Konstantin Pott (FDP): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen vor einer Herausforderung, die unser Land prägen und auch verändern wird: dem demografischen Wandel. Ich glaube, viele Probleme, die wir hier im Hohen Haus diskutieren, hängen sehr direkt damit zusammen.

Jüngst haben die Statistiken erneut das bestätigt, was wir schon lange beobachten: Die Geburtenzah-len in Deutschland, insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern, sind auf einem historischen Tiefstand. Meldungen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern ver-deutlichen, dass diese Situation flächendeckend vorhanden ist.

Das ist eine Entwicklung, die sich über einen langen Zeitraum und nachhaltig in unseren Alltag ein-schiebt. Es werden weniger Kinder geboren, während zugleich die Generation der Babyboomer kurz vor dem wohlverdienten Ruhestand steht.

Was auf den ersten Blick vielleicht erst einmal abstrakt klingt, hat ganz konkrete Auswirkungen. Diese zeigen sich in den sozialen Systemen, im Arbeitsmarkt, in der Gesellschaft insgesamt. Ganz besonders zeigen sie sich aktuell auch im Bereich der frühkindlichen Bildung und Betreuung.

Bevor ich tiefer in die inhaltliche Debatte einsteige, möchte ich eines voranstellen: Wir sprechen heute viel über Strukturen, Gesetze und Zahlen, doch all das wäre ohne die Menschen an der Basis nichts wert. Mein Dank gilt deswegen an erster Stelle den vielen Fachkräften in den Einrichtungen in unse-rem Land, die jeden Tag ihr Bestes geben, auch unter teilweise schwierigen Bedingungen.

(Beifall bei der FDP)

Sie leisten täglich einen unverzichtbaren Beitrag, und das nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Zukunft unserer gesamten Gesellschaft. In den Kindertagesstätten findet weit mehr statt als reine Betreuung. Dort werden Werte vermittelt, soziale Kompetenzen erlernt, Freundschaften geschlossen, Neugier geweckt und erste Grundlagen für Bildung, individuelle Gesundheit und gesellschaftliche Teilhabe gelegt.

Frühkindliche Bildung ist der erste große Schlüssel zur Chancengerechtigkeit, unabhängig von der Herkunft und unabhängig vom Elternhaus.

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP, und von Jörg Bernstein, FDP)

Sie ist das Versprechen, dass jedes Kind die Möglichkeit haben soll, seine Talente zu entfalten und seinen eigenen Weg zu gehen. Genau dieses Ziel sollte für uns oberste Priorität haben.

Die entscheidende Frage lautet also: Wie soll, wie muss unsere Kita-Landschaft in Zukunft aussehen? Für uns Freie Demokraten ist die Antwort darauf eindeutig: Im Mittelpunkt muss die Qualität stehen, und zwar noch stärker, als das bisher der Fall war.

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP, von Jörg Bernstein, FDP, und von Eva von Angern, Die Linke)

Wir investieren in unsere Zukunft, wenn wir in die frühkindliche Bildung investieren. Und jeder Euro, den wir heute investieren, zahlt sich aus, sowohl für die Kinder und die Familien als auch für das ge-samte Land.

Um das zu erreichen, haben wir als Freie Demokraten im Übrigen auch schon im Rahmen der Debatte um das KiFöG einen Vorschlag zur Mehrkindregelung gemacht, um mehr Mittel in die Qualität einflie-ßen lassen zu können und gleichzeitig weiterhin die Eltern zu entlasten. Auch wenn wir uns damit an dieser Stelle nicht durchsetzen konnten, werden wir dort weiter dranbleiben.

Denn aktuell erreichen uns wieder Informationen aus den Kommunen, dass Mittel und Kapazitäten in die Horte gesteckt werden müssen, weil dort viele Kinder angemeldet sind, diese das Angebot aber kaum oder nur wenig nutzen.

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP, und von Jörg Bernstein, FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das kostet, das bietet keinen Mehrwert und bindet Kapazitäten, die doch an anderer Stelle dringend gebraucht werden.

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP)

Deshalb betone ich an dieser Stelle noch einmal deutlich, dass wir dort Veränderungen brauchen, im Sinne von zielgerichteter und sinnvoller Unterstützung.

Qualität heißt: gute Betreuungsschlüssel, moderne pädagogische Konzepte und Fokus auf die früh-kindliche Bildung. Qualität heißt aber auch, dass Erzieherinnen und Erzieher nicht am Limit arbeiten müssen, sondern Zeit haben für das, was zählt. Gute Konzepte bringen uns nichts, wenn keine Kapa-zitäten da sind, um sie umzusetzen. Qualität heißt auch, eine moderne Aus- und Weiterbildung unse-rer Fachkräfte sicherzustellen.

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP, und von Jörg Bernstein, FDP)

Denn auch hierbei haben wir in meinen Augen noch Luft nach oben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sehen in Sachsen-Anhalt wie auch in anderen ostdeutschen Bundesländern eine Auswirkung des demografischen Wandels deutlich: Die sinkende Geburtenrate führt dazu, dass auch weniger Kita-Plätze benötigt werden. Durch die Vorgaben im KiföG führt das dazu, dass dann Personal abgebaut werden muss, welches eigentlich dringend gebraucht wird, weil die Kommunen in der Regel nicht den finanziellen Spielraum haben, um das Personal selbstständig weiter zu finanzieren.

