Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abg. Kleemann, vielen Dank für die Einfüh-rung und für den Bericht über den Gang des bisherigen Verfahrens.
Es ist ein guter Tag, meine Damen und Herren, für Sachsen-Anhalt, vor allem für unsere Kommunen und für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes; denn wenn der Landtag heute das lange bearbeitete Ak-zeptanz- und Beteiligungsgesetz beschließt, dann stellen wir sicher, dass sich der Ausbau erneuerbarer Energien in Zukunft ganz konkret und ganz verbindlich vor Ort auszahlt.
(Beifall bei der SPD)
Wir hätten ein solches Gesetz, offen gestanden, vor 20 Jahren benötigt, aber wie Sie wissen, bin ich nie-mand, der allzu lange in den Rückspiegel schaut. Wichtig ist, dass das Gesetz jetzt kommt. Viele Kommu-nen in unserem Land warten sehnlichst darauf. Sie alle kennen es aus Ihren Gesprächen mit den Kom-munalvertreterinnen und vertretern.
Wichtig ist, dass wir die breite Akzeptanz, die es für den Ausbau der erneuerbaren Energien aus Wind-kraft und durch Fotovoltaik auch bei uns gibt, bundesweit ohnehin, weiter stärken.
Das Akzeptanz- und Beteiligungsgesetz ist weit mehr als ein Gesetz zum finanziellen Ausgleich für Unan-nehmlichkeiten der Energieerzeugung. Es gibt den Kommunen Gestaltungsmöglichkeiten zurück, weil endlich wieder Geld da ist, das investiert werden darf. Wir geben den Menschen im ländlichen Raum neue politische Gestaltungsmöglichkeiten. Sie können vor Ort in ihren Gemeinderäten dahin gehört es entscheiden, was mit den Einnahmen passiert, die durch den Betrieb von Windkraft- und Fotovolta-ikanlagen in die Gemeindekasse fließen. Wir leisten damit einen deutlichen Beitrag auch gegen Politik-verdrossenheit, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD - Andreas Schumann, CDU, zustimmend: Das stimmt!)
Wie Sie wissen, zählt Sachsen-Anhalt seit vielen Jahren beim Ausbau der erneuerbaren Energien bun-desweit zu den Vorreitern. Mehr als 2 700 Windkraftanlagen drehen sich bei uns. Nach einem Jahrzehnt des Stillstands ist es in den vergangenen Jahren gelungen, den Ausbau im Land vor allem durch Repowering deutlich zu beschleunigen. Gleiches gilt für den PV-Ausbau. Wir haben in den letzten Jahren einen Boom erlebt. Noch nie war es für Bürgerinnen und Bürger so einfach, an der Energiewende mit überschaubarem Mitteleinsatz selbst teilzuhaben. Wenn ich hier in die Runde schaue, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass der eine oder andere unter Ihnen ist, der über ein eigenes Balkonkraftwerk verfügt.
Auch wenn das hier manchen nicht gefällt, die Energiewende lohnt sich. Wir werden sie auch in den kommenden Jahren vorantreiben in Sachsen-Anhalt. Wir wollen, dass die Menschen im Land von saube-rer Energieerzeugung profitieren. Wir wollen unsere Unternehmen mit günstiger Energie versorgen. Wir wollen Investoren Sicherheit geben ich betone, es ist eine wirtschaftspolitische Maßnahme , dass sie mit entsprechenden erneuerbaren Energien im Land versorgt werden, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD)
Wir haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt: keine erneute Abhängigkeit von einem Lieferan-ten, in unserem Fall insbesondere von Russland, wenn es um Gaslieferungen geht. Wir wollen nicht dar-über spekulieren, welchen Unternehmen zuerst der Gashahn abgedreht werden muss, ob wir Wärme-stuben benötigen usw. Nein, wir setzen auf die erneuerbaren Energien.
