Carsten Borchert (CDU):

Vielen Dank, Frau Vorsitzende. - Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Wo fange ich an und wo höre ich auf, wenn man als Letzter zu diesem Tagesordnungspunkt redet? Ich habe mir zu den Vorrednern einige Notizen gemacht.

Ich fange einmal mit Herrn Bernstein an. Herr Bernstein, die Idee, dass wir Lehrer mal wieder ein paar Stunden in der Praxis machen sollten, ist gar nicht so schlecht. Ich habe vor fünfeineinhalb Jahren, als als ich hier angefangen habe, von März bis zum Frühjahr noch in meiner Schule weitergearbeitet, weil es gar nicht ging, dass ein Schulleiter einfach über Nacht weggeht. Das hat mir nicht geschadet. Ich hätte es auch weiterhin gemacht. Aber das wurde mir verboten, weil Legislative und Exekutive angeblich nicht miteinander können.

Aber, Herr Lippmann, für Sie wäre es garantiert nicht verkehrt, wenn Sie draußen mal wieder ein paar Stunden unterrichten würden,

(Lebhafter Beifall)

um mal zu landen und einfach mal die Realität so zu sehen, wie sie ist und wie wir sie alle kennen. Aber Sie geben einem jedes Mal das Gefühl, dass hier etwas Neues passiert.

(Zurufe)

Und, Frau Vorsitzende, ihren Satz, den Sie vorhin vorgetragen haben, nämlich, dass wir uns fast in einer Sitzung des Ausschusses für Bildung befinden, kann ich nur bestätigen. In meiner Rede werde ich dazu auch noch entsprechende Anmerkungen machen. Schauen wir mal, wie die nächsten zehn Minuten ablaufen.

Natürlich stellen wir uns als CDU-Fraktion in vollem Umfang hinter die Ausführungen unserer Ministerin zum Thema „Rettungsschirm für Schulen in Sachsen-Anhalt?“ Über die aktuelle Situation beim Thema Unterrichtsversorgung diskutieren wir in jeder Sitzung des Bildungsausschusses. Natürlich ist es richtig, dass die Unterrichtsversorgung nicht befriedigen kann. Bei Quoten von 89 % bis 98 % haben auch wir große Sorge, dass die Lehrerinnen und Lehrer, die täglich mit vollem Einsatz vor den ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schülern alles geben, an der Grenze ihrer Kraft stehen. Danke für diesen Einsatz im Namen meiner Fraktion.

(Zustimmung)

Aber wir jammern nicht herum und schieben auch nicht alles auf die Vergangenheit. Wissen Sie warum, Herr Lippmann? - Weil das keiner mehr hören kann und weil das keiner mehr hören will. Die Leute leben in der Aktualität und es interessiert keinen, wer vor Jahren richtig oder falsch gehandelt hat. Das ist nicht unsere Aufgabe. Wir stehen hier, um etwas zu verändern.

(Thomas Lippmann, DIE LINKE: Lassen Sie das doch!)

Unsere Ministerin hat ausführlich dargelegt, welche Wege die Koalition und die Landesregierung vorbereiten und schon beschreiten. Für Sie, Herr Lippmann, werde ich noch einmal in Auszügen sachlich ganz kurz zusammenfassen:

Erstens. Flexible Arbeitszeitkonten werden geschaffen. Wie die Lehrer diese dann nutzen werden, werden sie dann selbst entscheiden. Es ist auf dem Weg.

Zweitens. Die Ausschreibung von Stellen für Schulverwaltungsassistenten - einige meiner Vorredner haben das auch schon gesagt - steht in den Startlöchern, um die Lehrerinnen und Lehrer von unterrichtsfernen Tätigkeiten zu entlasten. Da sind wir dabei. Das ist ein richtiger Weg, wenn wir das durchsetzen.

Drittens. Über die 100 VZÄ, die aus den Bereichen akademische Abschlüsse von Seiteneinsteigern auch als Aushilfslehrkräfte besetzt werden können, wurde schon gesprochen. Dass wir ständige Ausschreibungen mit Anreizen für Stellen im Land haben, die besonders schwer zu besetzen sind, ist auch bekannt. Das gab es vor Jahren überhaupt nicht. Da fand einmal im Halbjahr eine Ausschreibung statt und dann war Ruhe. Seit wenigen Jahren passiert das ständig.

Und eine Zielvereinbarung, wie Sie sie fordern, zwischen den Universitäten im Land und dem Land Sachsen-Anhalt gibt es seit dem Jahr 2020. Das können Sie nachlesen. Aber auch da war die Landesregierung schon tätig. Das sind Fakten,

(Thomas Lippmann, DIE LINKE: Ich rede von zusätzlich!)

das sind Wege, die sicherlich nicht ausreichen, mit denen wir aber realistisch versuchen, unserer Verantwortung gerecht zu werden.

Weitere werden folgen, wie zum Beispiel im Koalitionsvertrag - die Ministerin hat es angesprochen - unter anderem festgelegt ist, Wege zu finden, wie beispielsweise Grundschulen und Horte    

(Unruhe)

- Könnt Ihr mal still sein?

(Lachen)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Borchert, wir haben es ja schon öfter festgestellt.


Carsten Borchert (CDU):

Ich höre auch zu, wenn Sie reden.

 

Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Borchert, aber das mache eigentlich immer noch ich.


Carsten Borchert (CDU):

Entschuldigung, aber das bringt mich durcheinander.

(Thomas Lippmann, DIE LINKE: Entschuldigung!)

