Eva Feußner (Ministerin für Bildung):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf den Antrag eingehe, möchte ich den Mitgliedern des Finanzausschusses meinen Dank aussprechen. Sie haben am 6. Dezember 2021 die Inanspruchnahme von Verpflichtungsermächtigungen in der notwendigen Höhe gebilligt, sodass jetzt unmittelbar der Aufruf für die nächste zweijährige Fortführung von Schulsozialarbeit haushaltsrechtlich möglich wird. - Vielen Dank.

(Zustimmung)

Mit diesem Beschluss konnte ein maßgebliches Zeichen gesetzt werden, das in der aktuellen Situation auch aus meiner Sicht dringend erforderlich ist. Schulsozialarbeit ist und bleibt eine wichtige Voraussetzung, um gelingende Bildungsbiografien und eine ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung unserer Landeskinder zu erzielen. Vor dem Hintergrund vielfach schwieriger individueller Problemlagen entsprechen dieser Beschluss und die kommende Ausschreibung daher einer bedeutsamen bildungs- und auch jugendpolitischen Investition in die Zukunft.

Schulsozialarbeit ist ein unverzichtbares Bindeglied geworden, das das Gesamtsystem Bildung, Erziehung, Beratung und Betreuung entscheidend verbessert hat. Der Bedeutung und der Leistung von Schulsozialarbeit sind sich auch die Landkreise und kreisfreien Städte bewusst, was sich nicht nur durch den Einsatz eigenfinanzierter Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter in mehr als der Hälfte der Landkreise und kreisfreien Städte zeigt.

Deshalb kann ich die Kritik, Frau Hohmann, dass man sich das nicht leisten kann, überhaupt nicht nachvollziehen. Die Kommunen machen immer wieder deutlich, wie wichtig die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter sind.

(Zuruf: Das hat doch damit nichts zu tun!)

Die Kommune, die Träger dieser Verantwortung ist, muss dann dazu auch einen entsprechenden Beitrag leisten.

(Zuruf: Das ist doch nicht unsere Kritik, sondern die der kommunalen Spitzenverbände!)

Das Engagement der Landkreise und kreisfreien Städte zeigt nämlich, dass die Aufgabe auch künftig nur gemeinsam erfüllt und finanziert werden kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Sie wissen, sind die EU-rechtlichen Vorgaben maßgeblich für die Umsetzung von EU-Förderprogrammen zuständig. Seit Beginn der vorbereitenden Arbeiten im Jahr 2018 für die Maßnahme „Schulerfolg sichern“ wurde deshalb kommuniziert, dass in der EU- Förderperiode 2021 bis 2027 eine Beteiligung der Kommunen erforderlich ist, da mit dem neuen § 13a SGB VIII Schulsozialarbeit nunmehr als Angebot der Kinder- und Jugendhilfe ausdrücklich benannt wird und dem Zuständigkeitsbereich der Landkreise und kreisfreien Städte als öffentlichen Jugendhilfeträgern zugewiesen bleibt.

Die Landesregierung hat mit ihrem Beschluss zu Beginn des Jahres 2020 schon sehr frühzeitig für die kommende Förderperiode mit dem Programm „Schulerfolg sichern“ erneut eine deutliche inhaltliche und finanzielle Schwerpunktsetzung in der strategischen Ausrichtung vorgenommen und diesen Schwerpunkt trotz der schwierigen Haushaltssituation des Landes beibehalten.

In dieser Legislaturperiode erfolgt, wie Sie wissen, über den Koalitionsvertrag bereits eine gewisse Privilegierung der Kommunen dahin gehend, dass das Finanzausgleichsgesetz nicht unter Haushaltsvorbehalt steht, sodass diese Zahlungen sichergestellt werden können.

Neben der künftig vorgesehenen Anrechnungsmöglichkeit von eigenfinanzierten Schulsozialarbeitenden für die Darstellung des kommunalen Eigenanteils ist es im Übrigen gemäß Abstimmung innerhalb der Landesregierung nicht ausgeschlossen, die Mittel aus dem Kinder- und Jugendhilfegesetz des Landes seitens der Kommunen für die Kofinanzierung heranzuziehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss. Zur Finanzierung der Förderrichtlinie und zu den Netzwerkstellen habe ich bereits umfassend am 2. Dezember im Bildungsausschuss Bericht erstattet und, wie ich glaube, alle Fragen beantwortet.

Der fast inhaltsgleiche Selbstbefassungsantrag der LINKEN ist dort für erledigt erklärt worden. Aber ich stehe Ihnen gern auch noch in der nächsten Sitzung des Bildungsausschusses für Fragen zur Verfügung, wenn aus Ihrer Sicht Fragen offengeblieben sind. Ich bin auch gern bereit, mit Ihnen noch einmal über die Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit zu diskutieren und einiges dazu darzulegen. - Vielen Dank.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Feußner, Sie haben die empfohlene Redezeit um beinahe die Hälfte überschritten. Ich stelle das jetzt aber nicht fest, sondern erwähne es nur.