Ich bitte heute die Fraktionen im Hohen Hause um Zustimmung zum Gesetz, die Fraktionen jener Partei-en, die es gut meinen mit unserem Land, die daran interessiert sind, dass sich dieses Land auch in Zukunft weiterentwickelt und dass Energie bezahlbar und der Standort für Unternehmen wettbewerbsfähig und attraktiv bleibt.
Ich darf daran erinnern ich komme noch einmal dazu: es ist eine wirtschaftspolitische Maßnahme , Avnet, Daimler Trucks, UPM und viele andere mehr, wir hätten sie nicht im Lande, wenn wir nicht diese Aussage treffen könnten, wir versorgen euch mit Strom aus erneuerbaren Energien.
(Beifall bei der SPD)
Über das Gesetz ist umfangreich beraten worden. Es ist ein bürokratiearmes Modell entwickelt worden. Das war mir persönlich besonders wichtig.
(Zustimmung bei der SPD)
Wir orientieren uns an der Nennleistung der Anlagen und an einer grundsätzlichen Mindestabgabehöhe in Höhe von 5,50 € je Kilowatt. Das bringt den Gemeinden das ist immer wichtig für ihre Kommunikation nach außen in etwa 27 500 € je Windrad. Das kann man leicht zählen.
Allerdings sind die Geräte inzwischen deutlich leistungsfähiger, und die Entwicklung hält auch dort nicht an: nicht 5 MW Nennleistung sind der Normalfall, sondern 6, 7 und mehr Megawatt, und entsprechend steigert sich auch diese Einnahmemöglichkeit.
Um tatsächlich zu schauen, welche Windenergie erzeugt wurde, wird es darüber hinaus Spitzabrechnun-gen geben. Das ist ohne Frage mit mehr Aufwand verbunden; es war parlamentarischer Wunsch, und selbstverständlich kann man das Gesetz auch in diese Richtung entwickeln.
Wenn Sie ein bisschen die Nachrichten der letzten Tage verfolgt haben, dann haben Sie festgestellt, dass auch die Länder um uns herum reagieren. Sachsen möchte sich an unser Modell anlehnen, nämlich etwa 0,3 Cent je Kilowattstunde als Mindestabgabe. Das erscheint mir außerordentlich wichtig, und an dieser Stelle darf man auch einmal überhören, dass gelegentlich Windkraftbetreiber kommen und sagen: Das ist jetzt aber ein Standortnachteil, wenn ihr uns zur Kasse bittet. - Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, ganz gewiss nicht. In dieser Branche wird gut verdient, davon darf man durchaus den Gemeinden vor Ort etwas abgeben.
(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)
Wir wollen selbstverständlich auch, dass das innerhalb der Gemeinden zwischen Randgemeinden, Rand-lagen und Ortschaften, die unmittelbar betroffen sind, und der Kernstadt vernünftig geregelt ist: 25 % des Ertrages direkt bei der Ortschaft, die betroffen ist, der Rest in den Kerngemeindehaushalt, aber dort na-türlich zur Disposition des Rats. Das muss gemeinsam kommunal entschieden werden.
Die Verwendungsmöglichkeiten sind breit: Kita-Sanierung, Spielplätze, auch Bürgerstrom - was auch im-mer in den Gemeinden dafür unternommen wird, um auf der einen Seite das, für das kein Geld da ist, ein-setzen zu können, und um auf der anderen Seite die Akzeptanz zu steigern.
Deshalb ein Letztes: Die Freiheitsgrade der Kommune gerade in der Verwendung dieser Mittel waren uns wichtig, auch in der Koalition. Diese Einnahmen unterliegen keiner Kreis- und Verbandsgemeindeumlage.
