Ulrich Siegmund (AfD): 

Jetzt machen wir einmal den Faktencheck. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erinnern Sie sich noch an die Proteste der Landwirte vor anderthalb Jahren? Tausende gingen gegen die katastrophalen wirtschaftlichen Entwicklungen in diesem Land auf die Straße - der Mittelstand, Handwerker, Landwirte, Spediteure und viele mehr. Und was hat die Politik damals mit den Sorgen und Nöten dieser Betroffenen gemacht? - Es wurde alles schöngeredet. Es wurde entweder ignoriert oder schöngeredet. Genau das passiert heute auch. Die SPD-Fraktion hat für heute eine Aktuelle Debatte eingebracht, in der sie der Meinung ist, dass Bürgergeld nicht von ehrlicher Arbeit ablenkt, weil es unbequem im Bürgergeld sei und weil sich Arbeit lohnen solle. Das ist die Meinung der SPD.

(Zuruf von Dr. Katja Pähle, SPD)

Ich behaupte das Gegenteil. Sie wollen Leuten wie mir heute quasi in einem Faktencheck etwas entgegensetzen. Darauf habe ich mich sehr gefreut. Ich habe mir die Mühe gemacht, wirklich einmal einen Faktencheck zu machen. Seien Sie gespannt, meine sehr geehrten Damen und Herren. 

Warum habe ich das vorhin mit den Demonstrationen angeführt? - Es gab auch eine Demonstration von Mittelständlern direkt vor dem Landtag. Dort wurde eines deutlich gemacht: Der Mittelstand hat berichtet, dass es kaum noch möglich ist, gute Leute zu finden, weil man in Bewerbungsgesprächen Leuten gegenübersitzt, die einem ins Gesicht sagen: Was, dafür soll ich arbeiten gehen? Dann bleibe ich doch lieber zu Hause, mache nebenbei ein bisschen was am Wochenende und habe unterm Strich mehr, als wenn ich in Vollzeit arbeiten gehen würde. - Das ist Realität in diesem Land und das wurde dort ausgesprochen. 

Was ist dann passiert? - Jede Fraktion durfte sprechen. Herr Gallert von den Linken hat sich vor die Unternehmer gestellt und hat gesagt: Das sind alles Fake News, das ist alles Blödsinn, niemand bleibt wegen Bürgergeld freiwillig zu Hause, das ist Quatsch. - Das ist eine surreale Situation: Da kommt der hochbezahlte Politiker, stellt sich vor diejenigen, die seine Diäten bezahlen, und erzählt, das sei alles Blödsinn, und zwar denjenigen, die jeden Tag damit zu tun haben. Das ist erst einmal die Realität gewesen. Für mich, Herr Gallert, steht das sinnbildlich für die Politik in diesem Land und dafür, wie man mit den Menschen Politik macht, die alles ausbaden müssen. Aber was ist passiert? - Die Unternehmer haben natürlich mit den Augen gerollt und haben darüber gelacht, weil sie es aus eigener Erfahrung kennen; und darum geht es heute. 

Wir haben uns einmal angeschaut: Was ist denn nun der Faktencheck der SPD? Sie argumentieren heute mit einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die besagt,

(Lachen bei der AfD)

dass man, wenn man Vollzeit zum Mindestlohn arbeiten geht, in Sachsen-Anhalt ungefähr 600 € bis 700 € pro Monat mehr hat, als wenn man nicht arbeiten geht. Die erste Frage, die ich mir gestellt habe: Was ist das für eine Studie? Die Hans-Böckler-Stiftung ist eine Gewerkschaftsstiftung. Die Vorsitzende ist Yasmin Fahimi, ehemalige SPD-Generalsekretärin und ehemalige SPD- Bundestagsabgeordnete. 

(Ah! bei der AfD)

Ich habe mich auch gefragt, was aus der Dame geworden ist. Man sieht, bei der SPD fällt man immer weich, wenn man ausscheidet. Diese Stiftung ist natürlich nicht politisch neutral; sie ist vielleicht politisch unabhängig. Sie ist aber nicht neutral; sie hat einen ganz klaren links-sozialdemokratischen Einschlag; das ist Fakt. Das heißt, das Ergebnis dieser Studie hätte ich Ihnen vorher sagen können. Das einmal zum methodischen Hintergrund.

Die Methodik an sich ist in Ordnung. Aber die Studie macht eines: Sie macht genau das Gleiche, was auch die SPD macht. Sie unterscheiden nämlich nicht zwischen einem Laborergebnis und den wirklichen Fakten, die draußen in der Lebensrealität der Menschen eine entscheidende Rolle spielen. Von diesen Fakten fällt kein Wort in der Studie. 

