Wulf Gallert (Die Linke):
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die unterschiedlichen Antworten, die ich hier bekomme, sind noch einmal eine besondere Spezifik dieses Gesetzes. Ich möchte aber zunächst etwas dazu sagen, mit welcher Tonalität insgesamt an dieses Problem herangegangen wird.
Der Kollege Meister hat es an anderer Stelle schon einmal gesagt: Erinnert man sich einmal an das Zustandekommen des Gesetzes, dann stellt man fest, dass ganz wesentliche Paragrafen und Bestimmungen in der abschließenden Beratung des Ausschusses drei Minuten vor der Angst als Tischvorlage kamen. Diese wiederum sind geändert wurden, nachdem ich unter anderem den Hinweis gegeben habe, dass es jetzt überhaupt keinen Vergabemindestlohn mehr gibt. Das ist den Vertretern der Koalition, die ich jetzt nicht namentlich nennen will, dann überhaupt erst aufgefallen, und wir haben dann noch einmal eine Änderung durchgeführt. All diese Dinge sprechen dafür, dass das nicht ausgegoren ist. All diese Dinge sprechen dafür, dass dieses Gesetz in seiner ursprünglichen Fassung nicht wirklich den Anforderungen genügt.
(Zustimmung bei der Linken und bei den GRÜNEN
Was jetzt aber gemacht wird - und dann nehme ich Herrn Heuer beim Wort , ist die faktische Außerkraftsetzung dieses Gesetzes.
(Zuruf von der Linken: Ja!)
Das ist schon bemerkenswert, weil es das zentrale Argument der SPD war, in dieser Koalition zu sein. Es war das zentrale Versprechen: Wir haben den Vergabemindestlohn durchgesetzt, wir machen ordentliche Tarifregelungen, wir regeln die Vorbildwirkung der öffentlichen Hand, wenn es um Tariftreue geht. - Jetzt haben wir ein Gesetz, von dem zumindest der CDU-Fraktionsvorsitzende - und ich glaube, nicht zu Unrecht - sagt: Faktisch gibt es kein Landesvergabegesetz mehr.
(Zuruf von der CDU: Doch!)
Faktisch gibt es kein Tariftreuegesetz mehr.
(Minister Schulze: Das stimmt doch gar nicht! - Weitere Zurufe von der CDU)
Jetzt ist die Frage, ab welchen Schwellenwerten wir über diese Dinge reden, tatsächlich interessant.
(Zustimmung bei der Linken)
Da gibt es zwei unterschiedliche Interpretationen. Die eine Interpretation findet sich in dem von der Koalition vorgelegten Gesetzentwurf, und zwar in der Begründung. Diese besagt: Ab den bundeszuständigen Höhen - das sind die 200 000 € und die 5,5 Millionen € - dürfen wir nichts mehr regulieren, weil der Bund seine Gesetzgebungskompetenz ausgelöst hat und wir deswegen gar nichts mehr machen dürfen. Deswegen gilt - das steht dezidiert in Ihrem Gesetzentwurf: Ab diesen Höhen, die der Bund geregelt hat, gilt der § 11 mit der Mindestlohngeschichte nicht mehr.
Lesen Sie einmal Ihren Gesetzentwurf; darin steht das genau so. Darin steht, dass dieser Gesetzentwurf nur noch unterhalb dieser Grenzen gilt. Das heißt, für alle großen Aufträge gibt es keinen Vergabemindestlohn mehr - für alles, was über 200 000 € und was über 5,5 Millionen € liegt. Das ist das, was in diesem Gesetzentwurf steht. Das kann man sich angucken, die Begründung steht gleich in den ersten Sätzen.
Jetzt kommt Herr Thomas und sagt: Nein, wir heben unsere Grenzen für die Geltung dieses Gesetzes auf die 200 000 € und auf die 5,5 Millionen an. - Ich würde gern einmal wissen, ob Sie wissen, was Sie hier vorlegen.
Die Intention ist ganz klar. Die Intention ist, Regelungen möglichst überhaupt nicht mehr anwenden zu müssen. Das ist nun deutlich formuliert worden, und es ist schon erstaunlich, dass in diesem Landtag alle, die dafür gewesen sind und die das vermeintlich loben Ich kenne die Positionen ja nicht; denn es gab keine Anhörung dazu, bei der die Opposition in irgendeiner Art und Weise hätte dabei sein können. Das ist ja ein Koalitionsgesetzentwurf.
Eigenartigerweise fehlte eine Seite bisher völlig, und das ist überhaupt die Tragik, dass wir als Linke die Ersten sind, die das sagen: Die Gewerkschaften haben diese Änderung deutlich abgelehnt.
(Zustimmung bei der Linken)
Es gibt eine ganz klare Position des DGB zu dieser Änderung, weil die zentrale Aussage, die die SPD zu Beginn dieser Koalition in den Koalitionsverhandlungen gemacht hat, wirklich ausgehoben worden ist. Es gibt hier keinen besonderen Arbeitnehmerschutz mehr. Es gibt hier keinen besonderen Schutz mehr für Fairness am Arbeitsplatz. Es gibt hier auch kein Motiv, mit einem Vergabemindestlohn, Betriebe dazu zu bringen, in eine entsprechende Tariflohnsituation zu gehen.
Deswegen sagen wir ganz klar: Wir lehnen dieses Papier eindeutig ab. Es gibt marginale Dinge, bei Nachweispflichten usw. usf., über die man gern diskutieren kann. Aber das zentrale Anliegen dieses Gesetzentwurfes ist, das Gesetz nicht mehr gelten zu lassen.
(Zustimmung bei der Linken und von Olaf Meister, GRÜNE)
Das ist ein ganz radikaler Verstoß gegen Arbeitnehmerinteressen in unserem Land. Dabei macht Die Linke nicht mit. - Danke.