Katrin Gensecke (SPD):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Inklusion ist nicht nur Herausforderung oder Wagnis. Nein, sie ist eine grundlegende Verantwortung und sie ist eine Chance, die uns als Gesellschaft vereint, weil sie nämlich alle Rechte der Menschen respektiert und fördert.
(Beifall bei der SPD- Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP, und von Wolfgang Aldag, GRÜNE)
Die Landesregierung hat die Große Anfrage sehr detailliert und sehr ausführlich beantwortet. Es gibt auch Erfreuliches zu berichten. Ich möchte einmal, bezogen auf Artikel 30 der UN-BRK - Kultur, Freizeit und Sport -, für den Bereich der Kultur, für ein anderes Ressort, berichten. In der neuen Kulturförderrichtlinie ist z. B. das Thema Barrierefreiheit sehr dezidiert aufgelistet. Sie ermöglicht Menschen mit Behinderungen, weitestgehend selbstständig und ohne fremde Hilfe Einrichtungen zu benutzen. Es besteht vermehrt die Möglichkeit, Informationen in leichter Sprache, in verständlicher Sprache, zu erhalten. Aber auch die Untertitelung in Gebärdensprache, z. B. Moritzburg in Halle, fällt mir dazu spontan ein.
Ich möchte auch und das mache ich eher selten einmal dem Mitteldeutschen Rundfunk sehr herzlich danken; denn 95 % aller seiner Sendeübertragungen, Sportberichterstattungen werden mit Gebärdensprache und mit Audiotranskription untertitelt.
(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei den GRÜNEN und von Frank Bommersbach, CDU)
Letztlich verpflichtet die UN-BRK nicht nur die Länder oder den Bund, sondern auch die Kommunen; denn hierbei sind die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu wahren, zu schützen und zu fördern. Diese Verpflichtung geht schon aus dem Grundgesetz - Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 - hervor. Wo findet denn das Leben tagtäglich statt? Genau, in den Kommunen, im direkten Kontakt mit den Menschen, die hier die Möglichkeit haben, Inklusion unmittelbar aktiv zu gestalten, natürlich mit den Menschen mit Behinderung; denn die wissen am allerbesten, was für sie wichtig und richtig ist.
(Zustimmung bei der SPD)
Das Forschungsprojekt der Universität Siegen und des Deutschen Instituts für Menschenrechte hat sich mit dem Thema, wie die Kommunen die Herausforderungen der Inklusion schaffen, befasst. Wer die Studie einmal ein Stück gelesen hat, der kann feststellen, dass Sachsen-Anhalt ganz weit oben steht. Daraus möchte ich zitieren:
In Sachsen-Anhalt scheint die Zahl der Gebietskörperschaften, gepaart mit einer Verpflichtung kreisfreier Städte und Landkreise zur Etablierung von Behindertenbeiräten und finanzieller Förderung von örtlichem Teilhabemanagement, die Erstellung von Aktionsplänen betreffend, günstig gewesen sein. Wichtig ist auch, dass im Landesaktionsplan 2.0 die Bedeutsamkeit auf kommunaler Ebene betont wurde.
Genau das steht in dieser Studie. Darin zeigt sich, wie gut dieses ESF-geförderte Programm Strahlkraft und Wirksamkeit ausstrahlt.
(Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD)
Aber wir wissen, die Kluft zwischen dem geschriebenen Recht und der gelebten Realität lässt Spielräume offen, und ja, gerade im Bereich des inklusiven Arbeitsmarktes. Aber wir wissen selbst, wir haben an dieser Stelle einige Fortschritte erzielt. Aber wo bleibt eigentlich die Bereitschaft der Arbeitgeber, die Potenziale, die Talente von Menschen mit Behinderung wahrzunehmen und diese zu nutzen? Auch hinsichtlich der Barrierefreiheit hat sich in Sachsen-Anhalt einiges verbessert. Aber solange private Dienstleister und Anbieter sich weigern, Barrierefreiheit verbindlich umzusetzen, werden auch weiterhin Menschen mit Behinderung draußen stehen bleiben.
Ich möchte zum Abschluss betonen: Inklusion bedeutet mehr als dieses Danke für die Rampe. Inklusion ist kein Zustand, sie ist ein Prozess. Diesen können wir alle gemeinsam in den Kommunen, im Land und im Bund gestalten; denn das ist für uns alle eine Chance. - Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Wolfgang Aldag, GRÜNE)
 Vizepräsident Wulf Gallert: 
Frau Gensecke, Sie haben sogar noch die Chance, weiterzureden; denn es gibt eine Intervention von Frau Anger. Da wir in einer Dreiminutendebatte sind, hat Frau Anger eine Minute Zeit. - Frau Anger, Sie haben das Wort, bitte.