Wenn man in Sachsen-Anhalt eine Arbeit hat - das weiß jeder Sachsen-Anhalter -, dann muss man irgendwie dorthin kommen. Dazu braucht man ein Auto. Man braucht bei uns ein Auto; aber dieser Kostenfaktor spielt gar keine Rolle in dieser Studie. Jeder in diesem Raum weiß, dass ich, wenn ich aber eine Strecke von nur 10 km zur Arbeit fahre, mindestens 300 €, 400 € im Monat dafür einstellen muss. Ich brauche Kraftstoff, ich habe den Wertverlust des Autos, es kommt zum Verschleiß, ich habe Versicherungen, Steuern usw. zu bezahlen. Diese Kostenfaktoren spielen in der gesamten Studie gar keine Rolle. 

Wenn ich Bürgergeld beziehe, bin von Ihrer Rundfunk-Zwangsabgabe befreit. Wenn ich arbeiten gehe, muss ich die Rundfunk-Zwangsabgabe abzahlen. Wenn ich arbeiten gehe, muss ich mit Ihrer Landesregierung für den Kita-Platz und auch für Klassenfahrten bezahlen. Wenn ich Bürgergeld beziehe, ist alles kostenlos. Wenn ich die gesamte Gemengelage zusammenrechne - und ich bin jetzt einmal wirklich auf SPD-Niveau und blende die Realität aus und setze nur 300 € für das Auto an, was eigentlich zu wenig ist -, dann bleibt von einer Differenz von 600 € auf einmal nur noch eine Differenz von 300 € übrig. 

Wenn ich für 300 €, meine sehr geehrte SPD, 170 Stunden im Monat arbeiten gehe, dann macht das im Vergleich zum Bürgergeld einen sagenhaften Unterschied von 1,70 € in der Stunde. Das ist Ihre Motivation, arbeiten zu gehen. 

(Zuruf von der AfD)

Genau das habe ich an diesem Pult vor zwei Jahren zu Frau Sziborra-Seidlitz schon einmal gesagt. Ich befürchte, dass Sie alle es bis heute noch nicht verstanden haben. Das ist aber die Sprache, die draußen ankommt, Frau Sziborra-Seidlitz. Es ist keine Motivation, arbeiten zu gehen. Es ist eine ganz klare Verlockung, hier nichts machen zu müssen. Es ist ein riesengroßes Problem in unserem Land.

Besonders kritisch wird es, wenn man sich einmal anschaut, wie sich die gesamte Gemengelage darstellt. 50 Milliarden € kostet uns dieser Spaß mittlerweile. Das entspricht einem Anteil von 7 % des gesamten Bundeshaushaltes. Die Hälfte der Bürgergeldempfänger sind keine deutschen Staatsbürger; zwei Drittel haben einen Migrationshintergrund. Wir sprechen von einem Migrantengeld, nicht von einem Bürgergeld. 

(Beifall bei der AfD) 

Das alles sind Größenordnungen, die uns vorenthalten werden. Der sukzessive Betrug durch ausländische Banden fällt jetzt immer mehr Bürgermeistern auf, z. B. dem Bürgermeister in Gelsenkirchen. Dort wird endlich einmal offen ausgesprochen, dass es unter Ihrem EU-Deckmantel Bandenkriminalität aus Südosteuropa gibt. Sie kommen hierher, nehmen kurz einen Minijob an und zack sind sie Bezieher von Bürgergeld. Das sind kinderreiche Familien und Millionenbeträge fließen ins Ausland. Wir bezahlen das alles mit. Der deutsche Bürger und Steuerzahler bezahlt das alles mit. 

Das ist auch der Grund dafür, dass die Leute der AfD vertrauen. Denn wenn Sie das draußen auf der Straße kritisch ansprechen, sind sie schon der böse Nazi in diesem Land. Aber das ist doch etwas, das uns allen fehlt. 

Der größte Schlag ins Gesicht ist es auch für diejenigen, die eigentlich wirklich anspruchsberechtigt wären. Unser AfD-Kurs lautet: Wer wirklich nicht arbeiten kann, durch Krankheit oder Unfall, dem muss man helfen. Dafür ist unser soziales Netz da. Aber wenn ich die Zahlen sehe, betrifft das nur einen Bruchteil der Menschen. Um diese Menschen müssen wir uns kümmern. Wir müssen Geld in Größenordnungen bereitstellen, damit diese Menschen ein gutes Leben haben und nicht diejenigen, die eher faul sind. 

(Beifall bei der AfD - Jawohl! von der AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann daher unsere AfD-Position zum Leistungsgedanken nur noch einmal untermauern. 

