Tagesordnungspunkt 18

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt und zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Marktüberwachung von harmonisierten Bauprodukten in Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 8/5568


Frau Hüskens hat gleich wieder das Wort, um auch diesen Gesetzentwurf einzubringen. - Sie haben das Wort.


Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt und des Gesetzes zur Durchführung der Marktüberwachung von harmonisierten Bauprodukten in Sachsen-Anhalt soll heute auf den Weg gebracht werden. Diese Novelle ist einerseits das Ergebnis der Änderungen der Musterbauordnung entsprechend den Beschlüssen der 142. und der 145. Bauministerkonferenz. Andererseits ist sie das Ergebnis einer intensiven Zusammenarbeit zwischen dem Ministerium für Infrastruktur und Digitales des Landes Sachsen-Anhalt und 14 Kammern und Verbänden. Für Letzteres geht mein ganz herzlicher Dank an alle Beteiligten. 

Denn wir haben mit dem Ziel zusammengesessen, das Bauordnungsrecht zu vereinfachen. Wir haben immer wieder Gespräche geführt, mal mit dem einen, mal mit dem anderen, mit Hinweisen darauf, dass wir dort einiges tun müssen, und haben dann im letzten Jahr entschieden, uns einfach im Rahmen eines wohnungsbaupolitischen Dialogs zusammenzusetzen und zu schauen, was bei allen Beteiligten wirklich konsensfähig war. Das ist nicht nämlich gar nicht so einfach. Was der eine möchte, will der andere nicht. Von daher war die Diskussion durchaus sehr kontrovers. 

Wir haben   das ist das Ergebnis, das wir Ihnen heute vorlegen   an insgesamt 30 Paragrafen der Bauordnung Novellierungen vorgesehen. Ich will nur auf einzelne Punkte eingehen; denn auch dabei gehe ich davon aus, dass wir dazu noch eine intensive Diskussion im Ausschuss haben werden. 

Erstens. Wir werden eine Experimentierklausel zu Umbaumaßnahmen und Nutzungsänderungen an bestehenden Gebäuden einführen. Mit der Einführung der Experimentierklausel unter anderem in den §§ 86a und 60a soll der Umbau im Bestand erleichtert werden, damit die vorhandene Bausubstanz möglichst lange sinnvoll genutzt werden kann und Gebäudeabrisse möglichst vermieden werden. Hierzu sollen mit der neuen Regelung des § 86a Standards deutlich werden, aber natürlich nur um das verantwortbare Maß abgesenkt werden, um den Umbau zu vereinfachen und Kosten zu senken. 

(Beifall bei der FDP)

Das ist   jeder, der vor allen Dingen in den kleineren Städten im Land unterwegs ist, weiß das   für Sachsen-Anhalt wichtig; denn wir haben gerade in diesen Städten sehr viel Leerstand. Ich finde es immer wieder traurig, dass man dort keine Nachnutzung findet, meistens aufgrund der Kosten, oft aber auch aufgrund der Bürokratie, und dass das entsprechende Potenzial nicht genutzt wird. 

Zweitens: Bürokratieabbau in der Genehmigungsfreistellung, im vereinfachten Genehmigungsverfahren und im Genehmigungsverfahren durch Reduzierung des Prüfrahmens. Auch das soll dafür sorgen, dass in den Verwaltungen Entlastung entsteht und dass viele Bauherrinnen und Bauherren bei einer ganzen Reihe von Aufgaben schneller zu ihrem Ziel kommen.

Drittens: Vereinfachung der Abweichungsregelung zur Unterstützung des Gebäudetyps E. Über den Gebäudetyp E haben wir hier im Haus auch schon diskutiert. § 66 Abs. 1 Satz 1 der Bauordnung ist aktuell als Ermessensentscheidung formuliert. Sie soll zukünftig als Sollvorschrift ausgestaltet werden. Damit wäre klargestellt, dass die Genehmigung für Abweichungen stets dann erteilt wird, wenn die bauaufsichtlichen Anforderungen eingehalten werden. Es werden drei Regelbeispiele aufgenommen, die eine Vereinbarkeit der nach Satz 1 benannten Belange intendieren. Die Regelung dient der Umsetzung des vielfach geforderten Gebäudetyps E.

