Ulrich Thomas (CDU):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Mir ist es wichtig, am Ende dieser Debatte ei-ne Vorbemerkung zu tätigen. Worüber reden wir eigentlich? - Wir reden über eine Kommune, über die öffentliche Hand. Diese hat eine Leistung zu vergeben, möchte einen Auftrag erteilen, führt zu diesem Auftrag eine Ausschreibung durch, bekommt Angebote, bewertet diese Angebote, und dann kommt es zur Auftragserteilung - nicht mehr und nicht weniger. Das war jahrzehntelang in Deutschland ein Verfah-ren, meine Damen und Herren, das sehr gut funktioniert hat. Schauen Sie sich um: Alles, was hier gebaut wurde durch die öffentliche Hand, war Folge dieses Prozesses. 

Nun sollte man denken: Wenn etwas gut läuft, dann bleiben wir auch dabei. Aber nein, über die Jahre haben wir dieses Vergabeverfahren mit politischen Forderungen dermaßen überfrachtet und dermaßen unpraktikabel gemacht, dass Sie jeden fragen konnten: „Seid ihr denn mit dem Vergabeprozess und mit den Regelungen zur Vergabe einverstanden?“, und jeder hat Ihnen gesagt: „Nein, das sind wir nicht.“ Das haben die Kommunen gesagt, das hat auch die private Wirtschaft gesagt und das sagen auch wir als CDU-Fraktion. Wir sind mit den derzeitigen Vergaberegelungen unzufrieden, meine Damen und Herren. 

(Beifall bei der CDU)

Kollege Meister, Sie waren auch einmal in einer Koalition. Sie werden so schnell nicht wieder in eine hin-einkommen, vermute ich einmal.

(Olaf Meister, GRÜNE: Man weiß es nicht! Mal schauen! - Sebastian Striegel, GRÜNE: Be careful what you wish!)

Sie wissen doch, wie das in Koalitionsverhandlungen ist: Natürlich müssen Sie dabei Zugeständnisse ma-chen und natürlich muss man kompromissfähig sein. Wenn Sie diese Kompromissfähigkeit nicht haben, dann sind Sie nicht mehr koalitionsfähig. Wir als CDU sind das und wir werden auch an entsprechender Stelle immer verhandlungsbereit sein. 

(Zuruf von Olaf Meister, GRÜNE)

Aber wir erkennen   das will ich deutlich sagen   natürlich auch Fehlentwicklungen. Wir schlafen ja nicht neben der feuchten Wand 

(Olaf Meister, GRÜNE, lacht)

wie manch andere, sondern wir sind mit den Leuten im Gespräch. Natürlich wurde uns gesagt, es ist zu viel Bürokratie in diesem Gesetz. Reden Sie einmal mit Unternehmen darüber, was sie ausfüllen mussten an Formularen, was sie beibringen mussten an Zertifikaten, um an einfache Aufträge zu kommen. Sie ha-ben gesagt: Das machen wir nicht mehr. Ich finde, es ist berechtigt, dass sie sagen, es ist zu viel Aufwand und damit lohnt sich die Auftragsannahme nicht mehr. 

Meine Damen und Herren! Wir hatten unklare Kriterien. Was ist sozial gerecht? Wer kennt die Definition so, dass sie auch vor dem Richter oder den Juristen Bestand hat, meine Damen und Herren? Wer will die Definition von „ökologisch nachhaltig“ als Ausschreibungsbedingung wirklich bewerten? Das funktioniert nicht. 

Das führte dazu, dass regionale Unternehmen benachteiligt wurden, weil sie sich an Ausschreibungen einfach nicht mehr beteiligt haben. Sie haben gesagt: Das machen wir nicht mehr, es ist uns zu viel Auf-wand. Das führte dann dazu, dass viele Aufträge keinen Auftragnehmer mehr gefunden haben. 

(Zurufe von der CDU: Ja! Genau!)