Noch ein Nebensatz zur methodischen Schwäche dieser Studie. Darin waren nur die Zahlen aus Sachsen-Anhalt enthalten. In München spricht ihre eigene Studie bspw. von einer Differenz von 300 €. Wenn ich die Kosten für ein Auto, die Kita-Gebühr und die GZ-Gebühr hinzurechne, dann ergibt sich sogar ein negativer Betrag. Selbst Ihre Studie zeigt auf, dass man in Räumen wie München mit Bürgergeld mehr Geld zur Verfügung hat, als wenn man in Vollzeit 170 Stunden arbeiten geht. 

Zum Schluss bleibt mir noch Folgendes zu sagen: Der große Wurf wurde den Leuten wieder versprochen, und zwar damals von Friedrich Merz im Bundestagswahlkampf. Erinnern Sie sich - das war ein ganz großes Versprechen -: Wir werden dieses Bürgergeld abschaffen. Seit Juni habe ich nichts mehr davon gehört. Aber liebe CDU, auf ein gebrochenes Versprechen mehr oder weniger kommt es bei Ihnen dann auch nicht mehr an. - Danke schön. 

(Beifall bei der AfD)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Herr Siegmund, Herr Gallert hat eine Intervention. - Bitte, Herr Gallert. 


Wulf Gallert (Die Linke): 

Herr Siegmund, wenn Ihr Faktencheck genauso viel Wahrheit enthält wie Ihre Bemerkungen über mein Auftreten draußen bei der Demo, dann können Sie die gesamte Rede, die Sie eben gehalten haben, in die Tonne treten. Nichts von dem, was Sie hier behauptet haben, ist wahr, Herr Siegmund. Nichts!

(Beifall bei der Linken - Zustimmung bei der SPD)

Was ich den Kollegen Bauern, die dort demonstriert haben, gesagt habe, war, dass aus meiner Sicht eine Kürzung des Bürgergeldes für die alleinerziehende Mutter und ihr Kind, das zur Schule geht, nicht die Lösung für die Landwirtschaft ist, sondern dass man vielleicht einmal darüber nachdenken könnte, dass derjenige, der an ihren Produkten wirklich massiv verdient hat, und zwar in der Coronakrise, und zwar 10 Milliarden €, nämlich der Lidl-Besitzer, vielleicht einmal die Blickrichtung ist, um ihre Situation wirklich zu analysieren. 

(Beifall bei der Linken - Zurufe von der AfD)

Das haben Sie nicht verstanden und das haben Sie vergessen. 

(Eva von Angern, Die Linke: Aber die alleinerziehende Mutter interessiert ja nicht bei der AfD! - Dorothea Frederking, GRÜNE: - Herr Gallert hat Recht; ich habe das auch gehört! - Tobias Rausch, AfD, lacht) 


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Herr Siegmund, Sie haben die Möglichkeit darauf zu reagieren. 


Ulrich Siegmund (AfD): 

Ich weiß nicht, ob Herr Gallert nachtragend ist angesichts den letzten Faktenchecks, als es um EU-Normen ging und er nicht einmal Gesetze lesen konnte, aber sei es drum, Herr Gallert. 

(Olaf Meister, GRÜNE: Immer schön persönlich werden!)

Es war ja nicht die einzige Demonstration, bei der Sie an der Lebensrealität gescheitert sind. Ich erinnere noch an eine Veranstaltung in Genthin. Ich weiß nicht, ob Sie auch dabei waren. Jedenfalls spricht die Lebensrealität draußen eine andere Sprache als die Position der Linken, Herr Gallert. 

Sie haben schon mehrfach betont, dass Sie der Meinung seien, dass niemand freiwillig Bürgergeld beziehe. Und das ist einfach eine glatte Lüge, Herr Gallert.

(Stefan Gebhardt, Die Linke: Das hat niemand gesagt!)

Das haben Ihnen die Unternehmer selbst gesagt. Das hat jeder dort mit eigenen Augen gesehen.

(Zuruf von Eva von Angern, Die Linke)

Ihre Botschaft - das stimmt - war: Bürgergeld hält nicht davon ab, arbeiten zu gehen, das war nicht spezifisch bezogen auf irgendjemanden.

(Zuruf von Wulf Gallert, Die Linke)

Ihre Botschaft war, Bürgergeld halte nicht davon ab, arbeiten zu gehen. Das war Ihre Botschaft. Dafür haben Sie die Unternehmer belächelt, dafür wurde mit den Augen gerollt. Genau das habe ich gerade gesagt. Das ist oberlehrerhaft, das ist einfach falsch, weil die Unternehmensrealität eine eindeutige Sprache spricht, Herr Gallert.

Machen Sie doch bitte weiter so. Sie als Linke haben nichts mehr, aber auch gar nichts mehr mit den wirklichen Problemen da draußen zu tun. Deswegen vertraut auch keiner mehr Ihrer Politik, Herr Gallert. - Danke schön.