 Nicole Anger (Die Linke): 
Ich will sagen: Es ist großartig, wie Sie wieder auf alle anderen zeigen, Frau Gensecke, auf den MDR, der eine gute Arbeit leistet, auf die Kommunen, die eine gute Arbeit leisten. Auf die Privaten schimpfen Sie natürlich zu Recht; denn sie haben auch eine Pflicht. Aber Sie haben relativ wenig dazu gesagt, welche Aufgabe die Koalition und welche die Landesregierung an der Stelle haben. Sie haben wieder einmal verpasst, wie Sie „einfach machen“ definieren.
Sie verweisen nur auf Papiertiger - das haben Sie im Ausschuss auch schon getan - und benennen Maßnahmenpläne, die seit Jahren schon in den Schubladen ruhen. Man hört nicht, was konkret gemacht und umgesetzt wird und woher der Fortschritt kommt. Es ist bedauerlich, dass Sie an dieser Stelle nicht bei sich bleiben und die Landesregierung auffordern, tätiger zu werden, vor allem Ihr Haus.
 Vizepräsident Wulf Gallert: 
Sie können antworten.
 Katrin Gensecke (SPD): 
Vielen Dank. - Ich möchte es noch einmal betonen, auch wenn ich das jetzt das zweite Mal sage und auch die Ministerin es erwähnt hat. Wir haben mit dem Teilhabemanager, so glaube ich, ein sehr gutes Förderprogramm. Zudem muss man auch immer einmal in die Kommunen und auch auf die Situation, als es den Teilhabemanager noch nicht gab, schauen.
Mir fallen spontan der Burgenlandkreis, der Saalekreis und der Landkreis Stendal ein; dort war das vorbildlich. Dort werden diese Pläne umgesetzt, und zwar immer mit den Menschen mit Behinderung.
(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)
Beinahe 14 Landkreise haben kommunale Aktionspläne, mit denen genau das umgesetzt wird, was zur Debatte steht. Das finde ich wichtig.
Selbst bei mir im Landkreis Börde - das war lange nicht möglich, weil sich viele, auch die Landräte, nicht immer einig waren, ob sie es finanzieren können - werden genau diese Dinge umgesetzt, sodass Menschen mit Behinderung einen gleichberechtigten Zugang zu allen gesellschaftlichen Ebenen haben. Das ist doch das, was wir alle wollen.
(Beifall bei der SPD)
 Vizepräsident Wulf Gallert: 
Frau Gorr, bitte.
 Angela Gorr (CDU): 
Danke, Herr Präsident. - Über die Beiträge der meisten Redner habe ich mich sehr gefreut, weil es zeigt, dass die Sensibilisierung für die Probleme der Menschen mit Behinderung vorangeschritten ist, auch hier im Parlament.
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, Danke schön zu sagen, und zwar den vielen im Bereich des Teilhabemanagements Tätigen, die nämlich das Bewusstsein von unten nach oben vorantreiben und die in den Kommunen und in den Landkreisen sehr wertvoll sind.
Zudem möchte ich einen ganz besonderen Dank an den Landesbehindertenbeirat richten, weil der Landesbehindertenbeirat seit Jahren den Finger unablässig in die Wunde legt. Der Landesbehindertenbeirat repräsentiert alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und er hat auch hier im Parlament schon den einen oder anderen deutlichen Impuls gesetzt, wie den Inklusionsbeirat, von dem heute die Rede war.
Ich möchte daran erinnern, als ich nach Sachsen-Anhalt kam - das ist schon sehr lange her ,
 Vizepräsident Wulf Gallert: 
Frau Gorr, Sie haben eine Minute und die ist verstrichen.
 Angela Gorr (CDU):
gab es noch Verwahranstalten für behinderte Menschen.
(Zustimmung bei der CDU)
 Vizepräsident Wulf Gallert: 
Frau Gensecke, wenn Sie wollen, dann können Sie jetzt darauf reagieren.
 Katrin Gensecke (SPD): 
Ich kann mich den Ausführungen meiner geschätzten Kollegin Frau Gorr nur anschließen. - Herzlichen Dank.