Tagesordnungspunkt 22

Beratung

Qualifikation statt Quote - Gleichstellungspolitik an Universitäten beenden

Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/5885


Einbringer ist Herr Tillschneider. - Herr Tillschneider, Sie haben das Wort. 

(Beifall bei der AfD) 


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD): 

Herr Präsident! Werte Kollegen! Sie erlauben, dass ich mit einer Geschichte aus dem Leben beginne, 

(Zurufe: Nein!)

einer wahren Begebenheit, die sich vor ca. zehn Jahren an einer deutschen Universität so zugetragen hat. Denn zum Auftakt der Debatte will ich in die schwüle, von realitätsfernen Dogmen und dumpfer Lebensscheu durchzogene Atmosphäre, die hier im Plenum herrscht, den frischen Wind der Wirklichkeit wehen lassen.

(Angela Gorr, CDU: Schreiben Sie wieder Buch? - Dr. Falko Grube, SPD, lacht)

Ich will die Geschichte aber anonymisiert erzählen. Es geht mir schließlich nicht darum, Personen anzugreifen, sondern Strukturen und Fehlentwicklungen. 

Es war einmal, 

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Märchen aus dem Paulanergarten!)

dass der Direktor eines geisteswissenschaftlichen Instituts einer deutschen Universität emeritiert wurde, ein gelehrtes Haus, ein Koryphäe auf seinem Gebiet. Die Stelle wurde neu ausgeschrieben und ein Besetzungsausschuss nach den Statuten der Universität gebildet. Es bewarben sich die Bewerber, und siehe, da stach ein Gelehrter heraus, der Einzige, für den die Fußspuren des Vorgängers nicht zu groß waren. Publikationen auf vielen verschiedenen Gebieten seines Fachs, gute Monografien, bestens rezensiert, dazu eine Überfülle an Aufsätzen, allesamt peer-reviewed, veröffentlicht in den anerkanntesten Journalen seines Fachs. Hinzu kamen viel Lehrerfahrung, viel Auslandserfahrung und schon einige Lehrstuhlvertretungen. 

Aber der gute Mann hatte ein Problem. Er war ein Mann und knapp über 50 Jahre alt und einer seiner Mitbewerber war eine Frau und sie war Mitte 30. Ihre wissenschaftliche Leistung war äußerst dünn. Promotion nur als ausgeweitete Magisterarbeit, Habilitation als ausgeweitete Promotion, gerade fertiggestellt. Im Grunde eine Ein-Themen-Wissenschaftlerin, aber sehr modisch, sehr modern, sehr feministisch bewegt und auch mit politischen Ansichten ausgestattet, natürlich aus dem linksgrünen Spektrum. 

Qualifikation und Quote prallten unversöhnlich aufeinander. Da von den fünf Professuren des Instituts bislang nur eine Stelle mit einer Frau besetzt war, forderte die Gleichstellungsbeauftragte unnachgiebig, dass die besagte Bewerberin den Vorzug erhalte. Der Besetzungsausschuss wäre wohl nicht ohne Weiteres zur erwünschten Entscheidung gekommen und so wurde von oben und von ganz oben nachgeholfen. 

Von ganz oben gab es das Angebot, dass dann, wenn die Dame berufen würde, ihre Professur einige Jahre mit einer Heisenberg-Förderung finanziert werden würde und erst danach müsste die Universität einspringen. Es ging um viel Geld, und so wurde von oben, also von der Universitätsleitung, dafür gesorgt, dass die Dame berufen wurde. Ihr Konkurrent zog weiter, und wenn er nicht gestorben ist, lebt er jetzt von einer Rente knapp unter oder knapp über dem Sozialhilfeniveau. 

(Olaf Meister, GRÜNE: Er sitzt im Landtag!)

Durch diese Fehlentscheidung wurde nicht nur dem zweifellos bestqualifizierten Bewerber Unrecht angetan. 

(Lachen bei den GRÜNEN)

- Sie lachen, aber es ist nicht zum Lachen. - Daneben wurde - das ist gravierender - die Wissenschaft beschädigt, weil das betreffende Fach fortan an jener Universität viel schlechter, als es möglich gewesen wäre, gepflegt wurde. Obendrein wurde allem Gequatsche von Qualitätssicherung zum Trotz den Studenten einen Bärendienst erwiesen, die nun statt eines Lehrers, von dem sie etwas hätten lernen können, eine bauernschlaue Karrieristin vorgesetzt bekamen, deren Hauptqualifikation darin bestand, weiblich und unter 40 Jahre alt zu sein. 