(Lachen - Zuruf)

- Das ist ein Unterschied. Außerdem haben Sie jetzt das Glück, dass Herr Lippmann und Frau Anger Fragen angemeldet haben. - Herr Lippmann, bitte.


Thomas Lippmann (DIE LINKE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Ministerin, Sie haben eben selbst erwähnt, dass im Bildungsausschuss ein Selbstbefassungsantrag zu diesem Thema behandelt worden ist, der dort für erledigt erklärt worden ist, weil wir nach der Richtlinie und nach ganz vielen Einzelsachverhalten gefragt haben, die, soweit möglich, beantwortet werden konnten.

Gleichwohl haben wir dort auch gefragt, ob das Ministerium einen Plan B hat, wenn sich zeigen sollte, dass die Kommunen nicht in der Lage sind, die Eigenanteile vollständig oder eben nur teilweise oder gar nicht aufzubringen. Wie wird dann mit den Kontingenten für die Schulsozialarbeiter, die den Kommunen aufgrund der Schülerzahl zugewiesen werden, umgegangen? Werden diese Stellen dann gegebenenfalls anders verteilt? Ihre Mitarbeiterin hat auf diese Fragen hin vermittelt, dass es keinen Plan B gibt, weil sie davon ausgeht, dass die Kommunen das finanzieren können.

Nun haben wir aber andere Signale bekommen; denn sonst hätten wir den Antrag nicht gestellt. Deswegen frage ich Sie jetzt: Welche Signale haben denn Sie erhalten, dass Sie davon ausgehen können, dass es genau diese Probleme in den Kommunen nicht geben wird, dass die Kommunen also Ihre Eigenanteile aufbringen können und dass die Kontingente so, wie Sie sie zuweisen werden, tatsächlich ausgeschöpft werden.

(Zuruf)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Feußner, bitte.


Eva Feußner (Ministerin für Bildung):

Ich glaube, Herr Lippmann, eine Kommune kann es sich nicht leisten zu sagen, ich bringe den Eigenanteil nicht auf und nehme in Kauf, dass die Schulsozialarbeit im Landkreis oder in der Kommune nicht mehr stattfindet. Das ist ureigenste Aufgabe   ich habe es eben vorgetragen   der Kommune. Wir als Land finanzieren über die EU-Mittel 60 % und helfen den Kommunen. Wenn eine Kommune sagt, das will ich nicht mehr, dann muss sich die Kommune gegenüber ihren Schulen verantworten. Sie sind Träger der Schulen und nach dem SGB für die Schulsozialarbeit verantwortlich. Wir unterstützen die Kommunen.

(Zuruf)

Sie drehen das alles um. Die Kommune dreht das auch gern um und sagt, ja, weil ihr das früher einmal finanziert habt, muss das immer so weitergehen. Aber das ist ureigenste Aufgabe der Kommunen. Wenn ein Landkreis oder eine Stadt oder eine Kommune, die Schulträger ist, sagt, dazu bin ich nicht bereit, dann müssen sie vor den Eltern und den Schülern verantworten, dass sie keine Schulsozialarbeiter mehr finanzieren wollen. Dann möchte ich einmal sehen, welche Kommune das tut.

(Thomas Lippmann, DIE LINKE: Die kommunalen Spitzenverbände sehen das nicht so!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Nein, Herr Lippmann, so nicht! - Jetzt ist Frau Anger dran.


Eva Feußner (Ministerin für Bildung):

Die unterschiedlichen Sichtweisen, Herr Lippmann, muss ich nicht alle mittragen. Das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen.

(Zustimmung)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Anger, Sie haben das Wort.


Nicole Anger (DIE LINKE):

Vielen Dank. - Frau Feußner, Sie haben eben in dem Nachtrag gesagt, dass die Kommunen dafür zuständig sind, und Sie haben sich auf den neuen § 13a des SGB VIII bezogen. Der § 13a des SGB VIII sagt aber, dass das durch Landesrecht geregelt werden soll. Nach meinem Kenntnisstand haben wir diese Regelung noch nicht, weil das Ausführungsgesetz zum SGB VIII noch nicht vorliegt. Woher nehmen Sie den Kenntnisstand, dass die Kommunen zuständig sind?


Eva Feußner (Ministerin für Bildung):

Das werden wir als Land so schnell wie möglich bereinigen. Das werden wir tun.

(Zurufe)

Ich will noch auf eines hinweisen: Schauen Sie einmal in das Schulgesetz von Sachsen. Darin steht auch klar, dass sich die Kommunen entsprechend zu beteiligen haben, und wir werden das als Land auch gesetzlich auf den Weg bringen.