Dr. Katja Pähle (SPD):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Werte Kolleginnen und Kollegen! Da ich ein wenig mehr Zeit habe, darf ich die folgende Vorbemerkung machen: Menschen, die glauben, dass ihre Sicht der Dinge das Maß aller Dinge ist, machen mir Sorge, um nicht zu sagen, Angst.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ulrich Siegmund, AfD: Den Bürgern auch! - Oliver Kirchner, AfD: Darum werden Sie abgestraft!)
Wir hatten in der Geschichte und auch im Alltag schon viel zu viele, die der Meinung waren bzw. sind, sie allein hätten den Stein der Weisen gefunden.
(Zuruf von Ulrich Siegmund, AfD)
Ganz ehrlich und selbstkritisch: Niemand von uns hat die umfängliche Weisheit.
Die Menschen in Sachsen-Anhalt und vor allen Dingen die Eltern haben jetzt gehört, was auf ihre Kinder zukommt: Drillanstalten, Nürnberger Trichter, und das auch noch mit der Abgabe von finanziellen Mitteln, weil es mehr Geld ja nicht braucht. Ich finde es wichtig, klar zu machen, dass die AfD genau das im Land umsetzen möchte.
Zur Regierungserklärung. Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ja, die Bildung im Land Sachsen-Anhalt muss sich den Herausforderungen der Zukunft stellen. Diese Feststellung teilen wir alle im Haus und auch alle Schulen im ganzen Land. Die Ministerin hat über die Dinge gesprochen, die wir als Koalition gemeinschaftlich in den letzten vier Jahren auf den Weg gebracht haben. Es gab viele Veränderungen. Dennoch erleben wir aktuell an den Schulen breit angelegte Diskussionen über die Frage, wie wir unsere Schulen zukunftsfest machen und welche Maßnahmen geeignet sind, um dieses Ziel zu erreichen.
Die Herausforderung, Bildung tatsächlich zum Gelingen zu bringen, stellt sich jeden Tag jeder Lehrkraft, jeder Schulleitung, jedem pädagogischen Mitarbeiter, jedem, der an Schule tätig ist, und ich erwähne dabei ausdrücklich auch die Schulsozialarbeiter, die leider in der Rede der Ministerin nicht vorgekommen sind. All diese Menschen werden gebraucht, und zwar mit ihren Erfahrungen und mit ihrem Einsatz, um unter den schwierigen Herausforderungen Schule zum Gelingen zu bringen. An vielen, vielen Stellen gelingt das, und zwar durch den Einsatz derer, die dort unterwegs sind.
(Beifall bei der SPD)
Der Dank an diese Personen wird nur zur Floskel und das Zutrauen in die Gestaltung und die Lösungskraft geht dahin, wenn der Eindruck entsteht, dass den Schulen immer weitere Ressourcen gekürzt werden, wenn der Eindruck entsteht, dass Schulen und Lehrkräften mehr aufgeladen wird, als sie selbst tragen können. Insbesondere die jetzt veröffentlichten Schulorganisationserlasse zum Schuljahresbeginn unterstützen diesen Eindruck. Denn das neue Schuljahr ist ohne Frage ein Schuljahr von Herausforderungen, ohne Frage, aber die Kürzung im Bereich des Förderunterrichts, auch wenn es nur der individuelle ist und dieser eher in die Gesamtklassen übergeht, ist eine von den Lehrkräften wahrgenommenen Kürzung. Denn diese Zeit konnten sie flexibel einsetzen, um genau den Schülerinnen und Schülern zur Seite zu stehen, die besondere Aufmerksamkeit brauchen.
Der Abzug der Lehrerwochenstunden für Ganztagsangebote, wie er in den Organisationserlassen angedeutet ist, bedeutet keine Lehrerwochenstunden für den Sportlehrer, der die Volleyball-AG leitet, um Schülerinnen und Schülern in diesem Bereich vielleicht Erfolgserlebnisse zu gewähren. Das bedeutet den Abzug von Lehrerwochenstunden für die Mathe-AG, in dem die Koryphäen, die im Matheunterricht ansonsten unterfordert sind, mit neuen Aufgaben konfrontiert werden. All diese Lehrerwochenstunden - so ist es zumindest im Erlass zu lesen - sollen abgezogen und dann den pädagogischen Unterrichtshilfen zugeteilt werden, die aber selbst keine Lehrkräfte sind.
Bei den Beratungen über das Schulgesetz ist uns in der Koalition die neue Personalkategorie der pädagogischen Unterrichtshilfen als eine Kategorie von Lehrkräften - in Anführungsstrichen - angeboten worden, damit genau diese Leistungen als Unterricht zählen. Ich persönlich - das kann mein Eindruck sein - dachte insbesondere an den Grundschulbereich, weil wir in diesem Bereich tatsächlich viele pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, die eine exzellente Arbeit machen und sicherlich auch eine kranke Grundschullehrkraft ersetzen können, um Mathe oder Deutsch oder Sachkunde anzubieten.
Jetzt wird aber quasi an diesen zusätzlichen Lehrerwochenstunden geschraubt. Auch die Reservestunden sollen eingekürzt werden, weil dadurch Effizienzen gehoben werden können. Die Ministerin hat es erwähnt.
Mir stellt sich die Frage, wie durch die unterschiedliche Belastung mit Unterrichtszeiten aus dem Überhang einer Musiklehrkraft der fehlende Mathelehrer an einer anderen Schule in einem anderen Landkreis ersetzt wird? Was passiert mit den abgezogenen Reservestunden? Werden sie an der Schule genutzt, bspw. für das Festigen und Vertiefen, oder was steckt dahinter?
Die Sorge, die uns Schulleitungen mitteilen, ist, dass dieser Prozess zu Abordnungen führt. Wenn man in den Erlass hineinschaut, dann ist es an diesen Stellen zum Teil zumindest mit halbem Auge lesbar. Das erfüllt die Schulen im Land mit Sorge. Ganztag ist an dieser Stelle mehr als die Kooperation zwischen Hort und Grundschule. Ganztag bedeutet, Lehrkräfte auch im Nachmittagsbereich einzusetzen; nur, dann kann man die Lehrerwochenstunden an dieser Stelle nicht kürzen.
(Beifall bei der SPD)
Ich glaube, was unsere Schule jetzt braucht, ist die neue Personalkategorie, sind die Instrumente, die wir im Schulgesetz, das wir heute beschließen werden, wie digitaler Unterricht, wie digitale Lernwelten, verankert haben, und zwar in einer Flexibilität, die wir den Schulleitungen zutrauen können und zutrauen müssen.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Frau Pähle.
Dr. Katja Pähle (SPD):
Die Schulleitungen, die sich dazu noch nicht in der Lage fühlen, brauchen Unterstützung, um die Organisation an ihrer Schule mit Blick auf die Lehrkräfte, aber vor allen Dingen auch unter dem Gebot, dass Kinder in der Schule gut lernen sollen und Schule als Lebensort gelebt wird, sicherzustellen. Dabei sollten wir sie unterstützen.
Wir sollten die Empfehlungen der Expertenkommission für die inhaltliche Weiterentwicklung der Schule ernst nehmen, umsetzen, und ja, wir brauchen auch mehr Schulsozialarbeit. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.