Wulf Gallert (Die Linke):
Ich finde es bemerkenswert, dass man aus sehr unterschiedlichen politischen Motiven oder Perspektiven offensichtlich doch zu ähnlichen Positionen, zumindest was die Wehrpflicht anbelangt, kommen kann. Dass es zwischen der FDP und der Linken in Bezug auf den gesamten Komplex der Einschätzung der globalen Situation sehr unterschiedliche Perspektiven gibt, dürfte kein Geheimnis sein. Aber trotzdem ist es interessant, dass wir beide zu der Einschätzung kommen: Eine Wehrpflicht ist falsch. - Das vielleicht zuerst.
(Zustimmung bei der Linken und bei der FDP)
Ich will einmal auf Rüdiger Erben eingehen und klar sagen: Ich halte die Diskussion bezüglich der Entkopplung von Gesellschaft und Bundeswehr aufgrund des Wegfalls der Wehrpflicht für notwendig, sachlich, seriös und vernünftig. Ich will zudem sagen: Es gibt auch Mitglieder meiner Partei, die das - das betrifft vielleicht nicht die ganze Rede, die Herr Erben gehalten hat, aber zumindest diesen kleinen Bereich - ähnlich sehen.
Allerdings muss man Folgendes sagen: Die historische Erfahrung des 20. Jahrhunderts zeigt, dass die Söhne der Entscheidungsträger trotzdem nicht in den Krieg ziehen. Der Umstand, dass die Kinder derjenigen, die darüber entscheiden, davon betroffen sind, hat in der historischen Erfahrung zumindest nicht nachweislich dazu geführt, dass Kriege nicht geführt werden.
Der Kollege Kirchner konnte das, was ich gesagt habe, nicht besser beweisen. Dass die Bundeswehr oder Armeen, die auf Gehorsam und nicht auf Partizipation, die auf Hierarchie und nicht auf Debatte setzen, nun ausgerechnet die besten Orte für Persönlichkeitsentwicklung sein sollen, dazu sage ich als Pädagoge ganz klar: Nein, das sehe ich nicht so.
Jetzt kommen wir zu der Frage der AfD. Ich finde es schon interessant, Herr Kirchner, was Sie hier vorn geleistet haben.
(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)
Es ist schon so, dass die Forderung nach einer zweijährigen Wehrpflicht Quatsch ist, aber das ist der Blödsinn Ihrer Parteivorsitzenden.
(Zustimmung bei der Linken und von Olaf Meister, GRÜNE)
Deswegen lese ich das jetzt noch einmal vor: Die AfD setzt sich nach den Worten der Co-Vorsitzenden Alice Weidel für eine Dienstpflicht bei der Bundeswehr ein. Die Identifikation der deutschen Bevölkerung mit der Bundeswehr - das garantiert eine Wehrpflicht.
(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)
Das ist übrigens eine ähnliche Argumentation wie bei Herrn Erben. - Sie sagte, die Bundeswehr sei ihren Bündnisverpflichtungen in der Nato nicht nachgekommen. - Offensichtlich gegen Russland nicht nachgekommen? - Eigenartige Argumentation von Frau Weidel. - Auf die Frage, wie lange gedient werden soll, antwortete sie: Zwei Jahre.
Wenn das Quatsch ist, dann erzählen Sie es doch nicht hier, sondern auf Ihren Parteitagen und Ihrer Parteivorsitzenden, Herr Kirchner.
(Zustimmung bei der Linken - Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)
Jetzt kommen wir zu der 5-%-Geschichte. Ich will hier kurz den Faktencheck darlegen. Ich habe gesagt, die erste Politikerin in der Bundesrepublik Deutschland, die davon ausgegangen ist, dass man 5 % für Militärausgaben leisten muss, war Frau Weidel. Das möchte ich Ihnen jetzt noch einmal vorlesen, Herr Scharfenort - ich weiß nicht, wo er ist, er guckt wahrscheinlich selber nach. Alice Weidel sagte bei „Berlin direkt“ am 12. Januar 2025:
„Es wurde viel zu wenig gemacht. […] Man muss erst den Bedarf ausrechnen und dann können wir weiterreden. Ich kann Ihnen sagen, aufgrund des Investitionsstaus [..] über die letzten 20, 30 Jahre […], dass die Jahresausgaben relativ gesehen zum Bruttoinlandsprodukt sogar möglicherweise höher als 5 % sein können.
Das heißt, diejenige, die sozusagen über Trump und alle hinausging, war die Parteivorsitzende der AfD, und Sie halten hier eine solche Rede - schämen Sie sich, Herr Kirchner, schämen Sie sich!
(Zustimmung bei der Linken)
Vielleicht ein letzter Satz zu Herrn Krull: Ja, wir brauchen eine bessere Ausstattung des Freiwilligen Sozialen Jahres. Wir brauchen die Möglichkeit, dass Menschen auch aus anderen sozialen Verhältnissen in der Lage sind, dieses Jahr zu machen. Stimmen Sie unserem Antrag im Bundestag zu, der genau das will und der natürlich genau von der CDU abgelehnt wird. - Danke.