Hendrik Lange (Die Linke): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Grube Brüchau beschäftigt den Landtag seit 2017. Es gab Anfragen seit 2015. Es gab unzählige Ausschussberatungen bis in dieses Jahr hinein. Es gab sogar einen Untersuchungsausschuss. 

Ich möchte betonen: Dass die Giftgrube Brüchau so oft politisch thematisiert wurde und bis heute die Politik bewegt, das ist das große Verdienst der Bürgerinitiative „Saubere Umwelt und Energie in der Altmark”. Für dieses Engagement bedanke ich mich. 

(Beifall bei der Linken)

Die Menschen in der Bürgerinitiative haben nicht lockergelassen und sie lassen nicht locker. Und das ist richtig so. 

(Beifall bei der Linken)

Denn auch wir wurden von den Behörden jahrelang hingehalten und falsch informiert, meine Damen und Herren. Die Leute vor Ort machen das sogar noch viel länger mit. 

Ein Beispiel: Als die Grube Brüchau im Umweltausschuss Thema wurde, hieß es, man wisse zwar von Schadstoffen unter der Grube, es handele sich dabei aber um einen stationären Schaden, der wahrscheinlich vor der Wende entstanden sei. Da sei mal etwas danebengekippt worden, aber die Grube sei dicht. Und wenn, dann seien es doch nur Salze, die man im Abstrom finde - also keine Gefahr.

Die Diskussionen im politischen Raum führten dann dazu, dass man sogar Pumpversuche machen wollte, um die Dichtigkeit zu beweisen. Aber dann kam doch die Erkenntnis, dass die Grube undicht ist. Das kann man eben nicht einfach abdecken, wie es ursprünglich der Plan war. 

Meine Damen und Herren! Hätte die Bürgerinitiative nicht gekämpft und hätten wir im Parlament das Thema nicht aufgegriffen, wäre die undichte Grube vielleicht schon abgedeckt worden und die zuständige Firma hätte sich über die Kostenersparnis gefreut. 

(Zuruf)

Dabei hat der Untersuchungsausschuss ergeben, dass die Menschen schon in den 90er-Jahren gewusst haben, dass die Grube undicht ist. Allein die Tatsache, dass große Mengen Salzsäure eingelagert wurden, muss doch eine Reaktion mit der Mergelschicht zur Folge gehabt haben. Zeugen sprachen von einem „irren Einlagerungsregime“. Es wurde berichtet, dass alle wussten, dass es sich um einen riesigen Hotspot für Umweltgefahren in der Altmark handelt. Und bis heute sind Menschen in Landesbehörden beschäftigt, die schon in anderer Funktion genau davon Kenntnis hatten und haben. Auch das hat der Untersuchungsausschuss ergeben. 

Meine Damen und Herren! Auf das Eingeständnis, dass die Grube undicht ist, folgten wilde Vorschläge dahin gehend, einzelne Sickerpunkte ausfindig zu machen und dann mit einem Wabenverfahren zu verschließen. 

Ich kürze das einmal ab: Es gab dann den Beschluss des Landtages, dass die Grube ausgekoffert und der eingelagerte Giftmüll fachgerecht entsorgt werden soll. Bis dahin war es ein langer Kampf, und zwar der Bürgerinitiative, der Menschen vor Ort und auch für uns als Opposition. 

Meine Damen und Herren! Der Untersuchungsausschuss legt die Schlussfolgerung nahe, dass die Behörden vor der Undichtigkeit der Grube absichtlich die Augen verschlossen haben. Der ganze Vorgang hat eines gekostet: Vertrauen, Vertrauen, das so wichtig ist für unseren Rechtsstaat, Vertrauen, das so wichtig ist für unsere Demokratie. Ich fürchte, solange ehemalige Mitarbeiter der Bergbaufirma heute noch in Landesbehörden Entscheidungen zur Giftgrube Brüchau treffen, wird dieses Vertrauen nicht zurückkehren.

(Beifall bei der Linken und bei der CDU)

Solange Gutachter durch die Firma beauftragt werden, wird dieses Vertrauen nicht zurückkehren. 

(Kathrin Tarricone, FDP: Schon wieder!)

Solange vor Ort nicht ein transparenter Prozess organisiert wird, wird dieses Vertrauen nicht zurückkehren. Und genau hier ist die Landesregierung, sind Sie, Herr Schulze, gefragt. 

(Beifall bei der Linken)

Organisieren Sie endlich diesen transparenten Prozess in der Altmark! 

Wenn Sie nicht auf uns hören, weil wir die Opposition sind, dann hören Sie auf Ihre Kollegin Kleemann in der Koalition. Sie hat heute wirklich sehr gute Worte dazu gefunden. Lesen Sie das nach und organisieren Sie endlich diesen Prozess vor Ort!

(Beifall bei der Linken)

Meine Damen und Herren! Im Untersuchungsausschuss kam auch zur Sprache, dass Behörden wie das LAGB gar nicht über das nötige Personal und die finanziellen Mittel verfügen, um selbst umfassend zu kontrollieren. Sie sind auf die Gutachten der Unternehmen angewiesen. Das Unternehmen, das kontrolliert werden soll, gibt also die Gutachten dazu in Auftrag. Und Gutachter sind auf Aufträge angewiesen. Das ist fatal für jedes Vertrauen in Behördenhandeln.

