Tagesordnungspunkt 26
Beratung
Reform der Schuldenbremse nutzen - Schwimmbäder jetzt fördern
Antrag Fraktion Die Linke - Drs. 8/5566
Diesen Antrag wird der Abg. Herr Andreas Henke einbringen.
Andreas Henke (Die Linke):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag zur Errichtung eines landesweiten Schwimmbadfonds ist in seiner inhaltlichen Ausrichtung nichts Neues. Das Thema hat den Landtag bereits in dieser und in der vorangegangenen Wahlperiode beschäftigt. So beantragte die Fraktion Die Linke im Mai 2019 die Einführung eines Schwimmbadfonds für wohnortnahe Schwimmbäder. Damit sollte als Zielvorgabe Schwimmunterricht für alle Kinder gewährleistet werden. Der Fonds sollte über einen Zeitraum von zwei Jahren jeweils 5 Millionen € ausmachen, um den Sanierungsstau in den Kommunen zu reduzieren und damit eine dauerhafte wohnortnahe und barrierefreie Schwimminfrastruktur in den Städten und Gemeinden zu schaffen.
(Zustimmung bei der Linken)
Dies war umso wichtiger, weil seit 1990 jedes vierte Schwimmbad in Sachsen-Anhalt geschlossen wurde. Für die noch existenten Schwimmbäder waren 2019 rund 114 Millionen € als Sanierungsbedarf ausgemacht worden.
Angenommen wurde der Antrag der Fraktion Die Linke nicht, dafür aber ein Alternativantrag der regierungstragenden Koalition, wonach zunächst die Ergebnisse einer Evaluation abgewartet werden sollten. Mit Beginn des Schuljahres 2019/2020 wurde erstmals eine Schwimmstatistik über die Schulstatistik erhoben, um verlässliche Aussagen zur Schwimmfähigkeit treffen zu können. Die Ergebnisse sind einsehbar.
In Sachsen-Anhalt weisen jüngste Daten auf eine weiterhin hohe Quote an Nichtschwimmern bei Schülerinnen und Schülern hin. Nach dem Schuljahr 2023/2024 konnten etwa 17 % der Viert- und Fünftklässler nicht schwimmen.
Einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Entwicklung der Schwimmbäder und des Schwimmunterrichts in Sachsen-Anhalt war im Mai dieses Jahres zu entnehmen, dass der Schwimmunterricht in den Grundschulen in den Klassenstufen 3 und 4 stattfindet, wobei die gewählte Organisationsform häufig der Unterricht in der Klasse 3 ist. Demnach gab es zu Beginn des Schuljahres 2023/2024 13 279 Nichtschwimmer und zum Ende desselben Schuljahres noch immer 4 434 Nichtschwimmer. Das entspricht einem Anteil von mehr als 33 %.
Natürlich erkennen wir an, dass die Coronapandemie auch an dieser Stelle Spuren hinterlassen hat und dass seitens der Landesregierung gegengesteuert wurde, und zwar mit dem Schwimmgutscheinprogramm, das bis Ende dieses Jahres verlängert wurde, mit dem Runderlass zur Einrichtung von Arbeitsgemeinschaften Sport an den allgemeinbildenden Schulen, mit der Förderung zusätzlicher Kursangebote in den Ferien und mit Anreizen für die Qualifizierung zusätzlicher Schwimmlehrkräfte.
Aber ein Problem löst dies alles nicht: Der immense Sanierungsstau in der kommunalen Bäderlandschaft wird dadurch nicht aufgelöst. Dieser belief sich im Jahr 2024 auf Kosten in Höhe von nunmehr 284 Millionen €. Dieser Sanierungsstau muss aufgelöst oder reduziert werden, ehe er noch größere Dimensionen annimmt und die Sanierung eines Bades für einzelne Kommunen so teuer wird, dass sie für sie nicht mehr leistbar ist und letztlich weitere Bäder geschlossen werden.
(Zustimmung bei der Linken)
Im Jahr 2019, werte Kolleginnen und Kollegen, gab es ein gemeinsam verfasstes „Memorandum zum Schulsport“ des Deutschen Olympischen Sportbundes, der Deutschen Sportjugend, des Deutschen Sportlehrerverbandes, der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft und des Fakultätentages Sportwissenschaft. Darin heißt es ich zitiere :
„[...] auf Grundlage aktueller Daten muss man jedoch feststellen, dass die Sportstätten und deren Ausstattung vielfach unter hohem Beschaffungs- und Sanierungsbedarf bei gleichzeitigem Investitionsstau leiden [...]
Bund, Länder und Kommunen sind aufgefordert, die Qualität der Sportstätten [...] nachhaltig sicherzustellen.
Besonderes Augenmerk verdient die aufgrund schließender Bäder [...] besorgniserregende Situation des Schwimmunterrichts, vor allem in der Grundschule. Auch der Schwimmunterricht ist fester Bestandteil des Schulsports [...] Es gilt die Forderung, dass jedes Kind am Ende der Grundschulzeit sicher schwimmen können muss.“
(Zustimmung bei der Linken)
Wenn immer mehr Bäder schließen oder ihre Funktion stark eingeschränkt ist, wenn Kinder keinen Zugang zum Schwimmunterricht haben oder wenn unzumutbar weite Wege zum nächsten Bad anfallen, dann riskieren wir für die nächste Generation einen noch größeren Anteil von Nichtschwimmern.
