Jörg Bernstein (FDP): 

Ich fange an. Also zwei Minuten wollen schnell gefüllt sein. - Dass die Schulsozialarbeit derzeit ein notwendiger Bestandteil unseres schulischen Bildungssystems ist, ist bei der Mehrheit hier sicherlich unstrittig. Auch ich war   Frau von Angern hat es angesprochen   Teilnehmer dieser Veranstaltung vor zwei Wochen.

(Eva von Angern, Die Linke: Sie waren auch gemeint!) 

Dort wurde man noch einmal darauf hingewiesen, wie anspruchsvoll und vielseitig die Tätigkeit von Schulsozialarbeitern ist. Zugleich hat mich diese Veranstaltung auch wieder in meiner Meinung bestärkt, dass die Schule und vor allem die Schulsozialarbeit nicht dazu geeignet und auch nicht in der Lage ist, alle Probleme, die außerhalb der Schule, nämlich in unserer Gesellschaft selbst verortet sind, zu lösen. 

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Hendrik Lange, Die Linke)

Ich nenne einmal ein Beispiel. Eine Schulsozialarbeiterin, die gemeinsam mit ihrer Schulleiterin auf dieser Veranstaltung war   die Schule und den Ort nenne ich nicht  , hat erzählt, sie hole am Morgen eine Schülerin von zu Hause ab. Und warum macht sie das? - Weil die Mutti im Bett liegt und schläft. Und warum liegt die Mutti im Bett und schläft? - Weil sie es kann; sie bezieht Leistungen. Darüber müssen wir jetzt nicht weiter diskutieren.

(Monika Hohmann, Die Linke: Ein Beispiel und dann wird das so verallgemeinert! - Eva von Angern, Die Linke: Sie haben auch andere Beispiele genannt!) 

Es ist für mich als Lehrer völlig unvorstellbar zu sagen: Die Kinder sind die Einzigen, die einen strukturierten Lebensablauf haben. Das kann doch nicht die Realität sein. Es kann auch nicht sein, dass wir diese Sachen unterstützen, dass das Aufgabe von Schulsozialarbeit sein muss. 

In diesem Zusammenhang ist es für mich auch völlig unverständlich, wenn ein SPD-Landrat   offensichtlich ist es der des Landkreises Nordhausen   dafür kritisiert wird, wenn er Arbeitsgelegenheiten für U25-Mitbürger schafft. Mit solchen Dingen bekommen die Leute erst einmal ein bisschen Struktur in ihren Tagesablauf und sind dann auch in der Lage, ihre Kinder entsprechend zu erziehen. Insofern sollte man die Empörung an solchen Stellen auch ein bisschen herunterfahren. 

Langer Rede kurzer Sinn: Wie stellen wir uns die Schulsozialarbeit zukünftig vor? - Die Verfahren sollten vereinfacht werden, wenn man es denn braucht. Wir brauchen Unterstützung bei der Antragstellung. Wir wollen keine Schulsozialarbeit nach dem Gießkannenprinzip. Wir wollen die Wirksamkeit in den Vordergrund stellen und keine flächendeckende Symbolpolitik. - Die Redezeit ist um und ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. - Vielen Dank. 

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Ja, Herr Bernstein. - Herr Bernstein, es gibt noch eine Frage von Herrn Tillschneider. Wollen Sie diese beantworten? 


Jörg Bernstein (FDP): 

Immer gern. 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Bitte, Herr Tillschneider.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD): 


Sie sind jetzt selbst schuld; denn Sie haben ein Beispiel genannt, das ich auch anführen wollte, aber aufgrund der Zeitbeschränkung dann doch weggelassen habe. 

(Stefan Ruland, CDU: Das verlängert auch deine Redezeit! - Guido Kosmehl, FDP: Oh, oh, oh!)

Es geht um das Beispiel mit diesen Familien, die teilweise schon in mehreren Generationen von Sozialhilfe leben, in denen der Vater, die Mutter nicht hochkommen und das auf die Kinder abfärbt. Dann ist es   ich möchte Sie fragen, ob Sie mir darin zustimmen   doch wirklich eine hohle Symptomkuriererei, wenn ich einen Sozialarbeiter staatlicherseits alimentiere und ihn losschicke, damit er die Kinder in die Schule holt. Wäre es nicht besser, einfach das Sozialsystem umzustrukturieren und diese Leute nicht mehr so zu alimentieren, dass sie bis 7 Uhr im Bett liegen können? Genau das ist unser Ansatz.

(Ulrich Siegmund, AfD: Genau!)

Stimmen Sie dem zu oder nicht?

(Dr. Katja Pähle, SPD: Nein!)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Bitte. 


Jörg Bernstein (FDP): 

Es braucht Sanktionsmöglichkeiten. An dem Punkt ist das richtig. Aber andererseits gibt es auch entsprechende Organe, die dafür zuständig sind. Ich kenne es aus meiner Schule: Wir haben bei Schulpflichtverletzungen eine Meldung an das Ordnungsamt gemacht und die sind dann entsprechend eingeschritten. In solchen Fällen brauche ich keinen Schulsozialarbeiter. Von daher ist diese Aufgabe schon einmal völlig falsch zugeordnet.