Konstantin Pott (FDP): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Am 27. Oktober 2025 fand im Audimax der Martin-Luther-Universität eine Veranstaltung unter dem Titel „Völkermord in Gaza“ mit der umstrittenen Politikwissenschaftlerin Helga Baufgarten statt. Die Veranstaltung wurde von der Universitätsleitung nur unter Auflagen zugelassen. 

Trotz einer klaren Auflage zur Rolle der Gruppe „Students for Palestine“ agierte diese Gruppierung als Mitorganisator vor Ort, nutzte die Veranstaltung zu Werbezwecken, unter anderem mit einem eigenen Stand, und organisierte einen Bücherverkauf auf Spendenbasis. 

Mittlerweile räumt auch die Universitätsleitung - unter anderem nach Kritik des Jungen Forums und des Antisemitismusbeauftragten des Landes - ein, dass die Zulassung der Veranstaltung ein Fehler war. Die Universitätsleitung bezeichnete diese als einseitig, unwissenschaftlich und gesellschaftlich polarisierend. 

Wie bewertet das Ministerium diesen Vorgang? Wie plant es, künftig mit ähnlichen Situationen umzugehen, um auf der einen Seite wissenschaftlichen Diskurs zu ermöglichen und auf der anderen Seite unwissenschaftliche und politisch einseitig werbende Veranstaltungen, bei denen antisemitische Äußerungen unwidersprochen stehen bleiben, in Räumlichkeiten der Universität zu verhindern? 


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Willingmann, bitte. 


Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt): 

Herr Schellenberger! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Abg. Pott, Sie haben es gerade schon richtig umschrieben. Diese Veranstaltung am 27. Oktober ist gründlich aus dem Ruder gelaufen, weshalb die Rektorin sehr schnell erklärt hat, dass sie gründlich aus dem Ruder gelaufen ist und dass es falsch war, sie zu genehmigen. Das ist zunächst eine sehr ehrenwerte Reaktion einer Wissenschaftlerin, die die Verantwortung trägt, auf der einen Seite die Wissenschaftsfreiheit zu wahren und auf der anderen Seite die Freiheit und die mit der Freiheit einhergehende Verantwortung in den Blick zu nehmen.

Es gab im Vorfeld dieser Veranstaltung   das konnten Sie jetzt nicht referieren   unglaublich enge Abstimmungen dazu, wie diese Veranstaltung hätte durchgeführt werden können, übrigens unter Beteiligung des Beauftragten des Landes für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus. 

Im Ergebnis dieser Beratungen sind ganz enge Leitplanken festgelegt worden, wie diese Veranstaltung durchzuführen ist. Unter anderem wurde klargestellt, dass die Gruppe „Students for Palestine“   k e i n   Mitveranstalter dieser Veranstaltung ist. Die Veranstalterin selbst, nämlich eine wissenschaftliche Mitarbeiterin der Martin-Luther-Universität, erklärte: Es ist meine Veranstaltung. - Diese Regeln sind nicht eingehalten worden.

Nun müssen Sie bzw. wir zur Kenntnis nehmen, dass nicht nur Veranstaltungen an Universitäten, sondern Veranstaltungen generell immer wieder von Leuten, die sich nicht an Regeln halten, okkupiert werden können. Das ist ein Ärgernis. Deshalb die Erklärung der Rektorin, man hätte sie so nicht genehmigen sollen. 

Zugleich ist es aller Ehren wert, dass in dem Spannungsfeld zwischen Wissenschaftsfreiheit auf der einen Seite und Überreglementierung auf der anderen Seite und bei gleichzeitigem Wunsch, nicht ins Mikromanagement von Raumplanung einzusteigen, die Universität bemüht war, einen Raum zu schaffen, um in einen kritischen Diskurs mit einer Wissenschaftlerin, die Sie - das ist völlig legitim - als umstritten bezeichnen, einzutreten. Denn eines muss auch klar sein: Unsere Universitäten, unsere Hochschulen sind freie Räume, in denen kritischer Diskurs stattfinden darf. 

(Zustimmung bei der SPD)

Was nicht stattfinden darf, ist Hetze. Was nicht stattfinden darf, ist der Versuch, es einseitig darzustellen. Das sind wissenschaftliche Standards und diese sollten an dieser Stelle gewahrt werden. Dass sich Akteure nicht daran gehalten haben, ist ein Ärgernis. Deshalb ist zu Recht erklärt worden, dass es so nicht hätte passieren dürfen. 

