Marco Tullner (CDU): 

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich habe zwar nicht verstanden, was Sie uns sagen wollten,

(Minister Prof. Dr. Armin Willingmann, lacht - Lachen bei der AfD - Dr. Katja Pähle, SPD: Arbeitsauftrag! - Daniel Rausch, AfD: Das ist traurig, ehrlich!)

aber die PGF werden es schon richten. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu den merkwürdigen Gepflogenheiten dieses Hohen Hauses gehört unter anderem auch   das mussten wir überrascht feststellen  , dass die Landesregierung uns gleich mit zwei Regierungserklärungen beglückt. Wir haben schon mit dem Ministerpräsidenten besprochen, ob man das zukünftig vielleicht ein bisschen koordinieren kann. Denn aus meiner Sicht ist es eine gewisse zufällige Begebenheit, dass wir als größte Fraktion einen Antrag auf eine Aktuelle Debatte einreichen und zufällig dazu auch eine Regierungserklärung erfolgt. Sehen Sie mir deswegen nach, dass ich hier nicht auf alle Punkte so intensiv eingehen werde. Denn ich will den Spannungsbogen zu unserer morgigen Aktuellen Debatte noch ein wenig aufrechterhalten. 

(Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie haben jetzt sozusagen das breite Spektrum der inhaltlichen Dimensionen von Hochschulpolitik erfasst. Der eine fand sich, denke ich, in den letzten Jahren ziemlich gut, der andere findet alles irgendwie sehr merkwürdig, hat schwülstige Träume von einer vergangenen Zeit und hat darin Leidenschaft entfacht. 

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD - Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Ich denke, wenn man Argumente nüchtern wägt, findet man sicherlich wie immer bei dem einen oder anderen etwas, das man sich herauspicken kann. Insgesamt, denke ich, haben wir ein gutes Hochschulsystem in Sachsen-Anhalt, und das sollten wir uns jetzt nicht schlechtreden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zustimmung bei der CDU und von Konstantin Pott, FDP)

Der Punkt Exzellenz war sozusagen der Ausgangspunkt dieser Regierungserklärung. Ich bin mir nicht ganz sicher, was sich die Regierung dabei gedacht hat und ob sie jetzt schon in die Erntephase eintritt und sozusagen Bilanz ziehen will. - Ich finde, dafür ist es noch ein bisschen früh. Wir haben noch ganz schön viel Zeit, in der wir noch das eine oder andere in diesem Land bewegen wollen und können.

(Zustimmung von Xenia Sabrina Kühn, CDU, und von Jörg Bernstein, FDP)

Wir haben noch ein Jahr Zeit und sollten insoweit mit dem Bilanzziehen noch ein bisschen warten. 

Aber dieser lang erwartete Exzellenzmoment ist für Sachsen-Anhalt schon ein besonderer Punkt. Der Minister hat darauf hingewiesen. 

Ich will mich jetzt hier auch gar nicht zu sehr über Definitionen von Exzellenz auslassen, wie das Herr Tillschneider gemacht hat. Aber ich weise darauf hin, dass wir über Exzellenz in ganz vielen Bereichen reden. Wir reden über wissenschaftliche Exzellenz, wir könnten auch über exzellente Politik reden, aber das ist vielleicht an anderer Stelle ein besserer Moment. 

(Lachen - Zuruf von Dr. Jan Moldenhauer, AfD)

An diesem Punkt die wissenschaftliche Exzellenz in den Blick zu nehmen, ist wichtig, aber wir müssen es am Ende auch einordnen. Wir haben jetzt sozusagen nicht den Olymp erklommen und sind jetzt Weltchampion. Ich will es nur einmal mit Zahlen deutlich machen. Es gab also 70 neue Cluster, die verkündet worden sind. Davon sind 43 mit einer Hochschule verbunden. Ich glaube, 18 sind mit zwei Partnern verbunden und neun, wie das Magdeburg und Halle gemacht haben, mit drei Partnern. Das liegt ein bisschen daran, dass wir nicht genug kritische Masse haben; unsere Hochschulen sind klein. Aber deswegen ist es ein schöner Erfolg, dass wir hierbei einen Erfolg erzielt haben. 