(Zuruf von der SPD)

Diese Geschichte hat sich so zugetragen, aber nicht nur einmal. Sie hat sich während der letzten Jahre in mannigfachen Variationen hundertfach an Universitäten und Hochschulen in ganz Deutschland abgespielt

(Dr. Katja Pähle, SPD: Er ist mehrfach abgelehnt worden?)

und sie gehört mit zu den Ursachen, die erklären, weshalb das Niveau an unseren Universitäten und Hochschulen schon seit Jahrzehnten stetig sinkt. 

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Weibliche Wissenschaftler strengen sich nicht mehr maximal an, weil sie dank Quoten- und Gleichstellungspolitik auch mit weniger Mühe einen uneinholbaren Vorsprung vor ihren männlichen Konkurrenten haben. Aus dem gleichen Grund werden männliche Wissenschaftler entmutigt; denn egal, wie gut sie sind, den Geschlechtsnachteil im Zeichen der herrschenden Gleichstellungspolitik können sie nicht ausgleichen. 

Rein rechtlich zwar darf das Geschlecht erst bei gleicher Qualifikation berücksichtigt werden, aber da die Qualifikationen auf der Ebene, auf der wir uns bewegen, nie exakt gleich sein können, bedeutet die bevorzugte Einstellung nach Geschlecht immer, dass Qualifikationsunterschiede relativiert und nivelliert werden, dass man Beurteilungsspielräume aus- und überreizt, es nicht so genau nimmt und Fünfe gerade sein lässt, um der Quote wieder einen Schritt näher zu kommen. Wer soll unter solchen Bedingungen noch Lust auf Wettbewerb haben? 

(Beifall bei der AfD) 

Das ist nicht frauenfreundlich, wie man meinen könnte, sondern wissenschaftsfeindlich und freiheitsfeindlich. Denn es gibt keinerlei rechtliche Benachteiligung mehr. Frauen und Männer sind vollkommen gleichberechtigt und absolut frei, jeden Beruf zu wählen, der ihnen gefällt. Und das ist auch gut so. 

Männer und Frauen aber nutzen diese Freiheit, indem sie tendenziell unterschiedliche Studienfächer und Berufe wählen, und auch das ist gut so. Ich will ganz aktuelle Beispiele geben. Während etwa der Frauenanteil unter den Studienanfängern im Wintersemester 2023/2024 in der Elektrotechnik bei gerade einmal 15,6 % lag, betrug er bei den Erziehungswissenschaften stolze 79,6 %; während er im Ingenieurwesen bei lediglich 23 % lag, waren mehr als 70 % der Anglistikstudenten weiblich. Nur 22,5 % der Informatikstudenten waren weiblich, aber 76,5 % der Psychologiestudenten usw. usf. 

(Dr. Katja Pähle, SPD: Numerus clausus - die Mädchen haben einfach bessere Abiturnoten!)

Trotz jahrelanger Versuche bei Berufsorientierungsveranstaltungen aller Art, Frauen mit Gewalt in technische Berufe zu drücken, lassen sich die meisten davon anscheinend nicht beeindrucken und nicht von ihren geschlechtsspezifischen Berufswahlgewohnheiten abbringen. Und das ist auch gut so. 

(Juliane Kleemann, SPD: Nein!)

- Doch! - Gleiches gilt für den Beruf des Professors. Zurzeit sind 29 % der Professoren weiblich. Wenn trotz der obszönen Überprivilegierung und einseitigen Förderung und all des massiven Drucks, mit dem Frauen in diesen Beruf gedrängt werden, immer noch keine Geschlechterparität herrscht, dann ist die Schlussfolgerung, die man daraus ziehen sollte, vielleicht nicht noch mehr Druck, sondern ein Ablassen von der fixen Idee der Geschlechterparität. 

Die Politik der Altparteien folgt der aus der Gender-Theorie geborenen Idee, man müsse in allen Berufen Geschlechterparität erreichen. Diese Idee aber ist nichts anderes als eine Wahnidee zur Vergewaltigung der Wirklichkeit. Und so stelle ich für die AfD-Fraktion klar, es ist nicht im Geringsten problematisch, wenn sich die Unterschiedlichkeit von Mann und Frau in unterschiedlichen Berufsspektren niederschlägt. 

Freie Entscheidungen für oder gegen bestimmte Berufe und unterschiedliche Berufswahlpräferenzen von Männern und Frauen sind zu respektieren. Sie sind Ausdruck der Mentalitätsunterschiede zwischen den Geschlechtern. Diese Mentalitäten wandeln sich, keine Frage, aber sie müssen nicht von der Politik manipuliert und in die eine oder andere Richtung gedrückt werden. Es geht die Politik nichts an, für welche Berufe sich die Bürger entscheiden. Die Politik muss dem sozialen Leben freies Spiel lassen. 

