Tagesordnungspunkt 19
Beratung
Bericht des Ausschusses zur Überprüfung der Abgeordneten auf eine Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst der DDR
Bericht Ausschuss zur Überprüfung der Abgeordneten auf eine Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst der DDR - Drs. 8/6128
Berichten wird Ihnen dazu der Abg. Herr Tullner.
Marco Tullner (Berichterstatter):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! In seiner 55. Sitzung am 13. Dezember 2023, also vor fast zwei Jahren, hat der Landtag gemäß § 46a Abs. 3 Satz 1 des Abgeordnetengesetzes Sachsen-Anhalt die Einsetzung des Ausschusses zur Überprüfung der Abgeordneten auf eine Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst der DDR beschlossen. Der Ausschuss wurde mit sechs Mitgliedern und sechs stellvertretenden Mitgliedern aus den Fraktionen von CDU, AfD, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN besetzt. Mit seinem Einsetzungsbeschluss wurde der Ausschuss ermächtigt, dem Landtag den Entwurf einer Geschäftsordnung zuzuleiten.
Der Ausschuss hat sich am 14. Februar 2024 konstituiert und die Beschlussempfehlung für eine Geschäftsordnung gemäß § 46a Abs. 5 des Abgeordnetengesetzes Sachsen-Anhalt erarbeitet, die der Landtag in seiner 59. Sitzung am 21. Februar 2024 beschloss.
Zu Beginn seiner Tätigkeit wandte sich der Ausschuss über die Fraktionsvorsitzenden an die Mitglieder des Landtages, um über die Möglichkeiten und das Verfahren der Überprüfung durch das Bundesarchiv sowie die freiwillige Antragstellung beim Landtagspräsidenten nach § 46a Abs. 1 des Abgeordnetengesetzes Sachsen-Anhalt zu informieren.
In der Folge wurde der Ausschuss regelmäßig vom Landtagspräsidenten über eingegangene Anträge informiert. Ebenso wurden die Überprüfungsmitteilungen des Bundesarchivs umgehend nach ihrem Eingang an den Ausschuss weitergeleitet.
Insgesamt wurden 45 Anträge auf Überprüfung gestellt. 41 Mitglieder des Landtages haben keinen Antrag auf Überprüfung gestellt, da sie zum Zeitpunkt der Auflösung des Staatssicherheitsdienstes der DDR mit Stichtag 12. Januar 1990 ihr 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten und eine Überprüfung bei diesen Personen nicht möglich ist. Daneben stellten die antragsberechtigten Mitglieder der Fraktion Die Linke wie bereits in den vergangenen Wahlperioden keine Anträge.
Alle antragsgemäß vom Bundesarchiv durchgeführten Überprüfungen ergaben keine Hinweise auf eine Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst der DDR.
Neben den antragsgemäßen Überprüfungen wurde in einem Fall die Überprüfung ohne Zustimmung des Mitglieds des Landtags gemäß § 46a Abs. 2 Satz 1 des Abgeordnetengesetzes Sachsen-Anhalt durchgeführt. Der Ausschuss hatte hier aufgrund eines Hinweises zunächst festgestellt, dass konkrete Anhaltspunkte für den Verdacht einer Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst der DDR im Sinne des Stasi-Unterlagen-Gesetzes vorliegen, und ein Überprüfungsersuchen an das Bundesarchiv gerichtet. Aus der dazu erfolgten Mitteilung des Bundesarchives ergab sich dann, dass dieses Mitglied des Landtages in der Zeit vom 1. Oktober 1983 bis zum 31. März 1984 beim Wachregiment Berlin „Feliks Dzierżyński“ sowie vom 1. April 1984 bis zum 30. September 1986 beim MfS Berlin, Büro der Leitung, aktiven Wehrdienst in der Art „Dienst auf Zeit“ geleistet hat. Während dieser Zeit galt es als hauptamtlicher Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes der DDR im Sinne von § 6 Abs. 4 Nr. 1 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes.
Auf dieser Grundlage stellte der Ausschuss in seiner Sitzung am 27. März 2025 abschließend fest, dass eine Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst der DDR als erwiesen anzusehen ist. Diese Feststellung des Ausschusses wurde als Unterrichtung in der Drs. 8/6136 veröffentlicht.
In seiner Sitzung am 9. Oktober 2025 beschloss der Ausschuss, seine Tätigkeit zu beenden, und legt dem Landtag nunmehr seinen Bericht in der Drs. 8/6128 zur Kenntnis vor.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Damit endet nicht nur die Tätigkeit des Ausschusses in dieser Wahlperiode. Gleichzeitig ist es ein gewisses historisches Ende, denn es ist das Ende der Überprüfung von Mitgliedern des Landtages von Sachsen-Anhalt auf eine Tätigkeit für den Staatssicherheitsdient der DDR. § 46a des Abgeordnetengesetzes tritt am Tag des Zusammentritts des Landtages der neunten Wahlperiode außer Kraft. Damit sind die Einsetzung eines Ausschusses zur Überprüfung der Mitglieder des Landtages auf eine Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst der DDR sowie die Überprüfung durch die Landtagspräsidentin oder den Landtagspräsidenten nicht mehr vorgesehen. Dies wurde durch das Gesetz zur Änderung parlamentsrechtlicher Vorschriften von 2023 beschlossen.
Ich möchte mich bei allen Mitgliedern des Ausschusses und beim Gesetzgebungs- und Beratungsdienst - vor allen Dingen bei Frau J. und Herrn Dr. P. - ganz herzlich für die Unterstützung bedanken.
Meine Damen und Herren! Auch wenn wir heute ein Kapitel formal zuschlagen, bleibt die Aufarbeitung einer Diktatur, die Menschen unterdrückt hat, die Menschen ins Gefängnis gesperrt hat und die Menschen am Ausüben individueller Freiheitsrechte gehindert hat, eine Aufgabe, die sich auch weiterhin in unserem Ermessen darstellen wird, allerdings nicht in Form einer Überprüfung durch den Ausschuss, sondern in Erinnerungsarbeit, in Gedenkarbeit und in Bildungsarbeit. In diesem Sinne: Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Vielen Dank, Herr Tullner, Ihnen und den Mitgliedern des Ausschusses für die geleistete Arbeit.
Der Landtag nimmt diesen Bericht zur Kenntnis. Weiterungen sind damit nicht verbunden. Wir beenden den Tagesordnungspunkt 19.