Tagesordnungspunkt 14

Beratung

Kein vorzeitiger Ausstieg - Kohlestandort Sachsen-Anhalt langfristig erhalten

Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/441


Einbringen wird den Antrag Herr Dr. Moldenhauer.


Dr. Jan Moldenhauer (AfD):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Weihnachten steht vor der Tür, doch für Tausende Sachsen-Anhalter und ihre Familien wird es kein schönes und besinnliches Weihnachtsfest geben; denn Tausende Bürger und ihre Angehörigen sind in Sorge. Sie sind in Sorge, weil ihre Arbeitsplätze, die direkt oder indirekt vom Kohlestandort Sachsen-Anhalt abhängig, gefährdet sind. Erneut haben die Altparteien etwas versprochen und erneut haben sie ihr Versprechen gebrochen.

Der mühsam ausgehandelte Kohlekompromiss wurde von der neuen Bundesregierung aufgekündigt. Statt im Jahr 2038 soll der bundesweite Kohleausstieg nun bereits im Jahr 2030 erfolgen,

(Zurufe: Ja! - Ja doch, Mann!)

mit dramatischen Konsequenzen für die betroffenen Arbeitnehmer, für die Energieversorgungssicherheit, für die Energiepreise und für den Wirtschaftsstandort Sachsen-Anhalt.

Niemand hat die Absicht eine Impfpflicht einzuführen. Niemand hat die Absicht, vor dem Jahr 2038 aus der Kohle auszusteigen. - Liebe Sachsen-Anhalter, trauen Sie den Politikern der Altparteien nicht.

(Zustimmung)

Unter dem Begriff des Strukturwandels werden erneut blühende Landschaften versprochen. Die Rückmeldungen, die wir aus den Kommunen erhalten, zeigen jedoch, dass sich der sogenannte Strukturwandel bisher als dramatischer Rohrkrepierer erwiesen hat. Nichts deutet darauf hin, dass sich daran in den kommenden Jahren etwas ändern wird.

Wir halten fest: Wenn der Kohleausstieg im Jahr 2030 erfolgt, dann gehen im südlichen Sachsen-Anhalt vielerorts buchstäblich die Lichter aus, Arbeitsplätze werden unwiederbringlich verloren gehen, die jungen und talentierten Menschen werden aus der Region abwandern, viele ältere Menschen werden zurückbleiben, zahlreiche Ortschaften in der Region werden regelrecht entvölkert werden. Die AfD-Fraktion wird sich mit allen verfügbaren politischen Mitteln dafür einsetzen, dass es anders kommt.

(Zustimmung)

Vor diesem Hintergrund fordern wir die Landesregierung auf: Stellen Sie bei den Bürgern im Land zumindest ein Minimum an Vertrauen wieder her! Bekennen Sie sich klar und unmissverständlich zum Kohlestandort Sachsen-Anhalt! Setzen Sie sich im Bundesrat gegen einen vorgezogenen Kohleausstieg ein!

Die bisherigen Reaktionen der Landesregierung sind mehr als enttäuschend. Energieminister Willingmann schließt in einem Interview mit der „Volksstimme“ einen vorgezogenen Kohleausstieg nicht kategorisch aus. Wirtschaftsminister Schulze bekennt sich ebenfalls weder zum Kohlekompromiss noch zum Kohlestandort Sachsen-Anhalt; stattdessen nennt er den vorgezogenen Kohleausstieg ambitioniert und stellt lakonisch fest, Sachsen-Anhalt werde davon stark betroffen sein.

Ministerpräsident Haseloff übt zwar halbherzig Kritik an dem vorgezogenen Ausstieg. Auf die Aussage, dass eine vorgezogene Aufgabe des Kohlestandorts Sachsen-Anhalt mit ihm nicht zu machen sei und dass er sich dagegen mit allen zur Verfügung stehenden politischen Mitteln einsetzen werde, warten die Betroffenen indes vergebens.

(Zuruf von Siegfried Borgwardt, CDU)

Stattdessen versteigt sich der Herr Ministerpräsident zu folgender Aussage   ich zitiere  :

„Ein vorgezogener Kohleausstieg ist derzeit nicht denkbar; es sei denn, wir kaufen Atomstrom aus Frankreich […] und Kohlestrom aus Polen“.