Trotzdem müssen wir uns am Ende auch selbstkritisch fragen, woher diese Exzellenzdebatte kommt. Der Minister hat darauf hingewiesen: 2005 ist sie ins Leben gerufen worden. Damals hat Frau Bulmahn als Bundesbildungsministerin angefangen, nationale Champions kreieren zu wollen, wie das in der Schweiz mit der ETH - Frau Ausschussvorsitzende, wir waren ja letztes Jahr dort - ja auch der Fall ist. Es ist also eine nationale Universität, die quasi vom nationalen Bundesstaat finanziert wird. Der Rest ist dort föderal; so sollte es hier auch sein. Das war eine schwierige Zäsur, die dann unter Schavan und unter Frau Prof. Wanka, glaube ich, auch ein bisschen zu Recht modifiziert worden ist. Denn wir haben ein gutes Hochschulsystem in der Fläche. Wir wollen daraus nicht zwei Rosinen herauspicken, die dann im Shanghai-Ranking ganz oben sein sollen. Vielmehr wollen wir eine breit aufgestellte universitäre Spitzenforschung haben und dazu gehört am Ende auch diese Exzellenzförderung, aber sie ist am Ende     Wie gesagt, 70 Cluster sind neu berufen worden. 

Dabei muss man schon noch einmal ein bisschen an der Begrifflichkeit arbeiten. Wenn wir uns hier sozusagen zu Exzellenzen exzellieren, dann hilft das am Ende auch nicht mehr. Wenn wir auf das Shanghai-Ranking schauen - ich habe es schon einmal gesagt -, dann sehen wir, dass die deutschen Universitäten bei Platz 45, ich glaube, mit den Unis in München anfangen. Die Uni Halle ist, glaube ich, auf Platz 360 im internationalen Ranking. Damit sieht man schon einmal, wo wir eigentlich stehen. Wir neigen ja in Deutschland gelegentlich dazu, uns selbst zu berauschen. Das sollten wir an der Stelle nicht immer tun, sondern wir sollten auch ein bisschen die Probleme, die wir im Lande haben, anpacken. 

Genau darauf will ich zurückkommen und ein paar Punkte beleuchten, die aus meiner Sicht eben nicht so ganz gut gelaufen sind. Weil der Kollege Willingmann und ich uns gut verstehen, darf ich auf der Grundlage einer so guten Zusammenarbeit hier auch einmal ein paar kritische Reflexionen äußern, ohne gleich in Misskredit zu kommen, hier etwas schlecht reden zu wollen. Das will ich auf gar keinen Fall tun, lieber Kollege, und das wird auch nicht passieren. 

Es fängt z. B. damit an, wenn wir uns einmal anschauen, wofür wir die Hochschulen im Lande haben. Wir haben drei Themen: Wir haben Forschung, wir haben Lehre und wir haben die sogenannte Third Mission, d. h. wir wollen die Innovationskraft im Lande stärken und die Bahn zur wirtschaftlichen Entwicklung ziehen etc. Bei der Lehre - dafür haben wir ja manche Universitäten - stellen wir oft fest, dass wir eben genau das nicht hinbekommen, was wir wollen, nämlich genug Lehrer auszubilden, genug Ärzte auszubilden, im Übrigen auch genug Juristen auszubilden. All das sind Punkte, die wir verändern müssen. Wir können nicht nur zufrieden sein mit dem, was ist. 

Ich war ein bisschen erschrocken - das muss ich an der Stelle auch einmal sagen - über diese Veranstaltung, die ein paar Jahre zurückliegt: zehn Jahre „Bernburger Frieden“. Dabei wurde ein großes Porträt ikonengleich mit dem Ministerpräsidenten und dem damaligen Rektor der Hochschule für angewandte Wissenschaften im Harz hochgehalten und alle fanden sich gut. Das große Ziel und die große Leistung der Hochschulpolitik war, dass Ruhe im Land ist. Aber ich sage einmal: Ruhe ist auch auf dem Friedhof. Wir müssen aufpassen, dass wir uns auf den Punkten Verlässlichkeit und Ruhe nicht zu sehr ausruhen. Denn gerade Hochschulen sind Orte, wo Innovationskraft und Veränderung herkommen, wo auch Veränderungsprozesse losgetreten werden müssen. Das sollten wir dadurch nicht ersticken. Das ist so ein bisschen die Situation, die ich sehe: dass wir uns zu sehr freuen, dass Ruhe ist, und an der anderen Stelle vergessen, wo die wahren Probleme sind. 

Dann fange ich einmal beim Lehrerbereich an. Wir haben bis heute keine Zielvereinbarung mit der Lehrerbildung. 

(Zustimmung von Jörg Bernstein, FDP)

Das empfinde ich ein bisschen als Missstand. Der Minister hat gerade auf die aktuelle Bevölkerungsprognose hingewiesen. Jetzt fängt der neue Schweinezyklus an, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wenn wir jetzt nicht aufpassen und rechtzeitig     Die Kinderzahlen gehen zurück. die Bundesregierung will die Zuwanderung limitieren. Das heißt also, der Faktor junge Menschen und Kinder wird absehbar weniger werden. 

