Tagesordnungspunkt 18

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes über die Sicherung der Abschiebung in Sachsen-Anhalt (Abschiebungssicherungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt - AbschSG LSA)

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 8/5890


Frau Ministerin Dr. Zieschang wird den Gesetzentwurf einbringen.


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport): 

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren Abgeordneten! Mit dem Ihnen vorliegenden Entwurf eines Gesetzes über die Sicherung der Abschiebung in Sachsen-Anhalt, kurz Abschiebungssicherungsgesetz, soll eine eigenständige landesrechtliche Grundlage für die Inbetriebnahme einer landeseigenen Abschiebesicherungseinrichtung geschaffen werden. 

Wie Sie wissen, konnten wir die Zahl der Rückführungen in den letzten Jahren jedes Jahr steigern. Dies war vielfach nur möglich, da wir vor der eigentlichen Abschiebungsmaßnahme Abschiebungshaft- und Ausreisegewahrsamsplätze in anderen Ländern genutzt haben. Dafür besteht bereits seit 2019 eine bilaterale Vereinbarung mit Niedersachsen. Darüber hinaus nutzen wir auch Plätze in anderen Bundesländern.

All dies ist mit erheblichem Aufwand verbunden - nicht zuletzt für die Landespolizei, die die Transporte begleitet und absichert. Zudem muss die Nutzung der Plätze in den anderen Ländern bezahlt werden. Deshalb richtet das Land in Volkstedt eine eigene Abschiebesicherungseinrichtung mit 30 Plätzen ein, die spätestens im zweiten Halbjahr 2027 in Betrieb gehen soll. So können wir die Rückführungen im Land deutlich effizienter und effektiver gestalten. Um den Betrieb der landeseigenen Abschiebesicherungseinrichtung sicherzustellen, bedarf es des Abschiebesicherungsgesetzes. 

Um eines gleich vorab klarzustellen: Wir schaffen nicht die Rechtsgrundlagen für Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam. Die Voraussetzungen und die Dauer von Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam regelt allein Bundesrecht. Wir regeln nur deren Umsetzung in unserer zukünftigen Abschiebesicherungseinrichtung. 

Menschen, die kein Bleiberecht in Deutschland haben, müssen unser Land wieder verlassen. Vor der zwangsweisen Durchsetzung der Ausreisepflicht wird ihnen eine angemessene Frist für die Ausreise eingeräumt. 

Die Beratungsangebote für die freiwillige Ausreise haben wir in diesem Jahr noch einmal erhöht. Dadurch hat sich die Zahl der freiwilligen Ausreisen spürbar erhöht. Wir halten daran fest, freiwillige Ausreisen weiter zu forcieren. 

(Zustimmung bei der CDU) 

Gegenüber denjenigen, die ihrer Ausreisepflicht nicht nachkommen, muss diese durchgesetzt werden. Dazu können unter den engen bundesgesetzlichen Voraussetzungen Abschiebungshaft als Ultima Ratio oder Ausreisegewahrsam erforderlich sein. In beiden Fällen bedarf es einer richterlichen Anordnung. 

Mit dem Abschiebesicherungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt werden die europarechtlichen und bundesgesetzlichen Bestimmungen sowie die Vorgaben der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes umgesetzt. Dies gilt insbesondere für das sogenannte Trennungsgebot.

Danach ist das Land dazu verpflichtet, eine spezielle Hafteinrichtung für Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam zu schaffen. Diese ist sowohl in ihrer Bauausführung als auch in ihrer Vollzugsgestaltung von einer Strafhaft zu unterscheiden. Dies wird im vorliegenden Abschiebesicherungsgesetz umfassend berücksichtigt. 

Der Gesetzentwurf enthält allgemeine Bestimmungen sowie in neun weiteren Abschnitten detaillierte Regelungen zu verschiedenen Themen, unter anderem zu Unterbringung und Versorgung, Beschäftigung und Religionsausübung, Besuchs- und Kommunikationsmöglichkeiten, Sicherheit und Ordnung, zum Einsatz unmittelbaren Zwangs, zur Verarbeitung personenbezogener Daten und zum Beschwerderecht. Es geht darum, ein sicheres und geordnetes Zusammenleben sowohl für die dort Untergebrachten als auch für die dort tätigen Bediensteten zu gewährleisten.

Der Gesetzentwurf sieht an den erforderlichen Stellen notwendige Ermächtigungsgrundlagen vor, z. B. für besondere Sicherungsmaßnahmen. Auch wenn derartige Maßnahmen nur selten in Betracht kommen, sind klare Regelungen für ein rechtssicheres und nachvollziehbares Handeln erforderlich. Zugleich sichert der Gesetzentwurf umfassende Bewegungsfreiheit innerhalb der Einrichtung sowie Besuchsmöglichkeiten und Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme mit Außenstehenden, bspw. mit Anwälten, um nur einige zu nennen. 

Darüber hinaus werden weitere Fragen zur Organisation der Abschiebesicherungseinrichtung und bspw. die Einrichtung eines Beirats geregelt. 

Mit dem Abschiebesicherungsgesetz legen wir einen rechtlich klaren, verlässlichen und überprüfbaren Rahmen für den Vollzug von Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam in Sachsen-Anhalt vor. Damit schaffen wir Rechtssicherheit für alle Beteiligten. 

Ich würde mich freuen, wenn der Gesetzentwurf zur weiteren Beratung in den Innenausschuss überwiesen würde. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Es gibt eine Nachfrage von Herrn Gallert. - Herr Gallert, bitte.


Wulf Gallert (Die Linke): 

Frau Ministerin, ich frage noch einmal dezidiert nach, weil es im Februar dieses Jahres eine Meldung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gab. Dort wurde dezidiert nach der Einrichtung von Abschiebehaftplätzen gefragt. Dort gibt es eine Aussage dieser Bundesinstitution, die auf „tagesschau.de“ nachzulesen ist. Auf die Frage, wie viele Immobilien derzeit für die Umsetzung der CDU-Pläne verfügbar sind, antwortete diese Anstalt, man biete den Ländern und Kommunen bundesweit 93 sogenannte Liegenschaften für die Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen, dezidiert für die Abschiebehaft, an. Weiter heißt es dort, dass diese grundsätzlich mietzinsfrei bereitgestellt werden. Weiterhin steht dort, dass der Bund die Kosten trägt, falls die Immobilien hergerichtet werden müssen. Das ist die Aussage der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben vom Februar dieses Jahres. 

Jetzt frage ich Sie, ob das Land ein entsprechendes Angebot für bundeseigene Immobilien bekommen hat, in denen Haftplätze auf Kosten des Bundes eingerichtet werden können. 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Frau Ministerin. 


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport): 

Danke. - Mir ist ein solches Angebot nicht bekannt. Ich kenne jedoch vergleichbare Aussagen der BImA, in denen es um die Unterbringung von Flüchtlingen ging. Dabei hat die BImA die Zahlen für das gesamte Bundesgebiet genannt. 

Daraufhin wurden wir immer gefragt, welche Angebote an uns ergangen sind. Mit Ausnahme der Landeserstaufnahmeeinrichtung in Stendal sind an uns keine Angebote ergangen. Für die Herrichtung dieser Einrichtung sind ja auch wesentliche finanzielle Mittel des Bundes eingeflossen. 

Für eine Abschiebesicherungseinrichtung ist mir kein Angebot für Sachsen-Anhalt bekannt. Es kann aber sehr wohl Angebote der BImA für andere Bundesländer geben. Diesen allgemeinen Überblick scheint die BImA in der von Ihnen zitierten Auskunft gegeben zu haben.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Frau Ministerin.