Tagesordnungspunkt 15
Erste Beratung
Entwurf eines Gesetzes zur Neuorganisation der Versorgungs- und Sozialverwaltung in Sachsen-Anhalt
Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 8/6171
Einbringerin ist Frau Grimm-Benne. - Frau Grimm-Benne, Sie haben das Wort. Bitte sehr.
Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf zur Neuorganisation der Versorgungs- und Sozialverwaltung in Sachsen-Anhalt verfolgt die Landesregierung das Ziel, diese zukunftsfest, effizient und bürgernah aufzustellen.
Wir stehen vor großen Herausforderungen. Die stetige Aufgabenverdichtung, der Fachkräftemangel und die zunehmende Digitalisierung verlangen von uns, die Verwaltung insgesamt moderner, flexibler und resilienter zu gestalten. Nur so können wir angemessen auf die sich ständig ändernden Anforderungen reagieren und die Leistungsfähigkeit der Verwaltung dauerhaft sichern.
Kernstück des Gesetzentwurfes ist die Gründung des Landesamtes für Soziales, Jugend und Gesundheit möglichst zum 1. Februar 2026. In diesem neuen Landesamt werden die Aufgaben der bisherigen Sozialagentur sowie die Aufgaben aus dem Geschäftsbereich des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung gebündelt, die aktuell noch im Landesverwaltungsamt erledigt werden.
Damit schaffen wir eine zentrale obere Landesbehörde, die alle relevanten Leistungen aus den Bereichen Soziales, Jugend, Gesundheit und Versorgung aus einer Hand anbietet. Durch die Zusammenführung der Aufgaben in einer zentralen Behörde sorgen wir für mehr Übersichtlichkeit und Effizienz. Vor allem wird mit der Zusammenführung der Dienst- und Fachaufsicht eine gezieltere Personalsteuerung und damit ein flexiblerer Einsatz der vorhandenen personellen Ressourcen ermöglicht.
Das Landesamt wird seinen Hauptsitz in Halle haben und mit Nebenstellen in Magdeburg und Dessau-Roßlau vertreten sein. Für die Beschäftigten gilt dabei eine Standortgarantie an den drei Standorten.
Die Kolleginnen und Kollegen in den nachgeordneten Behörden sollen ihre von mir sehr geschätzte Arbeit unter besseren Rahmenbedingungen fortsetzen können. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der möglichst durchgängigen Digitalisierung der Verwaltungsprozesse. Durch die gemeinsame Nutzung von IT-Infrastruktur und digitalen Lösungen können Bearbeitungszeiten verkürzt und die Effizienz gesteigert werden. Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes werden direkt von dieser Neuorganisation profitieren. Verwaltungswege werden verkürzt, Anträge und Anliegen können schneller bearbeitet werden und die Kommunikation mit der Verwaltung wird einfacher und transparenter.
Die Umsetzung der Neuorganisation erfolgt in mehreren Phasen. Ein Projektteam unter der Federführung des Sozialministeriums koordiniert die notwendigen Schritte in enger Abstimmung mit den beteiligten Behörden. Unser aller Ziel muss es dabei sein, einen möglichst reibungslosen und geordneten Übergang zu gestalten.
Hierbei möchte ich betonen, dass wir bereits eingeleitete positive Maßnahmen, z. B. die gezielte Gewinnung zusätzlicher externer Gutachter im Bereich der Schwerbehindertenfeststellung, fortsetzen und Prozesse weiter optimieren werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Mit diesem Gesetzentwurf gehen wir einen wichtigen Schritt hin zu einer modernen, schlanken und leistungsfähigen Sozialverwaltung in Sachsen-Anhalt.
Genau diese Zweistufigkeit in der Sozialverwaltung wird etwa in Schleswig-Holstein seit Jahren mit großem Erfolg praktiziert. Der einzige Unterschied besteht darin, dass das Landesjugendamt dort direkt dem Ministerium untersteht und die Arbeitsschutzverwaltung im Landesamt organisiert ist und nicht wie bei uns im Landesamt für Verbraucherschutz.
Auch der Landkreistag Sachsen-Anhalt forderte nach seiner Landkreisversammlung am 7. November Strukturen für die Zukunft. Die Landesregierung wird aufgefordert, eine zweistufige Verwaltung einzuführen und Doppelstrukturen abzubauen. Die Rechts- und Fachaufsicht ist auf ein Mindestmaß zurückzuführen.
Mit diesem Gesetzentwurf kommen wir genau diesen Forderungen und gelungenen Beispielen nach. Daher bitte ich Sie um Ihre Zustimmung zu diesem zukunftsweisenden Vorhaben und vorab um eine konstruktive Beratung in den Ausschüssen. - Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Vielen Dank. - Es gibt, glaube ich, keine Nachfragen.
(Kristin Heiß, Die Linke, meldet sich zu Wort)
- Doch, es gibt eine Frage von Frau Heiß. Das stimmt also nicht. Ich hätte es beinahe übersehen. Frau Heiß hat eine Frage. - Bitte, Frau Heiß.