Herr Ministerpräsident   jetzt ist er gerade nicht anwesend  , das ist natürlich ein genialer Vorschlag. Wir steigen also aus der Atomkraft aus, schalten unsere sicheren Kernkraftwerke ab und importieren dann noch mehr Atomstrom aus Frankreich. Außerdem nehmen wir die effizienten Kohlekraftwerke in Deutschland vom Netz, vernichten Tausende Arbeitsplätze und importieren dann Strom aus ineffizienteren polnischen Kraftwerken. Zu diesem genialen Vorschlag des Ministerpräsidenten zitiere ich Angela Merkel aus dem Jahre 2008:

„Deutschland macht sich lächerlich, wenn es sich dadurch ein gutes Gewissen machen will, dass Atom- und Kohlekraftwerke stillgelegt werden und gleichzeitig Strom, der aus denselben Energieträgern erzeugt worden ist, aus den Nachbarländern importiert wird.“

Und nun wollen Sie, Herr Ministerpräsident, genau das; zumindest sinnieren Sie darüber. Sie nehmen offenbar die Vernichtung Tausender Arbeitsplätze billigend in Kauf und geben uns im Ausland - so die Ex-Kanzlerin - der Lächerlichkeit preis. Herr Ministerpräsident, ich sage es Ihnen klar und deutlich: Mit solchen Aussagen und Gedankenspielen verhöhnen Sie die betroffenen Arbeitnehmer und ihre Familien im Süden unseres Landes. Ihre Aussage zeigt: Nicht die Kohle, Sie sind hier das Auslaufmodell.

(Zustimmung)

Während die Altparteien einen vorgezogenen Kohleausstieg propagieren, geht in Asien ein Kohlekraftwerk nach dem anderen ans Netz. Allein China, Indien, Vietnam, Indonesien und Japan planen den Bau von mehr als 600 Kohlekraftwerken mit einer Kapazität von mehr als 300 GW.

Beispiel China: Kurz nach dem Ende des Weltklimagipfels in Glasgow berichtete die „Tagesschau“   ich zitiere  :

„In China wird so viel Kohle gefördert wie seit mehr als sechs Jahren nicht mehr. Das zeigen Zahlen der chinesischen Statistikbehörde. Danach haben chinesische Kohleminen im Oktober gut 357 Millionen t gefördert.“

Zum Vergleich: Im Tagebau Profen im Burgenlandkreis baut der Betreiber, die Mibrag, jährlich 7,5 Millionen t Kohle ab. Die Chinesen fördern 357 Millionen t, nicht im Jahr, im Monat. Während also die Altparteien in Deutschland mittels Kohleausstieg die Welt bzw. das Weltklima retten wollen, wird im Rest der Welt fröhlich weiter gefördert.

Wir halten fest: Erneut wird die Utopie der Altparteien von einer CO2-freien Welt ohne die Nutzung fossiler Energieträger von der Realität vorgeführt, und das nicht nur durch die Kohlenutzung im Ausland, sondern auch durch die Energieerzeugung im Inland.

Werfen wir einen Blick auf die Fakten. In den ersten drei Quartalen des Jahres 2021, also zwischen Januar und September, brach die Stromproduktion von Windkraftanlagen auf dem deutschen Festland im Vergleich zu dem Vorjahreszeitraum um 18 % ein, auf See lag der Rückgang bei 14 %.

Gleichzeitig stieg der Steinkohleverbrauch in den ersten neun Monaten des Jahres um 20 %. Beim Einsatz von Steinkohle zur Strom- und Wärmeerzeugung kam es infolge der kühlen und windarmen Witterung zu einem Zuwachs von 28 %. Der Einsatz von Koks und Kohle in der Stahlindustrie erhöhte sich um 15 %. Der Verbrauch von Braunkohle in Deutschland lag in den ersten neun Monaten des Jahres 2021 sogar um 25,6 % höher als im Vorjahr. Bei der Stromproduktion hat die Kohle die Windenergie als wichtigsten Energieträger abgelöst.

Erneut stellen wir also fest: Die planwirtschaftliche Energiewende der Altparteien wird von der Realität vorgeführt.

Ich komme zum Schluss. - Die AfD-Fraktion fordert, dass der heimische Bodenschatz Braunkohle in Sachsen-Anhalt weiterhin genutzt wird, um erstens die regionale und nationale Versorgungssicherheit zu gewährleisten, zweitens hoch dotierte und sozialversicherungspflichtige Industriearbeitsplätze zu erhalten und drittens bezahlbare Strompreise zu ermöglichen.

