Juliane Kleemann (SPD):
Hohes Haus! Herr Präsident! Intensive Beratungen liegen hinter uns. Wir haben das gerade auch schon in den Dialogen zwischen den Rednern und dem Plenum gemerkt. Es geht um ein Gesetz zur breiteren Be-teiligung. Das starke Signal heute: Sachsen-Anhalt macht die Energiewende mit den Menschen vor Ort und für sie und nicht gegen sie.
(Beifall bei der SPD)
Endlich werden Kommunen verbindlich und fair beteiligt. Künftig gilt: Wer eine Wind- oder Solaranlage betreibt, der muss die Kommunen im Umfeld angemessen beteiligen, entweder durch feste jährliche Zah-lungen oder durch alternative Beteiligungsmodelle.
Es geht um sichtbaren Nutzen vor Ort durch die Energie aus Sonne und Wind: beim neuen Spielplatz, beim Schwimmbad, in der Kita, in der Schule, beim Fußballplatz oder bei der Unterstützung des Ehren-amts in der Kommune für Vereinsarbeit vor Ort. Es geht um Wertschöpfung vor Ort. Jeder Euro, der durch die Energiewende vor Ort erzeugt wird, bleibt künftig anteilig in der Kommune, kann in der Region investiert werden. Das ist nicht nur fair, das ist auch kluge Strukturpolitik für Sachsen-Anhalt.
(Beifall bei der SPD)
Akzeptanz, sehr geehrte Damen und Herren, entsteht eben nicht durch Verordnung, sondern durch Betei-ligung. Das hat uns die Wissenschaft klar bestätigt. Denn beim Energietag 2022 hat Frau Prof. Gundula Hübner von der Martin-Luther-Universität aufgezeigt, dass es schlicht nicht stimmt, die Mehrheit der Menschen vor Ort akzeptiere Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien nicht oder alle seien dage-gen; im Gegenteil.
Für Akzeptanz des Ausbaus der erneuerbaren Energien sind folgende drei Dinge entscheidend: erstens frühe und ehrliche Informationen über Projekte, zweitens Beteiligung an der Planung und der Umsetzung - also mehr als der Aushang oder das Auslegen der Pläne irgendwo in der Kommune, sondern z. B. deren Vorstellung mittels öffentlicher Veranstaltungen - und drittens spürbare Vorteile und Wertschöpfung in der Region.
Für den letzten Punkt schaffen wir jetzt dank des vorgelegten Gesetzentwurfes unter der Leitung von Prof. Dr. Armin Willingmann den gesetzlichen Rahmen. Unser Gesetz geht bewusst über die Grundrege-lung der finanziellen Beteiligung hinaus und eröffnet den Kommunen und den Anlagenbetreibern zusätzli-che Spielräume. Es ist schon gesagt worden: Neben den festen Zahlungen können alternative Beteili-gungsmodelle vereinbart werden. Das heißt: Vor Ort ist Spielraum vorhanden; den Kommunen und den Betreibern ist der Raum für angepasste Regelungen gegeben. Kreativität ist ausdrücklich erwünscht. Da-zu gehören, ja, verbilligte Bürgerstromtarife, pauschale Zahlungen an Einwohnerinnen und Einwohner oder aktive Beteiligungsangebote. Was vor Ort die richtige Idee ist, wird vor Ort entschieden. Individuel-les Verhandeln vor Ort und die Form finden - das passt, das ist mündiges Agieren zusammen. Wenn es keine Einigung gibt, dann greift automatisch der gesetzliche Grundfall, die Mindestzahlung. Niemand bleibt außen vor.
Gut ist auch - aber auch das ist eine Entscheidung vor Ort : Wenn die Einnahmen zur Haushaltskonsoli-dierung verwendet werden sollen, dann kann das geschehen, wenn die Vertretung vor Ort diese Ent-scheidung trifft. Der Gesetzeszweck muss gewahrt und für die Bevölkerung nachvollziehbar dargestellt werden. Ein Gewinn ist auch: Die Einnahmen werden bei den Berechnungen im Finanzausgleichsgesetz nicht berücksichtigt. Ich finde, auch damit ist uns ein guter Wurf gelungen.
(Zustimmung bei der SPD)
Dass das Prinzip der finanziellen Beteiligung, welcher Art auch immer, funktioniert, das können wir in Sachsen-Anhalt an verschiedenen Stellen sehen. Wir sehen es beim Windpark am Druiberg oder in den unterschiedlichen Energiedörfern, die es im Land gibt. Dort sind Menschen die selbstverantwortlichen Gestalter ihrer eigenen Energiewende.
Angstmacherei und Halbwahrheiten als Stimmungsmache gegen die Energiewende ist Arbeit gegen das Land und gegen die Menschen.
(Zustimmung bei der SPD)
Wir als Sozialdemokratie sind genau an dieser Stelle gegen jede Form von Angstmacherei und Stim-mungsmache; denn sie hilft dem Land nicht, sondern sie schädigt das Land.
(Beifall bei der SPD)
Unser Gesetzentwurf macht einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Zur Beteiligung kommen Gewinnerzählungen durch die Energiewende. Davon müssen wir uns erzählen und nicht immer davon, wo etwas schwierig ist. Denn es gibt mehr Gewinnererzählungen als Verlusterzählungen: Berichte und Beispiele von Orten, die durch Wind- und Sonnenstrom nicht verlieren, sondern gewinnen. Sie gewinnen an Infrastruktur, an Wertschöpfung, an Lebensqualität und an Zukunft. Heute ist ein guter Tag für Sach-sen-Anhalt. Heute beschließen wir ein Gesetz, das Vertrauen schafft, Akzeptanz stärkt und die Energie-wende vor Ort verankert. - Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke, Frau Kleemann.