(Zuruf von Hendrik Lange, Die Linke)

Darauf müssen wir in der Lehrerbildung achten. Ich bin gespannt, ob sich diese Bevölkerungsprognose in der Zielvereinbarung Lehrerbildung im Grundschulbereich wiederfindet. Denn ich bin überzeugt davon, dass es bei einer sieben- bis achtjährigen Ausbildung, die unsere Grundschullehrer leider immer noch haben, jetzt an der Zeit ist, an die Zahlen heranzugehen, um nicht schon wieder einen Überhang zu produzieren und demnächst darüber zu klagen, dass so viele Grundschullehrer keine Einstellung im Lande finden. Die Zeiten hatten wir schon einmal und die müssen wir jetzt verhindern. Das fängt jetzt an. 

Der zweite Punkt ist die Lehrerbildung insgesamt. Wir sind uns ja erkennbar im Dissens einig, dass etwas verändert werden muss, sagen wir, und zwar grundlegend. 

(Zustimmung von Jörg Bernstein, FDP)

Das Stichwort heißt pädagogische Hochschule. Das will ich an der Stelle ganz kurz sagen. Dem einen oder anderen mag das zwar als ein sehr altbackener Begriff vorkommen, aber eine zielorientierte Lehrerbildung, die spezifisch für die Kinder ausbildet und die Bedarfe in den Blick nimmt, haben wir mit den jetzigen Strukturen nicht erreicht. 

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, von Matthias Redlich, CDU, und von Stefan Gebhardt, Die Linke)

Das hat nicht nur etwas mit der Zielvereinbarung zu tun, sondern das hat auch etwas mit der Qualität der Ausbildung zu tun. Deswegen finde ich es sehr schade, dass die Initiativen aus Anhalt und aus Dessau hier nicht beim Ministerium aufgegriffen worden sind, weil wir hiermit die Chance gehabt hätten, Innovationen in die Lehrerausbildung zu implementieren. 

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Ich komme zur Medizin. Wir machen dabei unwahrscheinlich viel. Wir wissen ja: das Krankenhaussystem, der Bund, die ganzen Herausforderungen - darauf will ich jetzt gar nicht eingehen. Aber der entscheidende Punkt ist, dass wir als armes Land theoretisch mehr Ärzte ausbilden, als wir müssten, und die nicht im Land halten können. Das ist doch ein Zustand, mit dem wir nicht zufrieden sein können, liebe Kolleginnen und Kollegen. 

(Zustimmung bei der CDU)

Dann fangen wir damit an, die Universitätsmedizin wertzuschätzen und zu machen. Und dann schaue ich einmal nach Halle und stelle ich fest: Keines der Bauprojekte, die wir dort geplant haben, ist im Haushalt unterlegt, 

(Zustimmung von Frank Bommersbach, CDU)

weder das Theoretikum noch das Eingangszentrum noch der zweite Bauabschnitt vom Pandemieresilienz-Zentrum. Der ärztliche Direktor hat unter anderem deswegen hingeschmissen. Und wir hier schauen zu und sagen an der Stelle: alles toll, alles schön. Ich bin auch gespannt, was mit der 1 Milliarde € in Magdeburg gemacht wird. 

(Eva von Angern, Die Linke: Wir alle!)

2016 war ich noch Staatssekretär; da haben wir über das Herzzentrum gesprochen. 2016! Das ist jetzt noch immer nicht im Rohbau fertig. Wir reden hierbei auch über langfristige Zeitschienen, anhand derer wir feststellen müssen, dass wir Erfolge feiern, die es noch gar nicht gibt. Das muss aufhören. Wir müssen an der Stelle realistischer sein und die Dinge wirklich tatkräftig angehen. 

(Zustimmung von Xenia Sabrina Kühn, CDU)

Zur Unimedizin fällt mir noch etwas ein. Wir hatten letzte Woche einen parlamentarischen Abend der beiden Standorte der Universitätsmedizin in Halle. Der Minister konnte nicht; das war auch erklärbar. Wenigstens waren die Staatssekretäre da. Aber vom Sozialministerium war überhaupt niemand da, so wie heute. 

