Tagesordnungspunkt 6
Erste Beratung
Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Landesentwicklungsgesetzes Sachsen-Anhalt
Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 8/5799
Die Einbringerin ist die zuständige Ministerin Frau Hüskens. Sie macht sich auf den Weg an das Rednerpult. - Frau Hüskens, Sie haben das Wort.
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung bringt heute einen Gesetzentwurf ein, der auf den ersten Blick sehr verwaltungstechnisch und nicht besonders spannend klingt: die Novellierung des Landesentwicklungsgesetzes, das zukünftig Landesplanungsgesetz heißen wird.
Worum geht es dabei? - Es geht um die Fähigkeit unseres Landes, jeweils schneller passende Instrumente für die Herausforderungen, vor denen wir jetzt und in der Zukunft stehen, zu haben. Denn Planungs- und Genehmigungsverfahren sind eine zentrale Stellschraube, an der sich entscheidet, ob Projekte rechtzeitig starten, ob Investitionen gesichert werden und ob wir als Land im Wettbewerb der Regionen bestehen können. Die bisherigen Verfahren - dabei ist sich die Landesregierung sicher sind dafür zu komplex, zu langwierig und zu wenig digital. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir sie vereinfachen, beschleunigen, digitalisieren und gleichzeitig die Transparenz und die Bürgerbeteiligung stärken.
Meine Damen und Herren! Der Handlungsdruck kommt nicht nur von regionalen Herausforderungen, sondern er speist sich auch aus Entwicklungen, die wir insgesamt in Deutschland und auch global sehen. Die machen eben auch vor Sachsen-Anhalt nicht halt.
Erstens der demografische Wandel. Kaum ein Bundesland spürt die Auswirkungen so deutlich wie Sachsen-Anhalt. Ich habe kürzlich die Ergebnisse der 8. Regionalisierten Bevölkerungsprognose vorgestellt, und wir wollen uns auch im Fachausschuss dazu verständigen. Es muss hier unsere Politik sein, durch attraktiven Wohn- und Lebensraum in unseren Gemeinden für einen qualifizierten Zuzug zu sorgen. Wir wollen bezahlbaren Wohnraum nicht nur, aber vor allen Dingen auch für junge Familien schaffen. Wir brauchen gut bezahlte Arbeitsplätze und eine angemessene Infrastruktur. Diese Herausforderung können wir nur bewältigen, wenn wir planerisch flexibel und vor allem schneller reagieren können, ob beim Bau von öffentlichen Gebäuden oder bei Umnutzungen. Das Planungs- und Genehmigungsrecht darf kein Bremsklotz sein, sondern muss Dinge ermöglichen.
Zweitens Globalisierung und wirtschaftlicher Strukturwandel. Sachsen-Anhalt ist ein attraktiver Wirtschaftsstandort. Doch machen wir uns nichts vor: Investoren entscheiden sich für Regionen, in denen einerseits Planungssicherheit herrscht, in denen aber andererseits auch die Verfahren zügig ablaufen. Wir müssen ja uns nicht ohne Grund immer wieder einmal anhören, dass das eine oder andere in, ich sage einmal, eher autoritären Systemen besser als bei uns geht. Ich will kein autoritäres System. Ich ärgere mich immer, wenn jemand das Wort China in den Mund nimmt. Aber wir müssen trotzdem schauen, dass wir schneller zu entsprechenden Ergebnissen kommen. Wenn wir im internationalen Wettbewerb bestehen wollen, können wir uns keine jahrelangen Verzögerungen leisten. Schnelligkeit ist ein Standortfaktor und mit diesem Gesetz verbessern wir die Chancen unseres Landes im Rennen um Zukunftsinvestitionen.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)
Drittens Klimawandel und Energiewende. Sachsen-Anhalt ist bereits heute ein Energieland. Wir erzeugen mehr Strom aus Wind und Sonne, als wir selbst verbrauchen. Doch das Potenzial für Wertschöpfung und Versorgungssicherheit liegt nicht allein im Zubau, sondern auch im zügigen Netzausbau und in modernen Speichertechnologien, und auch die brauchen Fläche.
(Zustimmung von Kathrin Tarricone, FDP)
Was uns dabei bremst, sind nicht die fehlenden Ideen und Technologien, sondern es sind oft zu lange Planungs- und Genehmigungsverfahren. Ich bin überzeugt, dass ein Netzausbau nicht im Papier ersticken darf. Mit der Novelle des Landesentwicklungsgesetzes schaffen wir die Grundlage, dass Planungsprozesse digitaler, schlanker und schneller werden, etwa dadurch, dass Verfahrensschritte in Zukunft parallel zueinander erfolgen können.