(Zustimmung bei der Linken)
Das, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist nicht nur tragisch, sondern auch gefährlich. Einzig und allein das Schwimmenkönnen bewahrt vor dem Ertrinken, rettet Leben, sofern keine größeren Naturgewalten oder schwerere gesundheitliche Beeinträchtigungen eintreten.
Damit sind wir noch bei einem anderen Aspekt. Ein Schwimmbad in der Nähe ist nicht nur eine Investition in die Bildung und die Sicherheit der Kinder, ist nicht nur ein Ort, an dem Schwimmunterricht geboten wird - Bäder sind präventiv und Bäder sind auch inklusiv.
(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP)
Schwimmen ist eine der gesündesten Sportarten, von der Jugend bis ins hohe Alter, und gerade in Zeiten von zunehmendem Übergewicht und Bewegungsmangel ein niedrigschwelliges Angebot für Bewegung, Entspannung und soziale Begegnungen. Schwimmbäder sind damit zentraler Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Ein Schwimmbad ist mehr als nur ein Wasserbecken und eine Umkleidekabine.
(Zustimmung bei der Linken und von Markus Kurze, CDU)
Ein Schwimmbad ist ein Ort der Begegnung von Familien, Kindern, Jugendlichen, Seniorinnen und Senioren. Es schafft Verbindung, Teilhabe und fördert die Gemeinschaft. Gerade in kleinen Städten, in Dörfern, in ländlichen Regionen ist das Schwimmbad oft einer der wenigen öffentlichen Treffpunkte, die maßgeblich für Wohlbefinden und für Lebensqualität sorgen. Auch mit Blick auf die Attraktivität aus der Sicht von Familien, Touristen, Arbeitskräften ist das natürlich ein Standortfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung.
Ja, auch uns ist klar: Bäder kosten nicht wenig Geld - im Bau, im laufenden Betrieb, in der Werterhaltung, in der Sanierung und in der Modernisierung der Technik mit nachhaltigen Energiekonzepten, Wärmerückgewinnung, Solartechnik und was heute so alles möglich ist. Aber ich denke, wir sollten die Debatte nicht nur auf Förder-, Herstellungs- und Betriebskosten verengen, sondern auch auf die Folgekosten schauen. Wenn nicht investiert wird, wenn wir als Land den Städten und Gemeinden keinen zusätzlichen Impuls geben, dann bleiben Gesundheit, Sicherheit, soziale Integration und auch das Vereinsleben auf der Strecke.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben mit dem von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten Sondervermögen Infrastruktur und der Reform der Schuldenbremse, die zusätzlich 0,35 % des Bruttoinlandproduktes durch Einzahlung aus Krediten ermöglicht, die einmalige Chance, spürbar etwas für die Schwimmbäder im Land anzustoßen.
(Zustimmung von Eva von Angern, Die Linke, und von Monika Hohmann, Die Linke)
Uns ist dabei völlig klar, dass es im Land eine Vielzahl hoch wichtiger Investitionsbedarfe gibt, die ebenso auf das Geld angewiesen sind.
(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)
Die Verkehrsinfrastruktur, desolate Straßen, Brücken, Schulen, Krankenhäuser, Kindertagesstätten, Energiegewinnung, Bevölkerungsschutz all diese Themen kennen wir , Digitalisierung, Infrastruktur, Forschung und Entwicklung, Wissenschaft und vieles mehr - jeder dieser Bedarfe ist für sich genommen völlig berechtigt, ist wichtig. Jede Förderung in diese aufgezählten Themen ist gut angelegtes, nachhaltig angelegtes Geld. Aber das gilt im Besonderen eben auch für die Schwimmbäder. Deshalb bitte ich Sie, unseren Antrag in den zuständigen Ausschuss für Inneres und Sport zu überweisen und zur Mitberatung in den Ausschuss für Finanzen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Zustimmung bei der Linken und bei der FDP)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Vielen Dank, Herr Henke. - Es gibt eine Intervention von Herrn Dr. Grube.
Dr. Falko Grube (SPD):
Herr Henke, dass Kinder schwimmen lernen müssen und schwimmen können müssen, ist unstrittig. Das ist eine Kulturtechnik wie Lesen und Schreiben, zudem ist sie sicherheitsrelevant. Meine Fraktion, meine Partei hat das deshalb auch im Koalitionsvertrag vereinbart. Sie können sich sicher sein Herr Schmidt hat das vorhin erwähnt , dass das bei uns auf der Liste steht, wenn es darum geht, das Infrastrukturpaket aus dem Bund umzusetzen.
Aber zu meiner Frage. Ihre Kolleginnen und Kollegen im Bund haben dem Infrastrukturpaket nicht zugestimmt, Sie haben das abgelehnt. Ihre Kollegin Frau Heiß hat vorhin auch erklärt, dass das alles falsch ist und dass Sie das Geld nicht haben wollen. Warum stellen Sie dann einen Antrag, wie man das Geld ausgibt?
(Zustimmung von Jörg Bernstein, FDP)
Andreas Henke (Die Linke):
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Frau Heiß gesagt hat, dass wir das Geld nicht haben wollen.
(Eva von Angern, Die Linke: Das hat sie auch nicht! - Zuruf von Dr. Falko Grube, SPD)
Ich glaube, an dieser Stelle liegt ein Missverständnis vor. Wir wollen das Geld sehr wohl haben, ansonsten hätten wir diesen Vorschlag nicht gemacht.