Dr. Falko Grube (SPD):
Herr Präsident! Hohes Haus! Wir sprechen heute über die Würdigung der Lebensleistung eines einheimischen Sportidols, über die Lebensleistung von Täve Schur. Nun mag der eine oder die andere kritisieren, wir greifen damit in die Autonomie des Sports ein. Das tun wir nicht, im Gegenteil. Der Landessportbund Sachsen-Anhalt hat Täve Schur schon vor langer Zeit zum Ehrenpräsidenten ernannt, aus gutem Grund. Mit dem heutigen Antrag machen sich die Koalition und dieses Hohe Haus zum Anwalt des Sports. Wir unterstützen den Landessportbund und den Ministerpräsidenten in der Entscheidung, Täve Schur den Landesverdienstorden zu verleihen. Er hat es wirklich verdient.
(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
Das gilt auch für die Aufnahme in die Hall of Fame des deutschen Sports. Täve Schur war und ist hier im Osten ein Sportidol. In vielen Generationen wusste jeder um seine beiden Weltmeistertitel 1958 und 1959, um sein Olympiasilber in Rom 1960 mit der Mannschaft und um seine beiden Friedensfahrtsiege.
Jeder wusste, dass Täve auch nach seiner Karriere jährlich noch Tausende Kilometer rund um Magdeburg abspult. Ja, Täve Schur war und ist das Idol vieler Menschen und dieses Idol gehört in die Hall of Fame.
(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei der Linken und bei der FDP)
Warum wurde er trotzdem nicht aufgenommen? - Als Gründe für Täve Schurs Nichtaufnahme wird erstens angeführt, er war der Repräsentant einer Diktatur und hat sich von ihr nicht distanziert. Zweitens wird angeführt, er verharmlost systematisches Doping. Manchmal schwingt leise der Verdacht mit, er hätte selbst gedopt. Hinweise darauf gibt es ausdrücklich nicht. Ich bin im Übrigen auch dagegen, alle Sportlerinnen und Sportler aus der DDR im Nachhinein unter Generalverdacht zu stellen. Die Unschuldsvermutung kennt kein Geburtsland.
(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei der Linken und bei der FDP)
Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere ist, dass man mit den Biografien und den Äußerungen anderer Idole in der Hall of Fame deutlich anders umgegangen ist. Ich nenne zwei Beispiele: Josef Neckermann und Franz Beckenbauer. Der eine, Neckermann, war Repräsentant einer Diktatur und hat sich zeitlebens nicht dafür geschämt. Der andere, Beckenbauer, leugnete zeitlebens Doping im Fußball.
Die deutsche Sporthilfe hat übrigens einen sehr guten Weg gefunden, damit umzugehen. Sie zeigt in der Hall of Fame die biografischen Brüche ihrer Mitglieder auf. Bei Neckermann wird z. B. seine Rolle im Nationalsozialismus thematisiert. Das, meine Damen und Herren, wäre auch ein guter Umgang mit Täve Schur.
So wie es jetzt ist, bleibt der fade Beigeschmack, ost- und westdeutsche Sportbiografien werden mit unterschiedlichen Maßstäben gemessen.
(Zustimmung von Dr. Heide Richter-Airijoki, SPD und bei der CDU - Beifall bei der Linken)
Es bleibt der fade Beigeschmack, die Idole des Westens sind mehr wert als die Idole des Ostens. Es bleibt der fade Beigeschmack, die Lichtgestalt des Westens ist mehr wert als der Jahrhundertsportler des Ostens. Es wäre gut, diesen Geschmack endlich loszuwerden.
Lassen Sie mich noch eine Abschlussbemerkung anbringen. Täve Schur hat das Regenbogentrikot immer mit Stolz getragen.
(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der Linken - Eva von Angern, Die Linke: Genau!)
Er hat es zweimal gewonnen. Es ist das Zeichen des Weltmeisters. Der Regenbogen gehört zum Sport, zumindest zum Radsport. -Vielen Dank.