(Zuruf)

Es wird Zeit, dass die kontrollierenden Behörden die Gutachten transparent beauftragen und der gut verdienenden Firma die Kosten dafür in Rechnung stellen. 

Meine Damen und Herren! Ein Teil der Giftstoffe wurde schon zu DDR-Zeiten eingelagert. Im Untersuchungsausschuss kam aber zur Sprache, dass die Giftgrube noch bis 2012 zur Entsorgung genutzt wurde - immerhin 22 Jahre nach der Wende.

Es gab auch Hinweise darauf, dass nicht nur die Betreiberfirma dort ihre Abfälle aus der Erdölförderung billig entsorgt hat, sondern auch andere Firmen, was hochgradig fragwürdig ist. Fakt ist: Für das Erdgasunternehmen war die Giftgrube ein billiger Entsorgungsweg und ein Geschäft. 

(Kathrin Tarricone, FDP: Für die DDR auch!)

Warum nun die Altlastenanstalt den allergrößten Teil der Stilllegungskosten tragen soll, wird noch zu hinterfragen sein. Hiermit werden wieder Gewinne privatisiert und Kosten sozialisiert, 

(Beifall bei der Linken und bei der CDU)

so mein Eindruck. Und das ist fatal. 

(Beifall bei der Linken)

Meine Damen und Herren! Es ging und geht in diesem Fall immer wieder ums Geld. Die Auskofferung und die sichere Entsorgung sind natürlich teuer. Das ist aber der richtige Weg. Denn das jetzt vorgeschlagene Verfahren birgt weiterhin Gefahren für Mensch und Umwelt. Es ist doch schwer zu glauben, dass die Umlagerung der Giftstoffe, einschließlich Quecksilber, Cyanide und radioaktiver Stoffe, in das Umfeld der Grube sicher sein soll. 

Es muss sichergestellt werden, dass tatsächlich nichts mehr am Boden dieser Grube verbleibt und dass alle Giftstoffe entfernt werden. Anschließend soll eine künstliche Basisabdeckung für die Deponie entstehen, die den Giftmüll auf alle Zeit   mit Ewigkeitsgarantie!   sicher verwahrt. 

Frau Frederking hat etwas zu den Kunststoffbahnen gesagt. Dass der BUND dagegen klagen wird, ist für mich nachvollziehbar. Die Gerichte werden auch entscheiden, was von diesem Verfahren tatsächlich umgesetzt werden kann und was nicht.

Meine Damen und Herren! Allein die EU-Quecksilberverordnung macht strenge Vorschriften für den Umgang mit diesen Abfällen. Verfestigen, separates Einlagern - das sind nur zwei Beispiele, die große Zweifel an dem jetzt genehmigten Verfahren aufkommen lassen. Ganz zu schweigen von der Frage der radioaktiven Substanzen, für die angeblich kein sicherer Entsorgungsweg gefunden wurde. Dabei gibt es klare Hinweise, wie mit quecksilberhaltigem Abfall umgegangen werden soll - „Untertagedeponien“ ist hierfür das Stichwort. Doch davor scheuen die Verantwortlichen natürlich zurück; denn das ist teuer. Es ist also wieder das liebe Geld.

Meine Damen und Herren! Damit meine ich übrigens nicht den LAGB. Der prüft nach Recht und Gesetz. Aber schon in der LAF gab es genügend Diskussionen darüber, in welcher Höhe Entsorgungskosten für die Auskofferung oder das Abdecken der Grube aufgebracht werden müssen. Und ganz klar: Auch das Unternehmen möchte bei der Grube den günstigsten Entsorgungsweg aufrechterhalten. 

Meine Damen und Herren! Die Giftmüllgrube Brüchau liegt wegen der Zeit vor der Wende in gesellschaftlicher Verantwortung. Nach der Wende hat das Bergbauunternehmen noch lange Zeit viel Geld mit ihr gemacht. Daher ist auch das Unternehmen dafür verantwortlich, den Schandfleck in der Altmark zu beseitigen. Die Gefahren für Menschen und Umwelt sind offensichtlich. Das genehmigte Verfahren hinterlässt große Zweifel an der dauerhaft sicheren Verwahrung des Giftmülls. 

Es mag sein, dass ein rechtsstaatliches Verfahren ein Versagen des Abschlussbetriebsplans durch die Aufsichtsbehörde gegenüber dem Unternehmen nicht zulässt. Das Vertrauen der Menschen gewinnen die Landesregierung und das Land so jedoch nicht zurück. Wir werden sehen, was die Klagen ergeben. Meine Fraktion ist davon überzeugt, dass Auskofferung und sichere Entsorgung der sicherste Weg ist. Kurz und griffig: Die Grube muss weg.

(Beifall bei der Linken und bei der AfD)


Vizepräsident Wulf Gallert:  

Damit sind wir am Ende dieses Redebeitrags.