Kristin Heiß (Die Linke):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, wenn es in der Verwaltungsstruktur des Landes zu Organisationsveränderungen kommt, dann gibt es bestimmte Grundlagen, an die sich die Landesregierung halten muss, um das zu vollziehen. Unter anderem muss eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vorgelegt werden. Außerdem soll das Kabinett eine Anhörung durchführen und relevante Gruppen, wie die kommunalen Spitzenverbände oder die Gewerkschaften, einladen.
Ganz am Ende dieses Prozesses, wenn das Gesetz dann fertig ist, soll es noch einmal dem Justizministerium vorgelegt werden. Es soll dort eine Rechtsförmlichkeitsprüfung durchgeführt werden, damit das Gesetz dann komplett rund ist und dann fertig in den Landtag eingebracht werden kann.
Daher meine Frage: Haben Sie all diese Schritte abgearbeitet? Falls ja: Was ergab die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung? Was haben die Gewerkschaften gesagt? Und was hat die Rechtsförmlichkeitsprüfung des Justizministeriums ergeben?
Vizepräsident Wulf Gallert:
Frau Grimm-Benne, Sie können antworten.
(Zurufe)
Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):
Ich muss das jetzt nicht beantworten, genau. - Es handelt sich um die Organisationshoheit der Exekutive. Da fallen einige Punkte, die Sie hier genannt haben, weg. Selbstverständlich haben wir mit den kommunalen Spitzenverbänden darüber gesprochen, weil ja die Frage im Raum stand, die Anerkennung des Schwerbehindertenstatus zu kommunalisieren.
Die kommunalen Spitzenverbände hatten ja in einer Arbeitsgruppe darüber gesprochen, dass eine Bündelungsbehörde, der Landkreis Wittenberg, Interesse daran gezeigt hatte, ein solches Verfahren für alle Landkreise durchzuführen. Voraussetzung dafür ist aber - deswegen haben sie es auch gelassen -, dass sie es nur in einem digitalisierten Verfahren hinbekommen können. Sie wissen, dass es in diesem Antragsverfahren einen sehr hohen Antragsstau gibt. Zuvor wollten sie diese Punkte nicht in die Kommunalisierung übernehmen.
Weitere Punkte liegen jetzt insbesondere in der Abteilung 5 des Landesverwaltungsamts. Für diese Aufgaben braucht man keine Wirtschaftlichkeitsprüfung durchführen, weil sie im Wesentlichen darin bestehen, Aufsichtspflichten zu übernehmen, die bundesgesetzlich geregelt sind und keiner Kommunalisierung bedürfen.
Im Übrigen hatten wir schon einmal etwas Ähnliches, bevor das Landesverwaltungsamt diese Aufgaben im Jahr 2016 übernommen hat. Ich denke, Sie können sich daran erinnern.
Uns geht es im Wesentlichen darum, die Dienst-, Personal- und Fachaufsicht wieder zusammenzuführen, weil wir unsere Aufgaben sonst nicht mit einem entsprechenden Personaleinsatz bewältigen können.
Die Frage, die z. B. letztes Mal von Herrn Kosmehl gestellt wurde, war, wie wir als Ministerium den Antragsstau durch Umsetzungen, Abordnungen oder die Zuführung von mehr Personal abbauen könnten. Dieser Weg ist im Augenblick verwehrt. Auch das wollen wir verändern. Deshalb werden wir Aufgaben, die sowieso nicht kommunalisiert werden, in die Zweistufigkeit geben. Dafür ist keine Wirtschaftlichkeitsprüfung notwendig.
(Beifall bei der CDU)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Sie, Frau Heiß, haben eine ganz kurze Nachfrage. Ganz kurz!
Kristin Heiß (Die Linke):
Ich möchte widersprechen. Die Regelung des § 7 LHO sieht sehr wohl auch bei diesen Dingen eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vor.
Ich möchte nur noch fragen: Frau Grimm-Benne, wenn man in die Vergangenheit guckt, in der Organisationsumstrukturierungen vorgenommen wurden, hat das immer das Ministerium gemacht, das für Organisation zuständig war, das Ministerium für Finanzen oder das Ministerium für Inneres und Sport. Da das Landesverwaltungsamt hiervon sehr stark betroffen ist, möchte ich fragen, warum man hierbei von dieser Praxis abweicht und das Fachministerium und nicht das für Organisation zuständige Ministerium den Gesetzentwurf einreicht.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Sie können antworten.
Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):
Das war eine Vereinbarung, die wir im Kabinett getroffen haben. Nichtsdestotrotz werden wir zusammen mit dem Innen- und dem Finanzressort sogenannte Projektgruppen installieren. Diese sind bereits eingerichtet worden. Wenn Sie den Kabinettsbeschluss in Gänze gelesen haben, wissen Sie das. Ziel ist es, die Umsetzung tatsächlich zu erreichen. Sowohl Finanzierungsfragen als auch Standort- und Personalfragen werden einvernehmlich gelöst.