(Zustimmung von Xenia Sabrina Kühn, CDU)

Die haben nicht mal einen Hausmeister geschickt. Das finde ich, ehrlich gesagt, auch nicht wertschätzend und an der Stelle auch völlig unangemessen. Das muss man an der Stelle auch einmal sagen. Wie die Universitätsmedizin in manchen Häusern behandelt wird, finde ich schwierig. 

Einen letzten Punkt - die Zeit läuft mir ein bisschen davon und, wie gesagt, ich wollte schon auf morgen verweisen - will ich noch als Anregung mitgeben. Wir haben bei der Lehrerbildung zu Recht viele Modellprojekte in Richtung Magdeburg schauend gemacht. Aber jetzt haben wir diese Exzellenzcluster-Geschichte. Ich glaube, wenn wir schon keine richtige Hochschulstrukturplanung haben - die wir eigentlich haben müssten und die zwar in den Zielvereinbarungen ein bisschen angedeutet wird, die aber eigentlich per Gesetz nicht da ist oder deren Fortschreibung nicht erfolgt ist -, dann wäre es jetzt an der Zeit, auch einmal darüber nachzudenken, in Halle die Ingenieursausbildung wieder in den Blick zu nehmen. Denn wir haben diesen Cluster. Wir haben mit dem Weinberg Campus einen der großen deutschen Technologieparks, wo sich viele Naturwissenschaften versammeln. Und wenn wir uns in Magdeburg bei der Lehrerausbildung modifiziert haben, 

(Guido Kosmehl, FDP: Oh!)

dann bitte ich herzlich darum, diesen Punkt in die Überlegungen mit einzubeziehen. 

Als Fazit der jetzigen Debatte möchte ich zum Abschluss noch sagen, dass wir auf der einen Seite eine gute Basis haben, auf der wir Hochschulpolitik betreiben, dass wir uns aber auf der anderen Seite nicht gelassen darauf ausruhen, sondern mit Tatkraft und Engagement die kommenden Herausforderungen angehen sollten, und dabei haben wir noch ein bisschen etwas zu tun. - Vielen Dank. 

(Zustimmung bei der CDU und von Guido Kosmehl, FDP)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, Herr Tullner. Würden Sie bitte hier vorn bleiben? Herr Tullner, Herr Lange würde gern noch eine Frage stellen. 

Aber erst einmal möchte ich Schülerinnen und Schüler des Diesterweg-Gymnasiums Tangermünde- Havelberg begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Das ist die zweite Gruppe. Sie haben heute den kompletten Schulausflug, sodass sie sich über das Parlament informieren können. Aber wir wissen ja, wie man sich oben auf Tribünen verhält. - Danke.

Herr Lange, bitte. 


Hendrik Lange (Die Linke):

Vielen Dank, Herr Tullner. Ich fühlte mich jetzt bei Teilen Ihrer Rede in die 2000er-Jahre zurückversetzt, wo Sie ja maßgeblich mit Frau Feußner daran beteiligt waren, die Lehrerbildung hier in Magdeburg zu schließen mit den gleichen Argumenten. 

(Ministerin Eva Feußner: Nein, das stimmt nicht! Das ist vorher gewesen!)

- Ja klar, Sie waren damals die Bildungsverantwortliche. - Wir brauchen weniger Lehrer. Wir haben eine demografische Entwicklung, die erkennen lässt, dass weniger Schüler da sind. Und das heutzutage mit Blick auf die Tatsache, dass wir gemerkt haben, dass das alles so nicht eingetreten ist und wir gerade sagen: Damit wir hier nicht den demografischen Niedergang haben, brauchen wir Zuwanderung. Auch zugewanderte Menschen werden irgendwann Kinder bekommen. Ich hoffe es zumindest, damit dieses Land demografisch eben nicht dem Niedergang geweiht ist. 

Deswegen meine Frage: Wäre es nicht viel sinnvoller, weiter an der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern festzuhalten und dafür zu sorgen, dass dort, wo dann wieder mehr Lehrer zur Verfügung stehen, wieder mehr Qualität in der Schule stattfinden kann, wieder mehr Lehrerinnen und Lehrer die pädagogischen Aufgaben übernehmen können und wir nicht wieder darüber reden, dass wir das Grundschulnetz bspw. noch weiter ausdünnen und damit Schülerinnen und Schüler entsprechend viel weitere Wege haben? Das wäre doch der eigentliche Weg. 

(Zustimmung bei der Linken)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Tullner, bitte. 


