Holger Hövelmann (SPD):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Aussehen hat nichts mit dem Zustandekommen des Gesetzentwurfes zu tun.
(Der Redner weist auf ein Pflaster in seinem Gesicht. - Lachen)
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich möchte zu Beginn meiner Rede drei Dinge hervorheben, die für uns als SPD bei dem Thema immer wichtig waren.
Erstens. Öffentliche Gelder sollen kontrollierbar und nach klaren Kriterien ausgegeben werden.
Zweitens. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die für die öffentliche Hand Aufträge ausführen, sollen dabei faire Arbeitsbedingungen haben; sie sollen fair bezahlt werden, idealerweise nach einem Tarifvertrag.
(Zustimmung bei der SPD)
Drittens. Unternehmen, die sich um öffentliche Aufträge bewerben, sollen dies in einem fairen Wettbewerb tun können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird Ihnen nicht entgangen sein, dass diese Koalition in den letzten Monaten intensiv um eine Reform des Gesetzes gerungen hat. Die teilweise gegenläufigen Interessen der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und der Kommunen mussten unter einen Hut gebracht werden. Aber ich will für meine Fraktion sagen: Das haben wir als Koalition geschafft.
(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)
Die für meine Partei wichtigste Botschaft bei dem Gesetzentwurf lautet: Tariftreue und Vergabemindestlohn bleiben erhalten. Weiterhin wird die öffentliche Hand keine Dumping-Löhne fördern. Wir belohnen die Arbeitgeber, die nach Tarif bezahlen, und wir sanktionieren diejenigen, die sich nicht daran halten wollen. Denn wenn wir in diesem Land wirtschaftlichen Erfolg haben wollen, dann muss die öffentliche Hand auch gute Löhne einfordern, gerade in unserem Land Sachsen-Anhalt, in dem im bundesweiten Vergleich die meisten Arbeitnehmer den Mindestlohn erhalten.
Unser Versprechen, meine sehr verehrten Damen und Herren, war aber auch immer: Wo Reformen beim Gesetz nötig sind, wollen wir sie angehen. Der Gesetzentwurf reagiert daher auf zahlreiche Rückmeldungen - sie sind von einigen meiner Vorredner angesprochen worden , die wir aus der Wirtschaft, aber auch von den Kommunen und insbesondere von den Vergabestellen erhalten haben. So vereinfachen wir die Anwendung des Bestbieterprinzips; die Bestimmungen zur Tariftreue und zum Vergabemindestlohn sind jetzt eindeutiger geregelt, und viele unklare Rechtsbegriffe - Minister Schulze hat es gesagt - werden präzisiert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Darüber hinaus wird Ihnen nicht entgangen sein, dass wir temporär - das ist bisher manchen durchgerutscht - die Schwellenwerte des Gesetzes deutlich erhöhen. Das hat gute Gründe.
Durch das neue Sondervermögen Infrastruktur des Bundes stehen der öffentlichen Hand in den kommenden Jahren erhebliche Summen für Investitionen zur Verfügung. Dass der Bedarf dafür hoch ist, wissen wir nicht erst seit der Brückensperrung auf der Magdeburger Tangente. Gerade bei den kleinen Projekten, die viele Gemeinden in unserem Land bisher nur auf die lange Bank schieben konnten, wären die regulären Schwellenwerte tatsächlich ein Flaschenhals.
Mit der Anpassung an die Schwellenwerte für europaweite Ausschreibungen, ermöglichen wir die schnelle Nutzung der Gelder. Davon profitiert nicht zuletzt unsere heimische Wirtschaft, auch das ist bereits angesprochen worden.
(Zustimmung bei der SPD)
Das Signal, meine sehr verehrten Damen und Herren, das wir mit dem Gesetzentwurf senden, ist wichtig. Diese Koalition arbeitet sachlich und zielorientiert. Sie berücksichtigt alle Interessen und hat das Wohl Sachsen-Anhalts im Blick. Das Tariftreue- und Vergabegesetz ist für unsere Kommunen und für unsere Wirtschaft von großer Bedeutung - umso besser, dass wir einen tragfähigen Kompromiss gefunden haben.
Ich bitte den Landtag, den Gesetzentwurf zur Anhörung der Interessenvertreter und zur weiteren Beratung in den Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus sowie zur Mitberatung in den Sozialausschuss und in den Innenausschuss zu überweisen. - Herzlichen Dank.
(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke, Herr Hövelmann. Wenn Sie nach links schauen, sehen Sie den Kollegen Gallert.
Wulf Gallert (Die Linke):
Ich werde das gleich ordentlich politisch bewerten, Herr Hövelmann, so wie Sie das von mir erwarten können. Ich habe aber vorher noch eine Frage. Weder Herr Thomas noch der Minister konnten mir real sagen, wo die Schwellenwerte liegen, die für dieses Gesetz nach dieser Novellierung in Zukunft gelten sollen.
Wir nehmen jetzt nur den Dienstleistungsbereich: Sollen sie unterhalb der 200 000 € gelten, so wie es im Entwurf steht, oder sollen sie oberhalb der 200 000 € gelten, wie Herr Thomas gesagt hat? Sie haben den Gesetzentwurf mit eingebracht. Wissen Sie denn, für welchen Schwellenwert das Gesetz gilt?
Holger Hövelmann (SPD):
Verehrter Herr Kollege Gallert, auch wenn das hier seit ein paar Minuten den Eindruck von Schulbank macht, will ich sagen, dass sich an der Stelle a dem Gesetz, was die Geltungskraft des Gesetzes anbelangt, überhaupt nichts geändert hat. Daran wird sich auch nichts ändern. Auch beim bisher gültigen Tariftreue- und Vergabegesetz gab es die Regelung, ab wann es gilt und bis wann es gilt. Wir verschieben nur die Grenze; wir verschieben nicht die Geltungsweise.
Wulf Gallert (Die Linke):
Welche Grenze? Von wo bis wohin?
Holger Hövelmann (SPD):
Ach, Herr Gallert, lesen Sie den Gesetzentwurf, darin stehen die Grenzen, die wir von hier nach da verschieben. Jetzt ist es aber doch wirklich langsam ein bisschen lustig.
(Wulf Gallert, Die Linke: Ja!)
Es ist gesagt worden: von 40 000 auf 100 000. Es ist gesagt worden: von 200 000 auf 5,536 Millionen €. Welche Grenze wollen Sie denn noch hören?
(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)
Lesen Sie es sich durch und lassen Sie uns die sachliche Debatte über das Gesetz im Ausschuss führen. Ich finde es echt merkwürdig. Punkt.