Deshalb werden wir alle wissenschaftsfeindlichen, alle freiheitsfeindlichen, alle wirklichkeitsfeindlichen und alle nach Geschlecht diskriminierenden Programme, Quoten und Regelungen an unseren Hochschulen und Universitäten ersatzlos streichen. 

(Beifall bei der AfD) 

Das wird ein großer Befreiungsschlag, der Gerechtigkeit wiederherstellt und der dazu führt, dass sich Leistung wieder lohnt und dass Männer und Frauen an der Universität wieder unabhängig von ihrem Geschlecht nach Höchstleistungen streben und unabhängig von ihrem Geschlecht allein nach ihrer Leistung ausgewählt werden, wenn die Plätze knapp sind. 

Die besten Nachwuchswissenschaftler aus dem ganzen Bundesgebiet werden dann nach Sachsen-Anhalt strömen, weil sie sicher sein können, dass ihre Leistung hier unverfälscht und ungehindert durch verqueres Quotendenken so sehr gewürdigt wird wie nirgendwo sonst im Bundesgebiet. Dadurch wird dann, unterstützt von einer leistungsfreundlichen Förderpolitik, das Geistesleben an unseren Universitäten und Hochschulen eine solche Belebung erfahren, dass Sachsen-Anhalt eine führende Rolle innerhalb der deutschen Wissenschaft einnehmen wird. Wir werden Sachsen-Anhalt groß machen in der Wissenschaft und nicht nur in der Wissenschaft. - Schönen Dank. 

(Beifall bei der AfD - Dr. Falko Grube, SPD, und Frank Bommersbach, CDU: Oh!)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Frau Gorr hat eine Intervention. 

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Muss das sein? - Zuruf von der CDU)


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD): 

Schön. 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Frau Gorr, bitte. 


Angela Gorr (CDU): 

Ich werde angemeckert, weil ich das Wort erheben möchte. Das interessiert mich aber nicht. Ich bin eine frei gewählte Abgeordnete. 

(Ulrich Siegmund, AfD: Jawohl!)

Herr Dr. Tillschneider, ich würde gern wissen, wie Sie die historische Tatsache einschätzen, dass zu Beginn des letzten Jahrhunderts Frauen in naturwissenschaftlichen und auch sonstigen Fächern an den Universitäten erst extrem spät zum Studium zugelassen wurden. Sie wurden von Männern daran gehindert. Ich kann das, mit Verlaub, äußern; denn es ist historisch belegt. 

Wie bewerten Sie die Tatsache, dass in den Jahren sehr viele Frauen einen großen Anteil an den von Männern später erhaltenen Nobelpreisen hatten? Das sind naturwissenschaftliche Fächer, sodass das nach Ihrer Rede - auf die ich mich, Herr Präsident, jetzt direkt beziehe - ein wenig anders zu werten ist. 

(Lachen bei den GRÜNEN)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Schön, Frau Gorr. - Sie können antworten. 


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD): 

Was soll ich sagen? - Das Verhältnis der Geschlechter und auch die Berufswahlpräferenzen und die Vertretung in bestimmten Berufsparten ist dem historischen Wandel unterworfen.

(Zuruf von der SPD: Genau!)

Wir wollen nicht zurück in die Vergangenheit. 

(Olaf Meister, GRÜNE: Oh!)

Wir wollen die Zukunft aber nicht manipulieren. 

(Dr. Falko Grube, SPD: Daran werden wir Sie erinnern!)

Ich habe vor Jahren ein interessantes Gespräch mit einer Musikwissenschaftlerin in Leipzig geführt. 

(Zuruf von Frank Bommersbach, CDU)

- Lassen Sie mich ausführen. - Es war ein sehr ehrliches Gespräch. Sie hat im Vertrauen unter uns gesagt: Früher in den 60er-Jahren war es tatsächlich so, dass man als Frau, um sich durchzusetzen, besser sein musste als die Männer. Damals gab es tatsächliche Diskriminierung von Frauen. Aber mittlerweile haben sich die Verhältnisse im Zeichen der Gleichstellungspolitik umgekehrt. Diese Dame hat mir gesagt, ihr Männer tut mir leid, weil ihr euch heute doppelt so viel anstrengen müsst. 

Ich finde, es müsste sich niemand aufgrund seines Geschlechts doppelt so viel anstrengen müssen, sondern wir sollten Leistungen einfach gleich messen, das sollte man hinkommen. 

(Beifall bei der AfD - Ulrich Siegmund, AfD: Sehr gut!)