Marco Tullner (CDU):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Das ist eine Frage, über die man in einer eigenen Debatte reden könnte. Ich will es einmal so formulieren: Auf der einen Seite müssen wir, glaube ich, unterscheiden zwischen den Rahmenbedingungen, die wir haben. Dabei ist die aktuelle Bevölkerungsprognose ja nur ein Fakt, mit dem das Land und die Landesverwaltung Planungen angeht. Dass man dabei mit Unschärfen arbeiten muss, weil die Entwicklung sich immer anders darstellt, als manche Planer sich das wünschen, ist doch völlig klar. So einen Puffer muss man einbauen. Aber eine Erkenntnis ist doch für Sachsen-Anhalt, tendenziell für Deutschland, aber auch für Europa da: Wir leben in einer alternden Gesellschaft, in der die Kinderzahlen absehbar zurückgehen. Sich darauf einzustellen, hat am Ende etwas damit zu tun, verantwortliche Politik zu gestalten. Denn wir müssen zum einen die Ressourcen in den Blick nehmen; unsere Einnahmen sind am Ende auch endlich. 

(Zuruf von Thomas Lippmann, Die Linke)

Zum anderen müssen wir schauen, dass wir Schule moderner und zeitgemäßer machen, in dem Sinne, dass sie den Anforderungen der Zukunft gerecht wird. Dabei haben wir auch noch ein paar Baustellen zu beseitigen. Das in einer Kapazitätsdebatte abzubilden, ist nicht immer ganz einfach. Aber dass wir weniger werden und uns darauf einstellen, das ist doch glaube ich hier im Haus unbestritten. Oder geht einer davon aus, dass wir in den nächsten Jahren deutlich mehr werden? - Wir müssen immer flexibel auf die Herausforderungen reagieren. 

Der zweite Punkt, auf den ich kurz hinweisen will, ist: Wir müssen beim Thema Lehrerbildung zwei Herausforderungen in den Blick nehmen. Das eine sind die Zahlen; Schulnetz, Sie haben es gesagt. Natürlich müssen wir dabei den Herausforderungen im ländlichen Raum anders begegnen als in der Stadt, aber die Lehrerbildung an sich ist doch auch in den Blick zu nehmen. 

(Zustimmung von Tim Teßmann, CDU)

Wir bilden in Deutschland Lehrer viel zu lange aus: sieben, acht Jahre. Dann kommen die jungen Menschen in der Schule an und erleben oft einen Praxisschock. Das heißt, dass sie am Ende nicht wirklich auf alles vorbereitet sind. Und die Schulen sagen: Na ja, was wir hier alles brauchen, das können die jungen Leute nicht. Wir müssen als Reformansatz in den Blick nehmen, wie wir auch die Ausbildung vielleicht ein bisschen kürzer machen können. Zu DDR-Zeiten haben wir tolle, gestandene Kolleginnen und Kollegen in den Schulen gehabt. Die waren in der Regel alle nach fünf Jahren fertig und waren spätestens dann in der Schule. 

(Zuruf von Stefan Gebhardt, Die Linke)

Das ging also schon einmal; das hat die Geschichte bewiesen. Wir müssen jetzt die ganzen Herausforderungen     Was ist denn der neue Bildungsansatz? - Wir haben doch die ständigen Debatten: Brauche ich noch die Gedichtinterpretation? Ich verstehe keinen Versicherungsvertrag. Wie sind die IT-Dimensionen in Pädagogik abbildbar etc.? - Es gibt ganz viele Herausforderungen, wo wir Schule neu denken müssen. Das können wir über die Lehrerbildung am besten und dabei müssen wir ansetzen. Das heißt, egal ob wir weniger oder mehr Schüler haben: Die Lehrerbildung muss in Deutschland in den Blick geraten, sie muss besser werden, sie muss reformiert werden und sie muss den tatsächlichen Anforderungen gerecht werden. Dabei haben wir riesige Baustellen.

Seit 20 oder 30 Jahren klagen wir immer über dieselben Probleme. Wir bekommen es nicht gelöst, und zwar durch die Strukturen, weil wir verschiedene Zuständigkeiten haben, weil wir vielleicht keinen Reformwillen haben und weil wir kein Geld haben. Ich möchte mich aber zumindest in den Chor der Mahner einreihen, aber auch letztlich in den der Gestalter, dass wir zumindest einmal einen Anspruch als regierungstragende Fraktion haben. Wiewohl wir regierungstragend sind, kann das manchmal auch eine Last sein. Das will ich Ihnen an der Stelle auch sagen.

Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, Herr Tullner, für die kurze Antwort.

(Lachen)

Herr Lange, bitte.

(Marco Tullner, CDU: Ach so, Entschuldigung! Ich dachte es wäre eine weitere Frage! - Zustimmung bei der CDU)