Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute ein wichtiger und auch ein entscheidender Tag für Sachsen-Anhalt. Die Regierung hat heute mehrere Gesetze, über die wir in den letzten Monaten in allen Bereichen unserer Verantwortung diskutiert haben, auf den Weg gebracht. Sie werden heute verabschiedet, und ich denke, mit dem Vergabegesetz, über das wir jetzt diskutieren und das jetzt auch verabschiedet wird, machen wir noch einmal einen ganz klaren Punkt für dieses Land. Wir setzen hier noch einmal ganz klare Zeichen, nicht nur, dass die Regierung handelt, sondern dass wir Sach-sen-Anhalt jeden Tag ein Stück weiter voranbringen.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Ich war in dieser Woche zweimal in Berlin. In Berlin ist im Moment Haushaltswoche. Der Deutsche Bun-destag, der Haushaltsgesetzgeber, bringt mit der Bundesregierung - das wissen Sie alle - ein großes In-vestitionspaket auf den Weg: viel Geld, auch für Sachsen-Anhalt. 2,6 Milliarden € werden hier in die Kommunen und in die Landkreise fließen. Wir bringen das gerade auch im Kabinett auf den Weg, aber ei-nes ist auch klar: Dieses Geld nützt uns nichts, wenn es irgendwo auf dem Konto ist, sondern es muss auf die Straße kommen.

Wie kommt es auf die Straße? - Indem es Investitionserleichterungen gibt. Wir machen das mit dem Vergabegesetz. Wir sind im Übrigen das erste Bundesland, das so weit ist, dass wir klare Investitionser-leichterungen auf den Weg bringen. Die Verteilung des Geldes ist das eine, aber die Möglichkeit, das um-zusetzen, ist das andere. Wir haben heute einige Punkte - der Vorsitzende des Ausschusses Lars-Jörn Zimmer hat gerade berichtet, wie das auf den Weg gebracht wurde - noch einmal zu diskutieren, aber am Ende auch abzustimmen.

Warum machen wir das? - Wir haben ein Vergabegesetz in Sachsen-Anhalt; wir haben das schon seit vie-len Jahren über mehrere Legislaturperioden. Diese Gesetze, die wir hatten, sind teils sehr bürokratisch, unflexibel und investitionshemmend. Das, was jetzt auf den Weg gebracht wird, ist genau das Gegenteil. Politik muss erkennen, wenn Dinge, die da sind, nicht gut sind, und diese verbessern. Genau das macht diese Regierung, das machen wir heute: Wir verbessern hier ein Gesetz.

(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und von Holger Hövelmann, SPD)

Im Übrigen - auch das muss klar sein - muss das der Anfang sein. Wir haben noch viele andere Themen, die wir in den nächsten Jahren auf den Weg bringen, wenn wir Sachsen-Anhalt zukunftsfähig halten wol-len. Ich möchte auf einzelne Punkte eingehen, und da sind einige Punkte dabei, bei denen wir in Deutsch-land führend sind.

Es wird mit diesem Gesetz zukünftig möglich sein, dass eine Kommune Aufträge bis zu 100.000 € frei von jeglicher Bürokratie vergeben kann.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Manchmal höre ich - auch darüber haben wir diskutiert  : Wie soll das denn gehen? Da kann ja der Bür-germeister machen was er will. - Nein, er kann nicht machen, was er will. Er hat auch Haushaltsgrund-sätze zu beachten, er muss wirtschaftlich und sparsam arbeiten. Es gibt auch entsprechende Kontrollen, die über den jeweiligen Rat, über den Kreistag, über den Stadtrat laufen.

Aber Fakt ist: Wir haben hier eine Möglichkeit, dass dann im zweiten Schritt nicht nur die Kommunen schnell handeln, sondern auch die Unternehmen, die mittelständischen Unternehmen direkt vor Ort da-von profitieren können.

Wir haben als Zweites die Situation, dass wir bei einzelnen Losen keine Anwendung des Tariftreue- und Vergabegesetzes mehr haben. Das heißt, wir können auch da schneller und flexibler sein. Ich führe nur einzelne Beispiele auf, weil wir darüber lang und breit im Ausschuss diskutiert haben und es jedem be-kannt ist.

Wir haben freiberufliche Leistungen, die nicht mehr im Anwendungsbereich des Tariftreue- und Vergabe-gesetzes sein müssen und sind, wie bspw. Architektenleistungen und andere. 

Wir haben die Streichung der ergänzenden Anwendung im Oberschwellenbereich. Warum machen wir das? - Weil wir damit eine Doppelung von Regelungen ausschließen. Wir brauchen Dinge, die auf Bun-desebene geregelt sind, nicht auch noch einmal neu im Land zu regeln.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben also einiges auf den Weg gebracht, die Schwellenwerte entsprechend angepasst. Wir haben darüber diskutiert, ob das der richtige Weg ist, und der Ausschuss hat sich - dafür bin ich sehr dankbar - auch genau in diese Richtung bewegt.

