Andreas Henke (Die Linke):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Werte Kolleginnen und Kollegen! Sie kennen mich; eigentlich bin ich ein denkbar schlechter Debattenredner. Eine lebendige Debatte lebt von kulturvollem Streit, auch einmal von Emotionen. Damit bin ich immer sehr zurückhaltend; ich bin eigentlich eher der sachliche Redner. Ich versuche auch, die von der AfD hier aufgemachte Thematik eben genauso sachlich zu betrachten.
Ein SPD-Bundespolitiker, Innenpolitiker, äußerte in einem Interview sinngemäß, er würde im Falle einer AfD-geführten Regierung sensible Daten was auch immer er damit gemeint hat lieber löschen als sie einer solchen Regierung zu überlassen. Keine Frage, diese Aussage war nicht nur völlig unbedacht, sondern auch höchst problematisch, weil sie weder von der Datenschutz-Grundverordnung noch vom Bundesdatenschutzgesetz noch mit Blick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vom Grundgesetz gedeckt ist.
(Zustimmung von Frank Bommersbach, CDU)
Der Schutz von Daten und vor allem der rechtsstaatliche Umgang mit ihnen, von der Erfassung über die Speicherung bis hin zur Verarbeitung und Verwendung, muss unabhängig von politischen Mehrheiten und sich daraus ergebenden möglichen Regierungskonstellationen gewährleistet sein. Die Schlussfolgerung der AfD-Fraktion und die Art und Weise, wie sie diese Einzelmeinung in eine vermeintliche Verschwörung gegen die Demokratie umdeutet, das halte ich an dieser Stelle hingegen für überzogen.
(Zustimmung bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Letztlich ist eine Verschwörung eine gemeinsame, verbindende Unternehmung, die sich gegen jemanden oder gegen etwas oder vornehmlich auch gegen die staatliche Ordnung richtet. Dergleichen kann ich hier in Sachsen-Anhalt nicht erkennen, zumindest nicht bei den hier im Landtag vertretenen demokratischen Fraktionen und Parteien. Es gibt hier keine Verschwörung gegen den Wählerwillen.
(Zustimmung bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Aber auch das muss gesagt werden Demokratie erschöpft sich nicht im Wählerwillen, nicht in der Mehrheitsentscheidung an der Wahlurne allein. Demokratie beruht auf Achtung von Grundwerten des Rechtsstaates. Dazu zählen auch die Achtung der Menschenwürde, Respekt, Toleranz, die Achtung von Vielfalt und das Anerkenntnis der Gewaltenteilung sowie dafür Sorge zu tragen, dass eine Verwaltung, eine Exekutive, unabhängig, unparteiisch und vor allem gesetzestreu handelt. Das zählt für uns zum demokratischen Grundkonsens.
Niemand hier im demokratischen Spektrum will oder darf den Wählerwillen missachten. Es ist unsere vordergründige Aufgabe damit meine ich auch uns als Parlament zu garantieren, dass Datenschutz, Transparenz im Umgang mit Daten und vor allem die Bindung der Verwaltungen aller politischen staatlichen Ebenen an Recht und Gesetz Bestand haben und weder vor noch nach einem Regierungswechsel von parteipolitischen Interessen abhängen. Das gilt eben auch und ganz besonders für Daten aus dem Bereich der inneren Sicherheit, für Daten aus Melderegistern, für Daten aus Sozialbeständen oder auch Datenbestände des Verfassungsschutzes.
Darauf, werte Kolleginnen und Kollegen, müssen sich die Menschen unseres Landes auch verlassen können. Das sollten wir ihnen zuallererst vermitteln, anstatt mit einer solchen Debatte Misstrauen Vorschub zu leisten und anstatt allein mit der Wortwahl „Verschwörung gegen den Volkswillen“ die politische Kultur im Land aufgrund einer Aussage eines Einzelnen zu verunglimpfen.
(Zustimmung bei der Linken und bei den GRÜNEN)
Abschließend noch einmal, werte Kolleginnen und Kollegen, in aller Deutlichkeit: Wir erwarten von allen politischen Kräften, dass sie sich an klare rechtsstaatliche Prinzipien halten, unabhängig davon, wer gerade in Regierungsverantwortung steht, wer in Regierungsverantwortung bleibt oder kommt. Das ist die Grundlage verlässlicher Demokratie. Sie zu bewahren, schließt natürlich und selbstredend auch kritische Debatten ein, aber bitte keine Inszenierung, die Misstrauen fördert. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.