Falls Sie das nachfragen wollen, beantworte ich es gleich: Das heißt, dass die Universität, die weiterhin Wert darauf legt, dass in ihren Räumen der Wahrheit verpflichtet wissenschaftlicher Diskurs stattfinden kann, in Zukunft noch sehr viel genauer darauf achtet, wer sich zum Mitveranstalter aufschwingt, und womöglich auch darauf, dass solche Veranstaltungen, wenn die Spielregeln nicht eingehalten werden, abgebrochen werden. 

Das ist in diesem Fall nicht geschehen. Man muss allerdings auch sagen: Weitergehende Übergriffe, die Sie sich möglicherweise vorstellen, hat es an dieser Stelle nicht gegeben. Es ist einfach nur nicht abredegemäß abgelaufen - deshalb die Erklärung der Rektorin. 

(Marco Tullner, CDU: Aber das war jetzt nicht wirklich überraschend! - Zuruf von Eva Feußner, CDU)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Pott hat eine Nachfrage. - Bitte. 


Konstantin Pott (FDP): 

Vielen Dank, Herr Minister, für die Ausführungen und für die Darstellungen. Trotzdem eine Nachfrage. Bei dieser Veranstaltung konnte man, gerade aufgrund von Äußerungen und des Agierens der Gruppe „Students for Palestine“ im Vorfeld sowie aufgrund der Tatsache, dass bereits im Frühjahr eine solche Veranstaltung geplant war, erahnen, in welche Richtung diese Veranstaltung geht. Zudem hat man in vergangenen Veranstaltungen an anderen Hochschulen ebenfalls Erfahrungen mit der besagten Wissenschaftlerin gemacht. 

Dementsprechend die Frage: Wie kann also die Universität mit einer solchen Situation umgehen, zumal bereits im Vorfeld, zumindest für viele Akteure, ziemlich klar war, in welche Richtung diese Veranstaltung laufen wird? Wissenschaftlicher Diskurs ist wichtig, aber bei dieser Veranstaltung sind eher fachfremde Leute zu Wort gekommen. Es ging um eine juristische Frage, und zwar um die hinsichtlich eines Völkermordes; hierzu waren selbst in die Organisation und Durchführung der Veranstaltung Fachexperten nicht eingebunden.


Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt): 

Herr Pott, noch einmal: Es ist völlig richtig, dass die Wissenschaftsfreiheit in Verantwortung für die Wissenschaft gebietet, auf Spielregeln zu achten. Die „Students for Palestine“   wir wollen es bitte jetzt auch nicht überheben   spielen im Leben der übrigen Hochschulen dieses Landes   das haben wir abgefragt   überhaupt keine Rolle. Es gibt diese eine Besonderheit in Halle. Deshalb hat die Rektorin zu Recht Wert darauf gelegt, dass sie nicht Mitveranstalter sind. Wenn sie zugleich Studierende sind, dann haben sie selbstverständlich Zutrittsrecht zu Veranstaltungen der Universität.

Aus diesem Grund war klarzustellen, dass es ein paar inhaltliche Aussagen gibt, die definitiv an den Anfang gestellt werden mussten. Das war eine Klarstellung dazu, was der Grund für den Gazakrieg ist. Es war klar, dass antisemitische Aussagen nicht geduldet werden. In diesem Zusammenhang sollte auch klar sein, dass man die „Students for Palestine“ nicht zum Mitveranstalter macht. Das sind Spielregeln gewesen, die mit den Beteiligten, auch mit der Veranstalterin selbst, nämlich jener wissenschaftlichen Mitarbeiterin, noch wenige Stunden vor der Veranstaltung besprochen wurden. Die sind dann nicht umgesetzt worden. Das ist passiert. Deshalb wird es in Zukunft eine noch engere Begleitung geben. 

Aber es bleibt ein Spannungsfeld. Dieses Spannungsfeld ist: Die Wissenschaftsfreiheit gebietet, sich auch mit kritischen Positionen auseinanderzusetzen, auch mit Menschen, die unterschiedliche, wie Sie sagen, umstrittene Positionen einnehmen und auch mit Menschen, deren politische Positionierung wir überhaupt nicht teilen. So ist das. 

Wissenschaftsfreiheit ist ein hohes Gut. Dass es an unseren Universitäten verteidigt wird, halte ich für richtig. Ich halte es zugleich für richtig, wie sich die Universität an dieser Stelle verhalten hat, nämlich erstens zunächst zu versuchen, die Veranstaltung vernünftig einzugrenzen, und zweitens daraus die Lehre zu ziehen und sich übrigens auch dienstrechtlich noch einmal damit zu beschäftigen, dass so etwas enger begleitet werden muss, wenn die Gefahr besteht, dass so etwas aus dem Ruder läuft.