- Danke. - Im Koalitionsvertrag steht unter anderem das, was die Ministerin schon gesagt hat, nämlich dass wir versuchen wollen, die Möglichkeiten zu evaluieren, mit denen wir Grundschulen und Horte wieder in eine Einheit kriegen. Wir werden im Jahr 2022 damit beginnen, Pilotprojekte vorzubereiten, um dadurch auch die Unterrichtsversorgung an den Grundschulen in Zukunft intensiver gewährleisten zu können und in Koordination mit der Verschmelzung von Hort und Schulen vielleicht wieder zu dem zurückzukehren, was vor Jahren optimal lief und bis heute völlig unverständlich plötzlich in zwei Welten geteilt worden ist. Das Thema Ganztagsbetreuung an den Grundschulen ist ab dem Jahr 2025 ohnehin Pflicht, weil der Bund das so festgelegt hat.

Zum Thema Lehramtsstudiengänge und Lehramtsausbildung. Auch da ist die Koalition gefragt und es wird mittelfristige Veränderungen geben. Eine Anpassung der Maßstäbe für die Lehrerausbildung müssen wir für die einzelnen Fächer überprüfen. Sie sind teilweise überzogen. Die Kollegin Pähle hat da völlig recht und darauf hingewiesen. Daran werden wir arbeiten.

Vielleicht besteht auch eine gute Idee darin, dass wir über Stipendien nachdenken. In den nächsten Jahren wird sich unser Finanzminister freuen,

(Zuruf: Das macht er schon!)

wenn das kommt. Da sind wir ja schon dabei. Da klopft gerade eine Kollegin aus Gardelegen. Dort sind die Kolleginnen und Kollegen nämlich Vorbild, die machen das seit Jahren. Und dann verpflichten wir vielleicht Studenten, die Mangelfächer studieren, dazu, einige Jahre lang in Sachsen-Anhalt zu arbeiten. Vielleicht ist das auch ein Weg. Wir müssen über alles nachdenken. Wir sind dabei - sie merken das - und wir bemühen uns.

Das Problem der Unterrichtsversorgung ist aber nicht nur ein Problem unseres Bundeslandes, sondern das Problem gibt es in ganz Deutschland. Das Problem gibt es auch in vielen anderen Ländern der EU. Wenn Sie, sehr geehrter Kollege Lippmann, einen Antrag im Bereich Bildung stellen, der wie immer so ausfällt, als wären mit der Annahme seiner Inhalte alle Probleme gelöst, dann schaue ich mir sofort informativ die aktuelle Situation in Thüringen an, da dort ja bekannterweise Ihre Partei den Ministerpräsidenten stellt.

Bei der Statistik „Ersatzloser Ausfall von Stunden im Schuljahr 2020/2021“ waren es 6,2 % und zu Beginn des Schuljahres 2021/2022 waren es 8,1 %. Das ist leider auch nicht besser als bei uns.

(Zurufe)

Es gibt leider auch eine Steigerung bei den Ausfallzahlen. Aber trotzdem bin ich und sind wir davon überzeugt, dass dort alle, die in der Verantwortung stehen, alles dafür tun, um diesen Trend abzufangen. Und ich bin mir sicher, dass in der Kultusministerkonferenz, egal von wem ein Bundesland regiert wird, garantiert ein ständiger Erfahrungsaustausch zwischen den Ländern stattfindet. Sollte es ein Bundesland geben, das es uns vormacht, wie wir unsere Probleme lösen können, dann wären wir doch dankbar, wenn wir dieses hätten.

Deshalb erstaunt es mich immer wieder, dass von Ihnen Inhalte in Anträgen vorgebracht werden, die es schon gibt, die lange allen bekannt sind und die in der Realität nicht umsetzbar sind bzw. schon umgesetzt werden, wie zum Beispiel ein Teil des Inhaltes Ihrer Forderungen in Punkt 2.

Der Bildungsausschuss unseres Landes, der unter der souveränen Führung meines Kollegen Stehli sehr intensiv in Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium und der Koalition Wege beschreitet, Wege sucht und Ideen aufgreift, um eines der größten Probleme, die wir in unserer Gesellschaft haben, nämlich allen Schülern optimale Bedingungen zum Lernen zu ermöglichen, ist der richtige Ansatz.

Das ist der richtige Weg. Wir werden eine geraume Zeit brauchen, aber wir werden es gemeinsam schaffen. Dabei sind natürlich sinnvolle Ideen der Opposition wichtig. Sie sind notwendig, und sie sind auch willkommen. Aber Anträge wie dieser oder der morgige Antrag der AfD-Fraktion zum Thema „Heimunterricht möglich machen“, so wie jeder es möchte, helfen uns dabei hundertprozentig nicht weiter.

(Zurufe)

Es wäre überdenkenswert, dass Themen, die ausführlich im Bildungsausschuss behandelt und abgefragt werden, nicht mehr Bestandteil unserer Landtagssitzungen sein müssten, da auch die Ausschusssitzungen öffentlich sind.

(Beifall - Zuruf: Bravo, bravo!)

Dann brauchten wir hier nicht mehr ständig Fakten zu wiederholen, die allen bekannt sind, auch draußen. Aber   das lernt jeder Lehramtsstudent intensiv in seinem Studium und es ist wissenschaftlich bewiesen   Wiederholungen erhöhen das Denkvermögen und den Wissensbestand im Gehirn. Natürlich lehnt die CDU-Fraktion diesen Antrag ab. - Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall)