Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE): 

Vielen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu wissen, im Notfall steht Hilfe bereit, wenn man etwa am Wochenende im Haus stürzt, wenn das Kind plötzlich 40° C Fieber hat oder wenn die Enge in der Brust einen taumeln lässt, ist Teil des Grundvertrauens in unser politisches System. 

Wenn dieses Grundvertrauen bröckelt, dann bröckelt unsere Demokratie. In Zerbst droht das gerade zu bröckeln. Wenn ein privater Klinikbetreiber sehr kurzfristig die Menschen vor Ort und seine Beschäftigten vor vollendete Tatsachen stellt, dann ist das mehr als unanständig und das ist mehr als ein Bärendienst für das Vertrauen in unser Gemeinwesen. 

Die Menschen fragen sich natürlich völlig zu Recht, wofür denn Politik überhaupt da sein soll, wenn nicht dafür, bei Gefahr für Leib und Leben Hilfe zu garantieren, immer und überall. Es braucht einfach die Gewissheit, dass das Notfallsystem funktioniert und garantiert eine Anlaufstelle rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr vorhanden ist. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Maximalwert für die Erreichbarkeit einer solchen Rettungsstelle sind 30 Minuten vorgesehen. Das ist in der Region Zerbst ohne das dortige Klinikum nicht zu schaffen. Die Klinik in Zerbst - das haben wir heute mehrfach gehört - ist unerlässlich, insbesondere als Teil der Notfallversorgung. In vielen anderen Fällen hier im Land kann man bei der Neugestaltung unserer Gesundheitslandschaft über ambulante Gesundheitszentren, über MVZ und in Zukunft über Level-1i-Krankenhäuser sinnvoll reden. Denn solche neuen Ansätze für die Versorgung vor Ort sind richtig und wichtig. 

Oft wird vorschnell von Schließungen gesprochen. Das Bild von vernagelten Türen und Fenstern an örtlichen Krankenhäusern erzeugt das Schreckgespenst von alleingelassenen Regionen und Menschen. Dabei geht es oft schlicht um Strukturveränderungen und um neue Finanzierungswege, um sinnvolle Zentralisierungen von spezialisierten Leistungen und um die Entwicklung neuer Berufsprofile sowie um die Anpassung unserer Versorgungsstruktur an sich verbessernde Behandlungen, an kürzer werdende Krankenhausaufenthalte und an neue Methoden, die vieles, für das bisher Krankenhausbetten nötig waren, ambulant möglich machen. 

Aber der Fall von Zerbst liegt wohl doch etwas anders, weil hier eben neben der Grundversorgung elementar auch die Notfallversorgung betroffen ist. Für die Funktionsfähigkeit und die Nachhaltigkeit einer Notaufnahme braucht es vor Ort eben auch Betten und Personal rund um die Uhr. Ich denke, diese Notwendigkeit sehen alle zuständigen Stellen, und zwar vom Bürgermeister über den Landrat bis hin zum Land und bis hin zu den Fraktionen hier im Landtag mit unterschiedlichen Nuancen. Das haben wir alles gerade schon gehört. 

Der Bürgermeister sprach im Übrigen gestern bei einer Veranstaltung über eine mögliche Rekommunalisierung und auch darüber, dies über Mittel im Rahmen des Akzeptanz- und Beteiligungsgesetzes zu finanzieren. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wofür erneuerbare Energien so alles da sind und wofür man das alles nutzen kann.

Der Koalitionsvertrag sieht in solchen Fällen als Ultima Ratio eine Rekommunalisierung von Krankenhäusern vor; das begrüße ich als Ultima Ratio außerordentlich. Trägervielfalt und Subsidiarität, die ich ebenfalls gut finde, bedeuten nicht, Politik legt die Hände in den Schoß, sondern in letzter Konsequenz liegt es eben beim Staat, auf welcher Ebene auch immer, Notfall- und Krankenversorgung abzusichern. Die Sicherstellung ist unser Ding. Daraus speist sich geradezu die staatliche Legitimation. Ohne eine gesicherte Daseinsvorsorge unterspült sich unser Staatswesen von selbst. 

Daher habe ich im Übrigen auch die Äußerung des Herrn Krull im MDR sehr interessiert zur Kenntnis genommen, der von der Möglichkeit sprach, die Sicherstellungszuschläge des Landes für die Kliniken zu erhöhen. Das wäre ein Gebot der Vernunft, wenn wir es damit unseren Krankenhausträgern ermöglichen, notwendige Standorte auch wirtschaftlich nachhaltig zu betreiben. 

Schwierigkeiten bei der Wirtschaftlichkeit - ich rede nicht von Profit, sondern von Wirtschaftlichkeit - sind im Übrigen nicht alles, was die Kliniken in unserem Land gerade an den Rand treibt. Es braucht auch Personal, Pflegekräfte und Ärztinnen, um die klinische Versorgung zu sichern. Ehrlicherweise treibt es mir ein bisschen die Wut in die Augen, wenn sich vor allem die Fraktion, die mit ihrer Stimmungsmache und ihren Remigrationsplänen meine Kolleginnen und Kollegen in den Kliniken auf gepackte Koffer treibt, hier als Retter der Kliniken aufspielen will. 

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der Linken)

Sie machen die Kliniken kaputt und es werden die Ärzte und die Pflegekräfte fehlen, wenn Sie hier Verantwortung übernehmen. 

(Beifall bei den GRÜNEN - Ulrich Siegmund, AfD: Warum denn?) 

Im konkreten Fall sind die Würfel aber noch längst nicht gefallen, im Gegenteil. Der Einsatz des Landes ist ohne jeden Zweifel weiterhin gefragt, auch wenn der Beginn der Debatte - ich will es einmal despektierlich Theater nennen - ein bisschen darüber hinwegtäuschen mag. Der Einsatz des Landes ist ohne jeden Zweifel seit den ersten Meldungen aus Zerbst sichtbar, ebenso der Einsatz der demokratisch gewählten kommunalen Verantwortungsträger vor Ort. Des sich selbst inszenierenden Antrages hierzu hätte es nicht bedurft. 

An dieser Stelle bleibt mir noch einmal mehr der Dank an das Sozialministerium und an die kommunalen Verantwortungsträger für den wichtigen und sofortigen Einsatz. Zudem bleibt der Wunsch, dieser Einsatz möge tragen, und der Wunsch, dieser Einsatz möge auch an anderen Stellen sichtbar werden, z. B. beim Zentralklinikum im Harz zur Sicherung einer gut und sinnvoll strukturierten Versorgungslandschaft in unserem Land. - Vielen Dank.