(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)
Sie werden nicht auf den FAG-Zuschuss angerechnet. Sie sind zur freien Verfügung, und wir alle, die wir in Kommunalparlamenten sitzen, wissen, wie wichtig es ist, dass die Gemeinden wieder Handlungsspiel-räume bekommen. Unser Akzeptanz- und Beteiligungsgesetz verschafft ihnen diese Spielräume, und das ist im Interesse der Menschen in unserem Lande. Daher bitte ich Sie um Ihre Zustimmung zu diesem Ge-setz. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und von Kathrin Tarricone, FDP)
 Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 
Danke, Herr Minister.- Der Kollege Scharfenort hat eine Intervention. - Bitte.
 Jan Scharfenort (AfD): 
Sie sagten, Energiewende lohne sich. Da ist erst einmal die Frage, für wen. Das ist relativ: sicherlich durchaus für den Einzelnen. Ich selbst habe auch eine große Photovoltaikanlage seit über zehn Jahren. Ja, die lohnt sich für mich. Aber wir als Politiker sind hier, um das Allgemeinwohl, das Allgemeininteresse in den Vordergrund zu stellen und um letztendlich für eine Wohlstandsmehrung zu sorgen.
Ich weiß nicht, ob Sie die Studie vom DIHK zur Kenntnis genommen haben, dass uns die Energiewende di-rekt mindestens 5 Billionen € kosten wird. Die Opportunitätskosten, die durch Abwanderung der Indust-rie kommen werden, wollen wir gar nicht betrachten. Die müssen wir noch mit einrechnen.
Und ich weise darauf hin, dass nun auch die Übertragungsnetzbetreiber, Amprion ganz aktuell, damit rechnen, dass es noch im Spätherbst und im Winter zu Abschaltungen kommen wird. Die Bilder werden nicht schön sein von den. Man spricht von gezielten Großabschaltungen.
Das ist das, was wir, was Sie auch, bewusst in Kauf nehmen. Ich frage Sie noch einmal: Ist Ihnen das überhaupt bewusst? Nehmen Sie das einfach so in Kauf - das ist mein Eindruck , oder sind Sie einfach SPD-Parteisoldat, voll auf Linie, und müssen das so machen? Da bin ich mir bei Ihnen immer noch nicht so ganz sicher.
 Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt): 
Herr Scharfenort, es ist wie immer.
(Lachen und Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)
Ich danke Ihnen zunächst einmal für Ihre kenntnisreichen Zitate aus unterschiedlichen Studien. In ähnli-cher Weise sind Sie hier aufgetreten, als Sie uns den Blackout im Sommer 2022 für die Zeit danach be-schworen haben. Sie haben zu denen gehört, die Sorge trugen, dass wir Wärmestuben einrichten müs-sen. Sie haben sich immer wieder auf irgendwelche Studien berufen. Das Erstaunliche ist nur: Sie über-sehen, dass wir Unternehmen haben, die sich gerade deswegen ansiedeln, weil wir diese Energieversor-gung sicherstellen können. Da kommen Sie nicht drumherum. Das mag Ihnen nicht
(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE und von Sebastian Striegel, GRÜNE - Zurufe von der AfD)
 Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 
Gemach, gemach! An der Stelle bitte etwas Ruhe und Konzentration. Danke. - Herr Minister.
 Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt): 
Herr Hecht, so war es doch früher auch nicht. - Um es noch einmal deutlich zu sagen: Es ist doch völlig klar, dass wir hier ohne Frage hohe Anfangsinvestitionen hatten. Die hatten wir übrigens auch bei allen anderen Energieträgern, die wir in der Vergangenheit hoch subventioniert haben. Aber es ist doch völlig klar, dass das im Moment international erwartet wird.
(Lachen bei der AfD)
Man erwartet von der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt, dass sie diesen Transformationsprozess hinbekommt. Deshalb ist das so erstaunlich, und das unterscheidet uns wirklich sehr. Ihre rückwärtsge-wandte Wirtschafts- und Energiepolitik wird uns definitiv nicht in die Zukunft führen. - Vielen herzlichen Dank.
(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN - Zurufe von der AfD)
 Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 
Danke, Herr Willingmann.