Ich sage Ihnen das jetzt genau vor dem Hintergrund, dass wir in den kommenden Jahren viel Geld auf die Straße bringen müssen. Wenn die Leute nicht zurückkommen und sich um diese Aufträge bewerben, meine Damen und Herren, dann wird das verpuffen. Das wird mit der CDU-Fraktion nicht zu machen sein. Wir haben ein Interesse daran, dass dieses Geld zügig und unbürokratisch auf die Straße kommt, meine Damen und Herren. 

(Beifall bei der CDU)

Ein letzter Fakt. Herr Meister und Herr Gallert haben wenig über Fakten erzählt, sie haben nur über Ver-fahren gesprochen. Ich finde, wenn das Land es erfordert, dann führe ich auch in der Mittagspause eine Ausschusssitzung durch.

(Olaf Meister, GRÜNE: Ja! Qualität!)

Das ist für mich selbstverständlich. Darüber muss ich mich nicht aufregen.

(Beifall bei der CDU)

Das war auch nicht die erste Ausschusssitzung in einer Mittagspause. Das muss man den Menschen ein-mal sagen: Die AfD und die Grünen gehen lieber Mittagessen, als hier über Gesetzentwürfe, die wichtig sind für das Land, zu beraten.

(Zurufe von Cornelia Lüddemann, GRÜNE, und von Olaf Meister, GRÜNE)

- Ja, es ist so. Das haben Sie doch gerade gesagt.

(Beifall bei der CDU)

Dann stehen Sie doch dazu. Das war doch so.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Billig, billig, billig!)

Ich kann Ihnen nur sagen, bei Gesetzentwürfen werden wir dieses Tempo auch zukünftig vorlegen. Denn eines wollen wir nicht: Wir wollen keine Verschleppung von Vergabeverfahren. Denn im Ergebnis einer Verschleppung von Vergabeverfahren passiert nur eines: Der gesamte Auftrag wird teurer. Genau das wollen wir nicht. Wir wollen jeden eingesetzten Euro möglichst effektiv einsetzen. Deswegen ist es rich-tig, dass wir dieses Gesetz heute hier novellieren, und das in einem Verfahren   manche nennen es Schweinsgalopp, das kann man so sagen  , das wir als CDU in der Koalition das neue Sachsen-Anhalt-Tempo nennen.

(Lachen bei der CDU und bei der AfD)

Mit diesem Tempo werden wir Sie noch öfter überraschen, meine Damen und Herren, bei dem, was wir vorhaben.

(Beifall bei der CDU)

Ich erinnere daran: Wir novellieren gerade die Landesbauordnung, wir novellieren gerade das Straßenge-setz. Wir als CDU-Fraktion werden auch einen Vorschlag vorlegen für ein neues Investitionserleichte-rungsgesetz.

(Guido Kosmehl, FDP: Oh!)

Wir wollen in diesem Tempo bleiben. Ich freue mich auf viele Vorschläge, die dazu kommen. 

Ich will noch darauf hinweisen: Ich hätte heute auch gern über den Gesetzentwurf der AfD gesprochen. Ich hätte gern aus dem Gesetzentwurf zitiert. Ich versuche es einmal mit einem Zitat: ... - Richtig, es gibt nichts, das ich zitieren kann. Das wäre auch nicht weiter schlimm, wenn man es nicht angekündigt hätte. Das muss man den Leuten in diesem Land sagen: Die AfD kündigt an, sie kann auch gut kritisieren, aber wenn sie dann einmal liefern soll, dann ist der Paketdienst leer. Dort ist nichts. 

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP)

Ich sage Ihnen, das ist nicht einmal heiße Luft. Denn selbst heiße Luft spürt man, meine Damen und Her-ren. 

(Sandra Hietel-Heuer, CDU, lacht - Zustimmung bei der CDU)

Deswegen lade ich Sie alle herzlich ein, diesem Gesetzentwurf heute zuzustimmen. 