(Zustimmung von Kathrin Tarricone, FDP)
Diese drei Beispiele - Demografie, Wirtschaft, Energie - machen deutlich, dass die Reform des Landesentwicklungsgesetzes parallel zur Neuaufstellung des Landesentwicklungsplanes kein juristisches Nachjustieren oder Klein-Klein ist, sondern eine schlichte und schiere Notwendigkeit. Darum vereinfachen wir das Gesetz. Wir geben den Verfahren eine klare und effiziente Struktur und den Planungsebenen klare Zuständigkeiten. Wir führen eine Experimentierklausel ein, die es ermöglicht, neue Wege zu erproben, und wir ersetzen starre Berichtspflichten durch eine kontinuierliche digitale Raumbeobachtung, die uns jederzeit ein aktuelles Bild der Entwicklung in unserem Land liefert, im Übrigen auch für den Landtag. Wir schaffen ein modernes, digitales Landesplanungsgesetz.
Doch, meine Damen und Herren, ein modernes Planungsrecht braucht nicht nur schlanke und digitale Verfahren, es braucht auch klare, inhaltliche Leitplanken. Deshalb haben wir uns entschieden, das Landesentwicklungsgesetz, wie es heute heißt, in seiner Struktur grundlegend neu auszurichten. Das Gesetz selbst konzentriert sich künftig als Landesplanungsgesetz ausschließlich auf das „Wie“ der Planung, auf die Verfahren, ihre Abläufe, die Sicherung der Planung, die Beteiligungsmöglichkeiten und die Raumbeobachtung. Das „Was“, also die inhaltlichen Ziele und Schwerpunkte der Landesentwicklung, sollen zukünftig vollständig und ausschließlich im Landesentwicklungsplan gebündelt werden. Damit trennen wir sauber die rechtliche Instrumenteebene von der inhaltlichen planerischen Ebene. Damit schaffen wir - davon bin ich überzeugt - mehr Klarheit, mehr Transparenz und mehr Verbindlichkeit.
(Zustimmung bei der FDP)
An dieser Stelle meinen herzlichen Dank auch an die kommunale Familie für die sehr gute Zusammenarbeit. Die konstruktiven Hinweise, die im Rahmen der Anhörung gekommen sind, wurden aufgenommen. Dies gilt auch für den Hinweis zur Verhinderung eines ungesteuerten Ausbaus der Windenergie in Planungsregionen ohne rechtskräftigen Windflächenplan. Das haben wir in Sachsen-Anhalt leider. Dies entspricht ebenso einem Wunsch auch der Regierungskoalition, den wir deshalb frühzeitig berücksichtigt haben. Worum geht es dabei? - Nein, es geht nicht um neue Bürokratie und es geht auch nicht darum, dem einen oder anderen Investor innerhalb eines Vorganggebietes das Verfahren zu erschweren, sondern es geht darum, dass wir in einer Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2027 hier im Land keinen Wildwuchs haben.
Wir haben in Sachsen-Anhalt seit Jahren den Kompass, dass wir den Ausbau von Windenergie ordnen wollen und dass wir für die Menschen einen verlässlichen Rahmen haben. Das Thema Abstand zu Wohnflächen z. B. ist, glaube ich, hier im Raum jedem bekannt. Wir wollen diese Bemühungen um das Aufräumen in der Landschaft - ich habe gesehen, dass das jetzt wirklich schon 20 Jahre lang faktisch anhält - nicht riskieren. Deshalb wollen wir diesen § 9b in das Gesetz einfügen, um dafür zu sorgen, dass hier nicht in den nächsten zwei Jahren ein Wildwuchs entsteht, den niemand hier im Haus - so habe ich das zumindest bisher immer wahrgenommen - haben möchte. Gleichzeitig sollen die Investitionen in den Vorranggebieten auch nicht ins Stocken geraten.
Meine Damen und Herren! Mit dieser Novelle setzen wir ein deutliches Signal. Sachsen-Anhalt modernisiert seine Planungspolitik. Wir machen Verfahren digital, schnell und transparent. Wir schaffen klare Strukturen durch die Trennung von Verfahren und planerischen Zielen. Wir geben Regionen und Kommunen flexible Instrumente in die Hand und wir sorgen dann mit dem Landesentwicklungsplan für die Leitplanken für die Zukunft. Damit wird - davon bin ich überzeugt - unser Land handlungsfähiger und auch wettbewerbsfähiger, denn diesen Wettbewerb müssen wir nicht nur im Wirtschaftsbereich aushalten, gestalten und am besten gewinnen.
Meine Damen und Herren! Ich danke für die Aufmerksamkeit und bitte um Ihre Unterstützung bei der weiteren Beratung und bei der Umsetzung dieses Gesetzes. - Ich danke Ihnen.