Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Damit ist die Regierungserklärung beendet. Ich stelle fest: Aus den 13 Minuten Redezeit sind neun Minuten mehr geworden.

(Oh! bei der AfD - Zuruf von der AfD: Das ist so, wenn man nicht rechnen kann!)

Das heißt also, es ergibt sich eine Möglichkeit, die eigentliche Redezeit der einzelnen Redenden zu überziehen. Das kann sich jetzt jeder selbst ausrechnen. Sonst gebe ich es vor. Ich passe dann entsprechend auf. 

Wir kommen nun zu der Aussprache zu der Regierungserklärung und steigen ein in die Debattenstruktur „D“. Der erste Redner spricht für die AfD- Fraktion: acht Minuten plus ungefähr 62 %, 63 %. - Bitte.

(Beifall bei der AfD)


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD): 

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! - Selten hat sich jemand so gründlich widersprochen wie Sie, Herr Wissenschaftsminister, in Ihrer Regierungserklärung. Auf der einen Seite sprechen Sie der Wissenschaft das Recht auf selbstzweckhaftes Erkenntnisstreben ab und verpflichten die Wissenschaft auf die strengsten ökonomischen Nützlichkeitsmaßstäbe. Auf der anderen Seite aber schwingen Sie sich zum glühenden Verteidiger der Wissenschaftsfreiheit auf und plädieren mit Leidenschaft für die Genderstudien, die nicht nur ohne jeglichen ökonomischen Nutzen sind, sondern ökonomisch, sozial und kulturell sogar mannigfach Schaden anrichten

(Zuruf von Juliane Kleemann, SPD)

und obendrein die Wissenschaft in ein Korsett politischer Wünschbarkeiten zwingen und so selbst die Wissenschaftsfreiheit gefährden.

(Beifall und Jawohl! bei der AfD)

Sie verpflichten die Wissenschaft in aller Strenge auf ihren wirtschaftlichen Ertrag und kritisieren im selben Atemzug autoritäre Erwartungen an die Wissenschaft. Sie fordern Toleranz für unbequemes Denken, wobei Sie selbstverständlich nur das tolerieren, was Ihnen selbst bequem ist, und sich höchst intolerant gegenüber dem politischen Denken gebärden, das Ihnen unbequem ist. Was soll man davon halten?

(Zuruf von der AfD: Genau! Das haben wir doch gesehen! - Zuruf Hendrik Lange, Die Linke)

Wie Sie selbst sehr scharfsinnig bemerkt haben, wählen wir im nächsten Jahr einen neuen Landtag. Derart klaffende Selbstwidersprüche zeigen an, dass eine Politik ihrem Ende zugeht, und das ist auch gut so.

(Beifall bei der AfD)

Zu der vielbeschworenen Exzellenz. Ich muss bei diesem Begriff immer an die Anrede für hochgestellte Persönlichkeiten im diplomatischen Verkehr denken. Staatsoberhäupter, Bischöfe, Minister, Botschafter und andere Größen sind als Exzellenzen anzureden, was dazu geführt hat, dass schon so mancher Schwachkopf, den man besser als Existenz angeredet hätte, prachtvoll ausgeschmückt als Exzellenz einhergehen durfte.

(Oliver Kirchner, AfD, lacht)

Der Begriff jedenfalls wird viel häufiger verwendet, als wahre Exzellenz vorkommt, die ja nach der Logik des Begriffs selbst etwas höchst Seltenes sein sollte. Dem Begriff eignet so fast immer etwas von Schmeichelei, etwas fassadenhaft Unechtes, ja, etwas Operettenhaftes.

(Jan Scharfenort, AfD, lacht)

Sich unfreiwillig ergebende ironische Effekte sind vor allem dann kaum vermeidbar, wenn jemand irgendwo allzu deutlich auf Exzellenz hinweisen muss, weil niemand sonst auf die Idee käme, sie gerade dort zu entdecken. 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD, lacht)

So ist es auch mit den Exzellenzinitiativen, der Exzellenzförderung, den Exzellenzbewerbungen, den Exzellenzrunden, den Exzellenzuniversitäten, den Exzellenzstipendien, den Exzellenzkommissionen, den Exzellenzstrategien und den Exzellenzclustern.

