Konstantin Pott (FDP):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig, dass wir heute erneut über Gewaltschutz und Gewaltschutz für Frauen sprechen. 73 % der Betroffenen sind Frauen. Das zeigen die neuesten Zahlen zu häuslicher Gewalt aus dem Jahr 2024. Das ist ein Anstieg um 3,8 % im Vergleich zum Vorjahr. Frauen ohne Beeinträchtigungen haben aber mehr Möglichkeiten, sich zu wehren. Frauen mit Beeinträchtigungen haben dies meist nicht. Ebenso haben sie weniger Chancen bei Anlaufpunkten und weniger Zugänge zum Hilfesystem.
Häusliche Gewalt ist aber ein generelles Problem. Wir sehen in den letzten Jahren grundsätzlich einen Anstieg der Fallzahlen. Zum Großteil davon betroffen sind Frauen. Es gibt viel Gewalt in der Partnerschaft. Dort haben wir, wie auch bei der häuslichen Gewalt, einen Anstieg zu verzeichnen: um 1,9 %. Fast 80 % der Betroffenen sind weiblich.
Beratungsstellen und Gewaltschutzeinrichtungen oder Frauenhäuser sind meist ausgelastet. Bereits jetzt gibt es für Betroffene auf der Suche nach Frauenhausplätzen wenig freie Kapazitäten oder es gibt Verweise auf andere Frauenhäuser. Aber nichtsdestotrotz haben wir als Koalition diesbezüglich natürlich bereits reagiert und Frauenhäuser an verschiedenen Stellen unterstützt, bspw. durch die Förderung von Investitionskosten, die wir im Landeshaushalt über die Jahre hinweg betrachtet mit insgesamt 900 000 € verankert haben, oder durch die Förderung von Hauswirtschaftlerinnen, damit das sozialpädagogische Personal entlastet wird
Ich glaube, das sind Punkte, die das System insgesamt sehr unterstützt haben.
(Zustimmung von Oliver Kirchner, AfD, und von Katrin Gensecke, SPD)
Aber: Mädchen und Frauen mit Behinderungen sind doppelt betroffen - von Gewalt, weil sie Frauen sind, und von Gewalt, weil sie Beeinträchtigungen haben. Sie leben anders als Mädchen und Frauen ohne Beeinträchtigungen. Das verdeutlichen auch Zahlen aus Studien. So sagt eine Studie des damaligen Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus, dass 70 % bis 90 % der befragten Frauen von Gewalterfahrungen berichten. Im Bevölkerungsdurchschnitt lag der Wert bei Frauen bei 45 %. Es ist aber trotzdem schwierig, die genaue Zahl festzumachen, weil wir von einer hohen Dunkelziffer ausgehen müssen. Aber es zeigt eine klare Tendenz.
Wir sprechen viel über Gewalt im häuslichen Umfeld. Aber Gewalt passiert auch in stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe oder in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen. Das zeigen bspw. die Ergebnisse des Forschungsberichts des Bundessozialministeriums. Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir einen Umgang finden.
Frauenhäuser leisten wichtige Arbeit. Aber ohne Pflegepersonal und mit Fokus auf Sozialpädagogik sind sie aktuell oft nicht die richtige Anlaufstelle für Mädchen und Frauen mit Behinderungen. Erschwerend kommt hinzu, dass es häufig an der Barrierefreiheit fehlt. Der Ausbau ist wichtig, ja, aber barrierefreie Einrichtungen ersetzen bspw. kein Pflegepersonal. Darum müssen bestehende Einrichtungen besser vernetzt werden; sie müssen kooperieren. Eingliederungshilfe und Gewaltschutzsystem müssen zusammenarbeiten, damit betroffene Mädchen und Frauen mit Behinderungen leichter Hilfe und Schutz bekommen, verständlich, zugänglich, niedrigschwellig und wirksam.
Jedes Mädchen und jede Frau, die von Gewalt, in welcher Form auch immer, betroffen sind, haben das Recht auf Schutz und Hilfe. Deswegen brauchen wir eine engere Kooperation zwischen den einzelnen Bereichen, gemeinsame Kommunikation und eine rechtliche Berücksichtigung. Das sind die richtigen Wege.
Auch, die bestehenden Strukturen über die Evaluierung des Projekts WEMO genauer anzuschauen, ist, glaube ich, ein richtiger Weg, um zu schauen, welche Möglichkeiten es noch gibt. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu dem Alternativantrag und bedanke mich für die Aufmerksamkeit. - Vielen Dank.