Bekennen wir uns also zum Kohlestandort Sachsen-Anhalt auch über das Jahr 2030 hinaus. Dafür werden wir als AfD-Fraktion weiterhin mit allen zur Verfügung stehenden politischen Mitteln kämpfen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Dr. Moldenhauer, es gibt zwei Nachfragen.

(Zurufe: Och, nee! - Das wird doch nicht besser!)

Zunächst Herr Erben.

(Zuruf: Ach, Leute! - Lachen)


Rüdiger Erben (SPD):

Ihr kennt die Frage schon, oder?

(Dorothea Frederking, GRÜNE: Ja, ja! - Olaf Meister, GRÜNE: Der Klassiker! - Lachen)

Eine Anmerkung und eine Frage, Herr Moldenhauer. Zunächst einmal: Ist Ihnen bekannt, dass das von Ihnen eben so gepriesen Polen ein Nettoimporteur von Elektrizität ist, dass es wohl überhaupt nicht in der Lage wäre, Deutschland mit elektrischem Strom zu versorgen?

(Zuruf - Lachen)

Das zunächst als Anmerkung. - Zweitens.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Erben, das war eigentlich schon eine Frage: Ist Ihnen bekannt dass …


Rüdiger Erben (SPD):

Ja, okay. Aber es scheint ja nicht bekannt zu sein.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Manche üben sich hier doch sehr in ihrer Formulierungskunst. Dann stellen Sie jetzt noch eine richtige Frage.


Rüdiger Erben (SPD):

Dann werde ich die richtige Frage stellen.

(Zuruf: Das hat er doch gar nicht gesagt!)

Alle Argumente, die Sie hier zu dem Thema Kohleausstieg und Nicht-Kohleausstieg vorgetragen haben, gelten im Jahr 2030, gelten im Jahr 2035, gelten auch im Jahr 2038. Das heißt, wollte man Ihnen folgen, müssten Sie die Frage beantworten, wo Sie in Mitteldeutschland, in Sachsen-Anhalt den nächsten Tagebauaufschluss durchführen wollen.


Dr. Jan Moldenhauer (AfD):

Ach, der Klassiker.

(Lachen)


Rüdiger Erben (SPD):

Jetzt zur Erhöhung der Allgemeinbildung: Es gibt in Sachsen-Anhalt nur noch zwei ausbeutbare Vorkommen, das eine ist in der Region Egelner Mulde

(Zuruf: Nein, wollen wir nicht! - Salzlandkreis!)

und das andere ist bei Lützen.

(Zurufe)

- Es geht mir nicht darum, wo Kohle liegt, sondern wo Sie sie ausbeuten können.

Wo wollen Sie als Nächstes einen Tagebauaufschluss, etwa ab dem Jahr 2028, durchführen?

Wollen Sie Lützen abbaggern oder Egeln?

(Unruhe)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Dr. Moldenhauer.


Dr. Jan Moldenhauer (AfD):

Vielen Dank. - Was Polen angeht: Das ist erst einmal eine Behauptung, die ich zur Kenntnis nehme. Dazu mache ich den Faktencheck. Wir wollen erst einmal sehen, ob das stimmt.

Die zweite Frage, Herr Erben, war ihr Klassiker.

(Rüdiger Erben, SPD: Die ist aber nie beantwortet worden! - Zurufe: Ja! - Eine Antwort!)

Wir fordern in diesem Antrag, dass sich die Landesregierung zum Kohlekompromiss bekennt.

(Zurufe: Wo? - Aber wo? - Was wollen Sie denn abbaggern? Sagen Sie es doch mal! - Woher? - Dorothea Frederking, GRÜNE: Bis 2035 ausgekohlt! - Matthias Büttner, AfD: Lasst ihn doch einmal ausreden! - Unruhe)

Sie haben gerade von 2028 gesprochen. Ich denke, das war ein Versprecher.

(Zurufe: Nein! - Unruhe)

- Es ging wahrscheinlich um 2038, weil Sie von dem Kohlekompromiss gesprochen haben. Sie haben dann gefragt, was darüber hinaus geschehen solle. Warten wir doch erst einmal ab, wie Ihre sogenannte Energiewende verläuft. Wenn diese nicht so verläuft, wie Sie es sich wünschen, werden wir ganz neu darüber nachdenken müssen.

(Olaf Meister, GRÜNE: Aber Sie müssen doch jetzt die Antwort geben! - Unruhe)

- Ich muss gar nichts, Herr Meister, auf Ihre Zurufe hin schon gar nicht.