(Beifall und Lachen bei der AfD)

Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Exzellenteste im ganzen Land? 

(Lachen bei der AfD)

Die Deutsche Universität trieft im Jahr 2025 nur so vor Exzellenz und erstrahlt heute in der exzellentesten Brillanz und der brillantesten Exzellenz aller Zeiten. 

Diese Exzellenzinflation ist natürlich nur Tünche, sie ist der Lackanstrich der Fäulnis, sie ist der allzu durchsichtige Versuch, durch ständiges Gerede etwas herbeizureden und sich bei dem zu beruhigen, was auf dem Papier steht. Wenn Sachsen-Anhalt innerhalb dieses Exzellenzzirkusses keine Anerkennung gefunden hat, so spricht das nicht gegen die Wissenschaft im Lande, allerdings spricht es auch nicht unbedingt für sie. Nein, in ganz Deutschland ist kaum noch etwas, das an echter wissenschaftlicher Leistung herausragt und alles andere überragt - und das wäre doch die Bedeutung von recht verstandener Exzellenz. Dort ist politische Korrektheit, dort ist Wokeness, was man bitte nicht mit Wachheit, sondern besser mit Hysterie übersetzt, dort ist viel poststrukturalistischer Karneval, dort ist, wie Corona gelehrt hat und wie die Klimaforschung zeigt, auch in den Naturwissenschaften viel Gefälligkeitswissenschaft, die sich der Politik anbiedert. Die Gleichstellungsbeauftragte führt Regiment. Quotenregelungen haben die Qualitätsmaßstäbe abgelöst, und an der mittlerweile eher dürftigen Bezahlung der Lehrpersonen lässt sich der Niedergang förmlich beziffern - mit der Folge, dass an der Universität nicht mehr die Besten bleiben, sondern nur noch die Reste. Aber immerhin sind wir international, welch ein Glück.

(Nadine Koppehel, AfD, lacht)

Wissen Sie, genauso wie nur der wahrhaft interdisziplinär sein kann, der zumindest eine Disziplin gründlich beherrscht, genauso kann auch nur der international sein, der zuerst national ist. Nur dann hätte nämlich der Austausch zwischen den Nationen einen Sinn: wenn die deutsche Universität eine starke Identität in diesen Austausch einbringen würde. Wer aber mit dem Streben nach Internationalität verdeckt, dass er keine Nationalität mehr hat, ja, wer sich vor seiner eigenen Nationalität in die Internationalität flüchtet, der ist nur noch „Inter-“, also nur noch „Zwischen-“ und damit irgendwie nichts. Und das ist leider bei der deutschen Universität aktuell der Fall, auch und gerade in Sachsen-Anhalt. 

(Beifall bei der AfD)

Die Vernichtung der deutschen Universität und ihrer guten Traditionen begann schon mit dem Zerstörungswerk der 68er. Die Einführung europaweit einheitlicher Studiengänge nach einem aus dem angelsächsischen System abgeleiteten Modell vor 15 Jahren hat der deutschen Universität dann vollends den Garaus gemacht. Von der besonderen Verbindung aus akademischer Freiheit und Gründlichkeit, die einst die deutsche Universität ausgezeichnet hat sowie ihr Markenzeichen und das Rezept ihres internationalen Erfolges war, ist mittlerweile nichts mehr übrig. Bürokratie, starre Studienplankorsette, Oberflächlichkeit, Verschulung und Vermassung, wohin man blickt. 