Wir haben Flexibilität auch beim Thema Sanktionen reingebracht. Wir gehen jetzt ganz klar in die Rich-tung, dass Unternehmen nicht mehr unter Generalsverdacht gestellt werden, wie man es bisher hätte meinen können.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Vielmehr werden bspw. nur noch die Hauptunternehmer kontrolliert und nicht mehr die Subunterneh-mer, sodass man klar sieht, wer Verantwortung trägt, und nicht jeder, der Aufträge in einem größeren Projekt annimmt, Angst davor haben muss, dass er auch noch mehrfach kontrolliert wird.

Warum aber brauchen wir dieses Gesetz? - Weil es die mittelständische Wirtschaft schützt, weil es klare Regeln auch zum Schutz von KMU gibt, weil dort steht, dass in erster Linie die mittelständische Wirt-schaft beachtet werden muss. Ich will das aus einem ganz speziellen Grund sagen: Es ist wichtig im Par-lamentarismus, dass man verschiedene Meinungen dazu hat. Ich finde gut, dass fast alle Fraktionen die-se auch geäußert haben. 

Es gibt aber - das will ich in Richtung AfD sagen - Ihren Antrag im Ausschuss, das Tariftreue- und Verga-begesetz abzuschaffen. Jetzt stelle ich die Frage: Was ist denn das Ergebnis, wenn wir es abschaffen würden? - Das Ergebnis wäre, dass wir komplett auf EU-Recht zurückfallen würden - die EU, die Sie so hassen. Das heißt, Sie würden, um es einmal bildlich zu machen, dem kleinen Unternehmer in Köthen, der sich als Malermeister in der Stadt für ein Projekt für 50 000 € bewirbt, und auch der Stadt aufdrü-cken, dass diese sich beide im Detail mit EU-Recht beschäftigen müssen. 

Wir regeln das hier im Land. Die wissen hier genau, welche Regeln hier gelten

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

und nicht woanders.

Herr Lieschke, Sie sitzen dort im Ausschuss und haben dort die Sprecherfunktion für die AfD. Wir haben mit Ihnen diskutiert und Sie haben gesagt: Wenn das, was ihr auf den Weg bringt, gut wäre, dann könnte man zustimmen. Aber es ist nicht gut genug. - Dann haben wir in einer der vorhergehenden Sitzungen ge-sagt: Macht doch einmal einen Vorschlag! - Dann kam Ihre Aussage: Zur nächsten Sitzung machen wir einmal einen Vorschlag, wie es bei uns aussehen würde. - Dann kam die nächste Sitzung, und es kam wieder gar nichts, nada, null.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Sie können ankündigen, Sie können die Leute verunsichern. Die mittelständische Wirtschaft ist für uns der wichtigste Zweig in unserem Heimatland Sachsen-Anhalt, die Sie, Herr Siegmund, so schützen wollen. Aber Ihre eigenen Leute haben nichts auf der Kirsche in diesem Bereich. Gehen Sie einmal in den Wirt-schaftsausschuss! Schauen Sie sich das einmal an!

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Das ist unmöglich. Es ist im Parlamentarismus üblich, dass man unterschiedliche Meinungen hat. Aber es gehört sich nicht, etwas abschaffen zu wollen und damit unsere Wirtschaft und unsere Kommunen in ei-ne schwierige Situation zu bringen. Im Übrigen würden wir als Land verklagt werden, weil das Recht es vorsieht, dass es ein Vergabegesetz in dieser Form geben muss. Aber wir können es selber ausgestalten.

Und wir sorgen heute dafür, dass es den Kommunen in Sachsen-Anhalt bessergehen wird, dass es den mittelständischen Unternehmen, die Aufträge haben wollen, in Sachsen-Anhalt bessergehen wird. Die Kammern sagen ganz klar: Das ist der richtige Weg. Das erwarten wir von einer handlungsfähigen Regie-rung.

So werden wir Sachsen-Anhalt in vielen Bereichen auch in den nächsten Jahren vernünftig regieren. Wir werden dieses Land nicht von den Füßen auf den Kopf stellen, sondern es auf einen Weg bringen, sodass wir bei allen Herausforderungen der Zukunft klare und gute Lösungen haben. 

Dieser Gesetzentwurf ist ein Beispiel dafür. So sieht vernünftige Politik aus. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Herr Minister, Herr Gallert hat eine Intervention. 

(Wulf Gallert, Die Linke: Eine Nachfrage!)

- Eine Nachfrage. Er hat ja gesessen. - Herr Gallert, bitte schön.


Wulf Gallert (Die Linke): 

Herr Minister, ich gehe davon aus, dass Sie das Gesetz am Anfang nicht Tariftreue- und Vergabegesetz, sondern nur Vergabegesetz genannt haben. Deswegen stelle ich Ihnen folgende Frage. Es liegt eine Pres-semitteilung von Ihnen von heute vor. Darin steht, dass Direktaufträge mit diesem Gesetz bis zu 100 000 € möglich sind. Das haben Sie gerade wiederholt.


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten): 

Ja.


Wulf Gallert (Die Linke): 

Verhandlungsvergaben können bis zur EU-Schwelle erfolgen. Freihändige Vergaben für Bauleistungen sind jetzt bis zu einem Wert von 2,5 Millionen € möglich. 

