Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin, für das Wort. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Mein Kabinettskollege Prof. Dr. Willingmann hat im Prinzip das Wesentliche schon in seiner Regierungserklärung dargelegt.
(Zuruf von Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD)
Der vorliegende Antrag zeigt beispielhaft, wie sich die AfD die Wissenschaft zurechtbiegen will.
(Zurufe von Hagen Kohl, AfD)
Wie wenig Verständnis die Partei von dem Hochschulsystem hat, wird in dem Antrag gleichermaßen unter Beweis gestellt.
(Zuruf von Felix Zietmann, AfD)
Gemäß § 5 Abs. 5 des Hochschulgesetzes schließen das Wissenschaftsministerium und die Hochschulen Zielvereinbarungen ab. Zum Gegenstand der Zielvereinbarungen gehört gemäß § 5 Abs. 5 Satz 5 auch die Erfüllung des Gleichstellungsauftrags. Es entspricht somit dem gesetzlichen Auftrag, wenn die aktuellen Zielvereinbarungen mit den Hochschulen unter anderem auch Ziele benennen, die der Gleichstellung der Geschlechter dienen. Diese Ziele betreffen allerdings die Strukturen und die Funktionsweise der Hochschulen, nicht die Inhalte oder Methoden der wissenschaftlichen Tätigkeit.
Die Hochschulen erhalten staatliche Zuweisungen für ihre Aufgaben gemäß Haushaltsplan und entscheiden eigenständig, in welchen Bereichen sie forschend tätig werden.
Die Geschlechterforschung unterliegt wie alle anderen Disziplinen wissenschaftlichen Kriterien und ist durch die Wissenschaftsfreiheit gemäß Artikel 5 Abs. 3 des Grundgesetzes sowie Artikel 10 Abs. 2 der Verfassung unseres Landes geschützt.
(Beifall bei der SPD und bei der CDU)
Die Verankerung der Geschlechterforschung im Studienangebot der Fächer unterliegt der Wissenschaftsfreiheit.
Wissenschaftliche Leistungen werden durch die Begutachtungs- und Auswahlverfahren innerhalb des Wissenschaftssystems und eben nicht durch die Landesregierung bewertet.
Dementsprechend werden die Mittelzuweisungen des Hochschulbudgets auch nicht von Bewertungen der Landesregierung über das wissenschaftliche Niveau oder die Themen bestimmter Forschungsarbeiten abhängig gemacht.
(Zustimmung von Hendrik Lange, Die Linke)
Ob bestimmte Forschungsthemen in den wissenschaftlichen Disziplinen und in der Gesellschaft relevant werden und ob sie relevant bleiben oder ob bestimmte Forschungsergebnisse sich durchsetzen oder ob sie aus methodischen oder inhaltlichen Gründen nicht bestehen können und aus dem wissenschaftlichen Diskurs ausscheiden, wird innerhalb der Fachkulturen der Wissenschaft selbst geklärt.
(Zustimmung bei der SPD, bei den GRÜNEN und von Hendrik Lange, Die Linke)
Es wird nicht durch politische Steuerung vorgegeben.
Bei der gemäß § 36 des Hochschulgesetzes seitens des Ministeriums erforderlichen Freigabe der Besetzung von Professuren prüft das Ministerium die Vereinbarkeit der geplanten Denomination und Ausrichtung der Stelle mit dem festgelegten fachlichen Profil der Hochschule gemäß Hochschulstrukturplanung des Landes und gemäß geltender Zielvereinbarungen. Nur bei Unvereinbarkeit mit diesem strukturellen Rahmen wird das Ministerium die Freigabe verweigern. Inhaltliche Vorgaben werden für einzelne Professuren eben nicht gemacht.
Ich fasse schlussendlich zusammen: Der Antrag hätte einen massiven Eingriff in die Freiheit von Forschung und Lehre, einem Kernelement demokratischer Gesellschaften, zur Folge. Die Autonomie der Hochschulen würde grundlegend infrage gestellt. Das, meine Damen und Herren, ist mit dieser Landesregierung nicht zu machen.
(Zustimmung bei der SPD, bei der Linken und bei den GRÜNEN)
Die Unabhängigkeit der Wissenschaft gilt uneingeschränkt für alle Forschungsbereiche. Sie stellt sicher, dass wissenschaftlicher Fortschritt möglich ist. Der Antrag ist daher abzulehnen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.