Ihrer eigenen Tradition beraubt, ist die deutsche Universität allen Moden und Marotten hilflos ausgeliefert - ein Blatt im Wind. Von der pseudodemokratischen Idee der Gruppenuniversität, die gegen die gute alte Ordinarienuniversität ins Feld geführt wurde, bis hin zu den Gender Studies, von denen am Freitag noch die Rede sein wird, oder den Critical Whiteness Studies oder den Post-Colonial Studies: Was auch immer sonst noch die poststrukturalistischen Scharlatane sich ausgedacht haben - die deutsche Universität macht es garantiert mit. 

Unsere Universitäten und Hochschulen brauchen wie auch die Schulen zuallererst eine Rückbesinnung auf ihre eigentliche Aufgabe, also die Pflege der Wissenschaft. Keine Politik, kein pseudodemokratisches Rätewesen, keine Gesellschaftsmanipulation, keine Gefälligkeitsforschung, keine Bullshit-Wissenschaft. 

(Beifall bei der AfD)

Sodann brauchen unsere Universitäten und Hochschulen eine Besinnung auf ihren Charakter, ihre Identität und ihre Tradition, also eine Besinnung darauf, dass es deutsche Bildungseinrichtungen sind und ihre Wissenschaft in der Tradition deutscher Wissenschaft steht. Wenn wir ab 2026 das Land regieren, werden wir dafür sorgen, dass sofort    

(Anne-Marie Keding, CDU: Niemals!)

- Na ja, man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. 

(Beifall bei der AfD - Dr. Katja Pähle, SPD: Eben! - Zurufe von der CDU: Eben! - Olaf Meister, GRÜNE: So ist das! - Weiterer Zuruf von Dr. Katja Pähle, SPD)

Sollten wir das Land 2026 regieren, werden wir dafür sorgen, dass sofort die bewährten Diplom- und Magisterstudiengänge wieder angeboten werden. Wir werden alle Quotenregelungen - alle Quotenregelungen! - außer Kraft setzen und dafür sorgen, dass bei Stellenbesetzungen gleich welcher Art weder das Geschlecht noch die Hautfarbe des Bewerbers eine Rolle spielen, sondern einzig und allein die Qualifikationen.

(Beifall und Jawohl! bei der AfD) 

Wir werden ein Stipendiensystem auflegen, das den besten Köpfen ein sorgenfreies Studium ermöglicht und starke Anreize für akademische Höchstleistungen setzt. Wir werden die Forschungsförderung in der Klimaforschung und auf allen Feldern von politischen Vorgaben befreien und sie wieder zu echter Ergebnisoffenheit befreien.

(Jan Scharfenort, AfD: Jawohl!)

Wir werden linksradikalen Studenten, die, sobald ihnen eine Veranstaltung nicht passt, Skandal machen und dafür sorgen, dass die Veranstaltung abgesagt wird, einen Riegel vorschieben und gegen die Unsitte der sogenannten Cancel Culture die alte akademische Freiheit wiederherstellen.

(Beifall bei der AfD)

Sie haben uns unterstellt, wir wollten die Wissenschaftsfreiheit beeinträchtigen.

(Olaf Meister, GRÜNE: Ja! - Jan Scharfenort, AfD: Im Gegenteil!)

Nichts liegt uns ferner. Wir werden in einem Wort die Wissenschaft von der Politik befreien. Wir werden die Wissenschaft wieder zur Wissenschaft befreien. 

(Beifall und Jawohl! bei der AfD)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, Herr Tillschneider. - Für die Parlamentarischen Geschäftsführer möchte ich einen Hinweis für die zukünftigen Beratungen geben. In § 62 Abs. 3 GO.LT wird festgestellt: Wenn der Präsident eine Überschreitung der empfohlenen Redezeit durch die Landesregierung feststellt, dann erhält jede Fraktion die gleiche Redezeit zusätzlich. Wenn wir aber eine Debatte und eine Debattenstruktur festgelegt haben, dann muss das bitte angepasst werden. § 62 Abs. 3 der Geschäftsordnung muss also bitte einmal betrachtet werden. Wir haben diese Aufgabe mitzunehmen.