Ich frage Sie: In welchen dieser drei Fälle muss der Paragraf zum Vergabeministerlohn zwingend ange-wendet werden?


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Herr Minister, bitte schön.


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten): 

Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. Zum einen ist das alles so umsetzbar, wie es gesagt wird. Wenn immer so getan wird, als würden unsere Unternehmen hier in Sachsen-Anhalt die Menschen schlecht be-zahlen, will ich Ihnen aber mal eines sagen: Es gibt kein Unternehmen mehr     

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Hendrik Lange, Die Linke) 

- Darf ich antworten, Herr Lange? 

(Hendrik Lange, Die Linke: Ja, machen Sie das doch!)

- Es gehört sich auch, dass man dann zuhört.

(Zustimmung bei der CDU - Hendrik Lange, Die Linke: Vielleicht antworten Sie auf die Frage, die gestellt wurde! - Zuruf von der CDU)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Herr Schulze, es war eine Nachfrage von Herrn Gallert. Nun haben Sie die Möglichkeit, darauf zu antwor-ten.


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten): 

Ich muss mir die Antwort nicht von Herrn Lange vorgeben lassen, sondern darf schon so antworten, wie ich es für richtig halte.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der CDU: Richtig! - Zuruf von Hendrik Lange, Die Linke)

Das, was in der Pressemitteilung steht und was uns im Übrigen auch die Kammern positiv bescheinigen, ist die Realität. - Punkt 1. 

Punkt 2: Wenn man so tut, als müssten wir als Politik über Mindestlöhne nicht nur die Unternehmen in irgendeiner Form gängeln, sondern auch die Mitarbeiter retten - die guten Mitarbeiter verdienen alle weit mehr als den Mindestlohn. 

(Beifall bei der CDU)

Jedes Unternehmen, auch in Sachsen-Anhalt, ist froh über jeden Mitarbeiter, der was kann, und zahlt diesem vernünftige Löhne. Dieser Vergabeministerlohn ist doch gar nicht unser Problem. 

Das Problem war, dass die Kommunen gesagt haben, wenn sie eine Ausschreibung machen, bewerben sich kaum noch Unternehmen. 

Ein weiteres Problem war, dass die Unternehmen gesagt haben, sie hätten so viele Restriktionen, dass es sich für sie nicht mehr lohne. 

Und das dritte Problem ist, dass Geld zur Verfügung steht, sowohl vom Land Sachsen-Anhalt als auch vom Bund, das wir gern in dieses Land investieren und nicht auf dem Konto lassen wollen. Dieses Geld würde aber nicht abfließen, wenn wir hier keine Erleichterungen schaffen. 

Wir können doch nicht in der Politik immer wieder sagen, dass wir Investitionserleichterungen brauchen, und es dann nicht umsetzen. Sachsen-Anhalt ist das erste Land, das das umsetzt.

(Beifall bei der CDU - Zurufe)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Herr Gallert hat eine Nachfrage.


Wulf Gallert (Die Linke): 

Das haben Sie alles schon einmal gesagt. Können Sie bitte meine Frage beantworten? Die Frage lautete: Für welche dieser Fälle, für Direktaufträge bis 100 000 €, für Verhandlungsvergaben bis zur EU-Schwelle oder für freihändige Vergaben von Bauleistungen bis 2,5 Millionen €, gilt noch zwingend der Vergabemi-nisterlohn? Können Sie mir diese Frage beantworten, ja oder nein? 


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten): 

Im ersten Fall nicht mehr; das habe ich bereits gesagt. Das wurde aber alles ausführlich und intensiv im Ausschuss diskutiert. 


Wulf Gallert (Die Linke): 

Da war ich dabei, aber in dieser Form wurde es dort nicht diskutiert. 


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten): 

Na ja, gut. Sorry. 

(Stefan Gebhardt, Die Linke: Er kann nicht antworten! - Zuruf von der CDU)


Wulf Gallert (Die Linke): 

Dann antworten Sie mir doch einfach hier.

(Unruhe)


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten): 

Ich habe Ihnen doch gerade gesagt, dass es im ersten Fall nicht mehr gilt, Herr Gallert. Wenn Sie mit meiner Antwort nicht zufrieden sind, ist das in Ordnung. Das dürfen Sie auch. Dafür sind Sie Opposition. 

Diese Antwort gilt, und im Übrigen gilt auch das, was wir im Ausschuss von vorne bis hinten durchdisku-tiert haben. 

Ich habe großes Verständnis dafür, dass aus Ihrer Sicht Dinge enthalten sind, die nicht gut sind. Ich glau-be aber, dass das Vergabegesetz, wie wir es bisher hatten - über viele Legislaturperioden hinweg  , auch nicht gut war. 

Jetzt bringen wir etwas Neues auf den Weg. Damit müssen Sie sich abfinden, damit müssen sich auch andere abfinden. Wichtig ist, dass es in diesem Land vorangeht, und das erreichen wir heute.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der Linken)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Vielen Dank, Herr Minister.