Ungeachtet bestehender Fragen, die wir beim Zivilrecht immer noch haben, wird es experimentellen Vorhaben damit ermöglicht, im Einzelfall von bauordnungsrechtlichen Anforderungen der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt abzuweichen. Ich werbe explizit dafür, dass es mehr wird als die berühmten Steckdosen in den entsprechenden Räumen. 

Viertens: Erleichterung für die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Wohngebäuden. Die Ergänzung des § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a der Bauordnung dient der Erleichterung des Ausbaus von Dachgeschossen. Bisher ist der Ausbau von Dachgeschossen zu Wohnzwecken nur im Bereich qualifizierter Bebauungspläne dem Genehmigungsfreistellungsverfahren zugewiesen, wenn er den Festsetzungen des für den Bereich maßgeblichen Bebauungsplans entspricht. 

Außerhalb von Bebauungsplangebieten ist dagegen ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren nach § 62 der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt oder, soweit durch den Dachgeschossausbau das Gebäude der Gebäudeklasse 4 oder 5 zu einem Sonderbau wird, das reguläre Baugenehmigungsverfahren nach § 63 der Bauordnung erforderlich. 

Wir haben auch hier häufig die Situation   das ist eher etwas für die größeren Städte  , dass der Bedarf besteht, durch Aufstockungen zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Das war bisher   ich habe es gerade dargestellt   nur in einzelnen Bereichen möglich. Wir sind überzeugt davon, dass es in den anderen Bereichen auch möglich sein soll, und schlagen Ihnen diese Änderung vor. 

Darüber hinaus ändern wir § 47 der Bauordnung, sodass bisherige Aufenthaltsräume auch zum Wohnen genutzt werden können. Ganz einfaches Beispiel: Büros. Das ist etwas, das man relativ schnell auch fürs Wohnen ertüchtigen könnte.

Fünftens. Wir haben eine ganze Reihe von Abstandsvorschriften vereinfacht. Das gilt etwa für Solaranlagen auf Dächern. Wir haben darüber hinaus das Thema Freiflächen-Fotovoltaikanlagen im Außenbereich, wir haben das Thema Mobilfunkausbau, und wir haben das Thema Wärmepumpen, wo wir mit der Novellierung der entsprechenden Paragrafen in der Bauordnung dafür sorgen wollen, dass die Menschen schneller zu ihren Genehmigungen kommen. 

Sechstens. Wir erweitern die Tatbestände zur Verfahrensfreiheit. Das heißt, wir haben vor, Solaranlagen im Geltungsbereich einer städtebaulichen Satzung oder einer Satzung nach § 85 der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt, die Regelungen über die Zulässigkeit, den Standort und die Größe der Anlage enthält, zukünftig verfahrensfrei zu stellen, wenn sie den Festsetzungen der Satzung nicht widersprechen.

Dies soll auch gelten für Anlagen zur Wasserstofferzeugung, sofern der darin erzeugte Wasserstoff dem Eigenverbrauch in den baulichen Anlagen dient, für die sie errichtet werden, sowie für Anlagen zur Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff sowie die dazugehörigen Gasspeicher, bei denen die Prozessschritte Erzeugung und Nutzung in einem werksmäßig hergestellten Gerät kombiniert sind und die Speichermenge 20 kg nicht überschreiten. Technische Nebenanlagen zu Ladestationen für Elektromobilität   diese brauchen wir wahrscheinlich alle öfter als Wasserstoff   sollen ebenfalls von dieser Regelung erfasst werden. 

Meine Damen und Herren, Sie sehen in einer ziemlich breiten Range eine ganze Reihe von Änderungen an der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt. Wir haben uns dabei alle, sowohl in der Runde der baupolitischen Sprecher auf der Bundesebene als auch in der Bauministerkonferenz, davon leiten lassen, die Bauordnung zu entschlacken. Ich weiß, es geht auch immer mehr. Aber unser wohnungsbaupolitischer Dialog hat mir eines gezeigt: Wir haben sehr, sehr unterschiedliche Interessen, die wir gerade in diesem Bereich immer unter einen Hut bringen müssen. Deshalb bin ich mit dem, was wir Ihnen hier vorlegen können, durchaus zufrieden. 

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Ich glaube, wenn wir das umgesetzt bekommen, dann erleichtern wir für die Unternehmen hier im Land das Bauen schon in einem ganz ordentlichen Ausmaß, und das soll ja unser Ziel sein. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.