmen präsentieren können.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns die Chance ergreifen und die Special Olympics World Games für Sachsen-Anhalt nutzen.

Das nächste Thema betrifft    


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Nein, danke. Das nächste Thema ist das Ende.

(Lachen - Zuruf)


Andreas Silbersack (FDP):

Gut. Der letzte Satz lautet: Ich denke, das ist unsere große Chance, den Koalitionsvertrag im Bund mit den Themen hier im Land zu verbinden. Wichtig ist dabei, dass wir aufgrund der unterschiedlichen Konstellationen Dinge gemeinsam tragen und nicht den Bund gegen das Land ausspielen. Wir sind ein Parlament. - Danke.

(Beifall)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. Herr Silbersack, Sie bekommen die Chance, Ihre Redezeit zu verlängern. Herr Lieschke hat nämlich eine Frage.


Andreas Silbersack (FDP):

Gern.


Matthias Lieschke (AfD):

Sie sagten in Ihrer Rede, Gas sei für Sie als FDP für die Versorgungssicherheit enorm wichtig. Wie sehen Sie die Position von Frau Baerbock, die Nord Stream 2 definitiv ablehnt? Das passt nicht wirklich zusammen. Wie sehen Sie persönlich das hier im Landtag?

(Zuruf)


Andreas Silbersack (FDP):

Ich bin kein Feind davon, Nord Stream 2 abzulehnen. Ich habe schon immer gesagt, dass ich viel davon halte, eine enge Partnerschaft mit Russland zu pflegen. Osteuropa ist in der Geschichte des Landes Sachsen-Anhalt von ganz wesentlicher Bedeutung. Wir sollten darüber nachdenken, dass das auch in der Zukunft so sein wird.

(Beifall)