Aber klar ist in dem Zusammenhang auch   das möchte ich deutlich machen  , dass es mit Sicherheit auch Einrichtungen geben wird, die vermutlich zu klein werden und bei denen es schlicht und einfach nicht sinnvoll sein wird, sie mit aller Macht aufrechtzuerhalten. Das sollte nicht das Ziel sein. Aber auch dieser Realität müssen wir uns stellen. Trotzdem müssen wir jetzt schauen, wie wir das Personal halten können, um Verbesserungen der Qualität in der frühkindlichen Bildung zu erreichen.

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP, von Jörg Bernstein, FDP, und von Dr. Katja Pähle, SPD)

Gerade jetzt müssen wir die Chance nutzen, die sich aus den sinkenden Kinderzahlen ergibt. Der Be-treuungsschlüssel könnte nämlich weiter verbessert werden. Es könnte dafür gesorgt werden, dass jedes Kind mehr individuelle Zuwendung bekommt. Und wir könnten sicherstellen, dass die Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher endlich die Anerkennung erfährt, die sie verdient, nicht nur in Worten, sondern auch in Strukturen und in Arbeitsbedingungen.

Es muss jedoch auch geschaut werden, dass der größte Zeitfresser im Alltag der Erzieherinnen und Erzieher minimiert wird und somit Zeit für die Arbeit an den Kindern gewonnen wird. Auch Bürokra-tieabbau ist da ein Thema, das wir angehen müssen.

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP, und von Jörg Bernstein, FDP)

Neben der Situation der bereits ausgebildeten Fachkräfte muss aber auch die Ausbildung in den Blick genommen werden. Ich habe es eben schon einmal kurz angesprochen. Sie ist essenziell, um weitere angehende Erzieherinnen und Erzieher zu gewinnen. Positiv anzumerken sind die geltende Schulgeld-freiheit, durch die Chancengerechtigkeit geschaffen wird, sowie die Möglichkeit des Quereinstiegs, aber auch der praxisintegrierten Ausbildung.

Neben diesen Positivaspekten muss jedoch auch festgehalten werden, dass es gerade viele Auszubil-dende gibt, die in der Praxis merken, dass der Kita-Alltag dauerhaft doch mehr Herausforderungen mit sich bringt, als das an vielen Stellen in der Ausbildung vielleicht gezeigt wird. Auch mit Blick hie-rauf müssen wir schauen, wie wir die Ausbildung umstrukturieren können, wie wir sie besser machen können, um genau diesen Praxisschock zu vermeiden. Denn wir müssen darauf hinwirken, dass jun-ge Fachkräfte im System bleiben und am Ende nicht nach kurzer Zeit wieder abwandern.

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP, und von Jörg Bernstein, FDP)

Wir als Koalition haben bereits Ende des vergangenen Jahres einen Entschließungsantrag auf den Weg gebracht, der genau dieses Thema in den Blick nimmt. Wir wollen Wege finden, um Fachkräfte zu halten, auch wenn die Kinderzahlen sinken. Hierbei ist nun auch das Sozialministerium in der Pflicht, gemeinsam mit den Trägern, den Einrichtungen und den Kommunen Lösungen zu finden, um das Personal möglichst zu halten und die Qualität in den Einrichtungen zu verbessern.

Ich möchte an dieser Stelle sagen, dass es auch in meinem Wahlkreis Einrichtungen gab, die auf mich zugegangen sind, für die Lösungen gefunden werden konnten, gemeinsam mit dem Ministerium. Ich hoffe, dass es auch in Zukunft der Fall sein wird, dass wir individuell schauen, bis wir rechtliche An-passungen vorgenommen haben.

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal betonen, dass wir als Freie Demokraten uns in den Dis-kussionen innerhalb der Koalition auch immer genau dafür eingesetzt haben. Wir suchen Lösungen, die kurzfristig wirken, aber auch langfristig tragfähig sind.

Im vergangenen Jahr haben wir die Fortschreibung des KiFöG beschlossen und damit auch den Ent-schließungsantrag, den ich bereits angesprochen habe. Daraus ergeben sich Chancen für die Quali-tätsverbesserung und für mehr Chancengerechtigkeit. Wir brauchen in Zukunft jeden jungen Men-schen im Bundesland. Lassen Sie uns also dafür sorgen, dass wir den jungen Menschen hier einen gu-ten Start ins Leben bieten, dass ihnen ein guter Start ins Leben ermöglicht wird.

(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen an einem Wendepunkt durch den demografischen Wan-del, der Realität ist. Aber wir können gestalten und wir können entscheiden, wie wir damit umgehen.

Für uns Freie Demokraten ist klar: Wir dürfen den Rückgang der Geburtenrate nicht zum Anlass neh-men, um alles so weiterlaufen zu lassen wie bisher. Im Gegenteil: Wir müssen diese Entwicklung nut-zen, um die Kita-Landschaft besser und moderner zu machen.

Dann können wir dafür sorgen, dass jedes Kind, egal wo es geboren ist und egal welche Herkunft es hat, die bestmöglichen Startbedingungen bekommt. Das ist nicht nur eine Frage der Familienpolitik, es ist eine Frage der Zukunft des Bundeslandes. Und dafür werden wir uns weiter einsetzen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)