(Rüdiger Erben, SPD: Herr Moldenhauer, Sie haben sich nicht verhört! - Olaf Meister, GRÜNE: Nur wenn Sie glaubwürdig sein wollen! - Zustimmung - Unruhe)

Weitere Fragen von Herrn Erben akzeptiere ich jetzt nicht mehr.

(Lachen - Zurufe: Oh! - Weitere Zurufe)

Das waren schon zwei. Mehr als zwei Fragen darf er gar nicht stellen.

(Zurufe: Oh! - Zurufe - Unruhe)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Ja, genau. - Herr Erben.


Rüdiger Erben (SPD):

Dann möchte ich klarstellen, dass ich ganz bewusst „2028“ gesagt habe. Da ich mich   im Unterschied zu Ihnen   wahrscheinlich schon häufiger mit Tagebauplanung beschäftigt habe, weiß ich natürlich, dass man einen Tagebau nicht im Jahr 2038 aufschließen kann, wenn man im Jahr 2038 Kohle braucht.

(Zustimmung)

Das Jahr 2028 ist dafür die absolute Deadline. - Das einmal zur Erweiterung Ihres Horizonts zu diesem Thema.


Dr. Jan Moldenhauer (AfD):

Ja, jetzt haben Sie versucht, Ihren Versprecher zu erklären.

(Zurufe - Lachen - Unruhe)

Eine Frage war das nicht mehr. Regen Sie sich ruhig auf. Alles gut.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Wir haben noch die gesamte Debatte vor uns. In dieser kann man über dieses Thema weiterreden. - Jetzt ist Herr Borgwardt an der Reihe.


Siegfried Borgwardt (CDU):

Frau Vizepräsidentin, herzlichen Dank. - Ich will einmal Ihren Terminus technicus der sogenannten Altparteien aufgreifen. Selbst der AfD-Fraktion dürfte nicht entgangen sein   aber wahrscheinlich ist es ihr entgangen  : Es gibt in der jetzigen Bundesregierung nach Ihrem Terminus technicus Altparteien. Es gibt auch welche, die in der Opposition sind. Das sind auch Altparteien. - Das nur einmal zur Anmerkung. Ja, so einfach ist das.

(Dr. Jan Moldenhauer, AfD: Da habe ich doch gar nicht widersprochen, Herr Borgwardt! Das stimmt schon!)

Ich teile den Terminus nicht. Aber wenn man diesen benutzt, dann muss man das schon zur Kenntnis nehmen. Erstens.

Zweitens. Ich empfehle Ihnen, die Rede des Ministerpräsidenten im Bundesrat zu lesen. Es ist mitnichten so, dass er sich nicht ausdrücklich zu der Schädlichkeit des Beschlusses geäußert hat. Er hat ganz klar geäußert, dass das ein falscher Beschluss ist und dass wir mit allen Mitteln versuchen, dagegen vorzugehen. Wir werden das logischerweise morgen noch einmal in der Aktuellen Debatte sagen.

(Zuruf: Oh!)

Insofern kann ich die Auffassung nicht teilen, dass der Ministerpräsident oder unser Wirtschaftsminister sich damit nicht auseinandergesetzt haben. Sie haben ganz klar gesagt: Wir halten das für einen Fehler, und zwar aufgrund der Energiesicherheit und der kurzen Zeit.

Vor allen Dingen   letzte Bemerkung  : Die Strukturdiskussion in den Revieren ging ganz klar von der Zeitkette aus. Das weiß auch der Kollege Willingmann noch. Das war Verhandlungsstand. Zumindest für uns ist klar, dass das nicht zu erreichen ist, wenn man das acht Jahre vorzieht.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Moldenhauer, wollen Sie darauf reagieren?


Dr. Jan Moldenhauer (AfD):

Ja. Vielen Dank. - Von mir dazu noch eine kurze Anmerkung. Herr Haseloff könnte ganz klar sagen: Mit uns als Landesregierung wird es keinen vorzeitigen Kohleausstieg geben. Wir werden, falls im Bundesrat darüber abgestimmt wird, hier Fraktionsdisziplin einfordern oder die Landesregierung auf Kurs bringen, damit im Bundesrat gegen einen solchen vorzeitigen Ausschluss gestimmt wird. Das wäre einmal eine klare Ansage. Das wäre nicht so ein bisschen Gemoser und ein Dementi. Das wäre eine klare Ansage. Diese fordern wir mit dem heutigen Antrag ein. Deswegen haben wir diesen auch gestellt.

(Beifall - Zuruf: Bravo!)