Ein letzter Satz an die Bedenkenträger, die hier links von mir sitzen. Wir haben eine ähnliche Debatte zum Thema Ladenöffnungszeitengesetz geführt. Sie erinnern sich: Sonntagsöffnung für automatisierte Läden. Was ist uns hier erklärt worden? - Das Gesetz geht so nicht, das ist rechtlich nicht sicher, wir ha-ben mit einer Klageflut zu rechnen. Meine Damen und Herren! Wo ist die Klageflut? 

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Wenn ich Gesetze mache und wenn ich davon überzeugt bin, dann bin ich auch mutig in dem, was ich tu-e, und trage nicht Bedenken vor mir her. Denn wenn ich Bedenkenträger bin   und das sind Sie in diesem Falle  , dann tue ich alles Mögliche, aber nicht handeln. Und das hat dieses Land nicht verdient. Dieses Land braucht eine handlungsstarke Koalition, eine handlungsstarke Regierung. Diese haben wir. Das wird auch dieses Gesetz wieder unterstreichen. - Vielen Dank

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Vielen Dank, Herr Thomas. - Jetzt kommt Herr Meister noch mit einer Intervention an die Reihe.


Olaf Meister (GRÜNE):

Mir geht es um das Niveau der Auseinandersetzung.

(Oh! bei der CDU und bei der AfD)

- Ja, genau. Meine Kritik an der Mittagspause geht nicht dahin, dass es mir nicht möglich gemacht wird zu essen. Wir können gern in jeder Mittagspause irgendwelche Sitzungen durchführen. Das tun wir auch oft. Die Frage ist vielmehr: Wie ernst kann ich in einer Mittagspause mit der zeitlichen Enge, die ich dort ha-be, über einen solchen Gesetzentwurf beraten?

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der Linken)

Das funktioniert nicht. Das ist eine Missachtung gegenüber diesem Thema. Es ist eine Missachtung ge-genüber dem Parlament, solche Dinge anzusetzen und zu sagen: Mittagspause, ganz normal; das machen wir. Mir das dann noch vorzuwerfen, ist unerhört. 

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der Linken)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Herr Thomas, wollen Sie reagieren?


Ulrich Thomas (CDU):

Kollege Meister, diese Meinung dürfen Sie haben. Ich möchte aber ausdrücklich dem Eindruck entgegen-treten, es wäre nicht genügend Gelegenheit gewesen, über diesen Gesetzentwurf zu beraten. Er lag vor und es war auch genügend Zeit. 

Ich sage Ihnen eines dazu, warum wir es mit diesem Gesetzentwurf so eilig hatten, dass er möglichst zum 1. Oktober, spätestens zum 1. November in Kraft tritt: Wenn das Geld aus Berlin kommt

(Lothar Waehler, AfD: Wenn!)

und den Kommunen schnell helfen soll, dann fange ich jetzt nicht an,

(Beifall bei der CDU)

noch ein halbes Jahr zu diskutieren. Das können Sie gern tun. Dann sage ich Ihnen: Ich nehme Ihren Wi-derspruch gern in Kauf, um die Kommunen und die Wirtschaft in die Lage zu versetzen, dieses Geld zügig zu verbauen. Denn darauf warten alle. Ich glaube, auch die kommunale Landschaft freut sich über dieses Gesetz. Das werden wir in den kommenden Wochen und Monaten erleben. 

Auch Sie werden dann vielleicht zu der Einsicht kommen, die wir bei dem Thema Vergabegesetz jetzt auch hatten: So schlecht, wie Sie es heute geredet haben, ist das Gesetz bei Weitem nicht. Ich wünsche mir auch, dass Sie eine gewisse Selbstreflexion haben   dafür kenne ich Sie genug   und sagen: Okay, das Gesetz war doch in Ordnung. Wir sind davon überzeugt und der Beweis wird in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren kommen. - Vielen Dank. 

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Thomas.