Kerstin Eisenreich (Die Linke): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Immer häufiger treten Starkregen und Überflutungen auf: Stürme, Tornados - wie auch immer. Allen sind trotzdem die Sturzfluten im Ahrtal präsent. Das ist ein sehr prägnantes Beispiel, deswegen finde ich es auch richtig, das hier zu erwähnen. Aber auch das letzte große Ereignis, das Winterhochwasser im letzten Jahr in Mansfeld-Südharz, ist in Erinnerung. Diese Ereignisse verursachen unermessliches menschliches Leid und natürlich hohe finanzielle Schäden.

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Folgen des Klimawandels sind gravierend und sie sind für alle spürbar. Die zunehmenden Hochwasserereignisse sind auch ein Ausdruck dieser Veränderung. Dem zu begegnen, erfordert zahlreiche Maßnahmen. Dazu gehören der bauliche Schutz vor Großschadensereignissen, konsequenter Klimaschutz und auch eine langfristige finanzielle Risikoprävention mit einer verpflichtenden Elementarschadenversicherung. Denn bis heute sind außer in Baden-Württemberg viel zu wenige Eigentümer gegen Elementarschäden versichert, sodass im Schadenfall immer wieder staatliche Ad-hoc-Hilfen notwendig sind. Darüber haben wir übrigens genau vor einem Jahr hier schon einmal debattiert. 

Doch trotz der Einschätzung der Justizministerinnen und Justizminister und auch der Bewertung der Bundesregierung aus dem Jahr 2022, dass es gegen eine solche Pflichtversicherung keinerlei grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gebe, trotz einer Initiative des Bundesrates aus dem Jahr 2023, eine Elementarschadenpflichtversicherung bundesweit einzuführen, und auch der Forderung der Ministerpräsidentenkonferenz schon im März vergangenen Jahres wurde eine solche Versicherung bisher noch nicht umgesetzt. 

Nun hat sich auch die Umweltministerkonferenz Mitte Mai erneut für eine solche Versicherung ausgesprochen. Daher ist mir eigentlich nicht so richtig klar, warum der Antrag im Nachgang hier eingebracht wird. 

(Zustimmung von Guido Henke, Die Linke)

Aber gut: Die Linke spricht sich für eine solche Pflichtversicherung gegen Elementarschäden aus. Es ist auch richtig, dass hierbei das Solidarprinzip gelten muss. 

(Zustimmung bei der Linken)

Diese Versicherung muss bezahlbar sein, anders als in der gegenwärtigen Praxis, bei der sich Versicherungen aussuchen, wen sie versichern, und wenn sie versichern, dann aufgrund des erwartbaren hohen Risikos zu solch horrenden Versicherungsprämien, dass diese für Eigentümer häufig unbezahlbar sind. 

Es darf nicht passieren, dass dann Versicherungskonzerne das große Geschäft wittern und die Preise hochschrauben. Es braucht deshalb, zeitgleich mit der Einführung der Pflichtversicherung, eine effektive Kontrollmöglichkeit auf der Bundesebene, 

(Zustimmung bei der Linken)

um eine solidarische Verteilung der Lasten zu gewährleisten. Zudem ist es wichtig - diesem Punkt in dem Antrag stimmen wir zu  , dass die Kosten für die Versicherung nicht auf Mieterinnen und Mieter umgelegt werden; denn bekanntlich verpflichtet das Eigentum und nicht die Miete.

Dazu hat im Übrigen die Gruppe der Linken im Bundestag im März vergangenen Jahres einen entsprechenden Antrag gestellt. Wenn ich mich richtig erinnere, liebe GRÜNE, waren Sie damals noch in Regierungsverantwortung. Das hätte alles schon passieren können.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Es gibt in anderen Ländern bereits gut umgesetzte und bezahlbare Beispiele für eine solche Versicherung. Einige Beispiele wurden bereits angesprochen.

Der vorliegende Antrag greift eine ganze Reihe von Punkten aus dem damals im Bund formulieren Antrag auf. Insoweit können wir mitgehen. Allerdings sind wir immer vorsichtig mit Ausnahmeregelungen; deswegen sehen wir diesen Punkt kritisch.

Versicherungen müssen künftig auch dann einen Wiederaufbau bezahlen - solche Beispiele haben wir erlebt  , wenn Häuser nach einer Flut in sichereren Gebieten wiederaufgebaut werden. Sie müssen auch zahlen, wenn es sich nicht um eine Großschadenslage handelt. 

(Beifall bei der Linken)

Denn inzwischen kommt es auch lokal sehr begrenzt zu extremen Schadensereignissen, aber die Versicherten bleiben auf ihren Kosten sitzen, weil sich die Versicherung einen schlanken Fuß macht. 

Letzten Ende bleibt uns nichts anderes übrig, als unsere Städte und Gemeinden zu verändern. Dabei dürfen wir Fehler aus der Vergangenheit nicht wiederholen: Das Bauen auf Hochwasserrisikoflächen muss tabu sei. Deshalb sollen Bauordnungen und Bebauungspläne einer kritischen Überprüfung unterzogen werden. Aufgrund des Klimawandels werden künftig immer mehr Flächen von Hochwasser gefährdet sein, die es bisher noch nicht sind und, wie Sie, Frau Simon-Kuch, anschaulich geschildert haben, von denen man überhaupt nicht vermuten würde, dass dort ein solches Ereignis stattfinden könnte. 

Dies ist im Übrigen in § 13 der Bauordnung des Landes so festgelegt. Das heißt: keine Neubauten in entsprechenden Risikogebieten. Wir sind auf der kommunalen Ebene auch dafür verantwortlich, 
dass bei den Bebauungsplänen entsprechende Regelungen gelten. 

(Beifall bei der Linken - Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Keine Ausnahmen!)
- Genau, es darf keine Ausnahmen geben. 

Flächen müssen entsiegelt werden und dürfen gar nicht erst versiegelt werden. Viel mehr Flächen müssen in die Lage versetzt werden, Wasser aufzunehmen, zu halten usw., Grünflächen, Gründächer, also das Prinzip der Schwammstadt. 

Unsere Bäche und Flüsse brauchen mehr Raum. Es gibt diesbezüglich eine ganze Menge zu tun. Wir haben zudem ein Wassergesetz vor der Brust, mit dem, glaube ich, in diesem Interesse gehandelt wird. 

Aufgrund unserer Anmerkungen stimmen wir einer Überweisung zu. 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Frau Eisenreich.


Kerstin Eisenreich (Die Linke): 

Aber wir haben noch ein wenig Kritik. 

(Beifall bei der Linken)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Frau Eisenreich, Sie haben noch einmal eine Chance. Es gibt zwei Interventionen, wenn ich das richtig gesehen habe. - Frau Tarricone, bitte sehr. 


Kathrin Tarricone (FDP): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr verehrte Kollegin Eisenreich, wenn diese Versicherung nicht auf die Miete umgelegt werden darf - das haben Sie sehr nachdrücklich gefordert  , dann führt zu der von Ihnen ansonsten beklagten Situation, dass es immer mehr große heuschreckenartige Konzerne gibt, die vermieten. Das führt doch genau dazu, dass wir quasi bei den Vermietern aussortieren, die Vermieter, die drei, vier Wohnungen haben, müssen es mittragen, die Vermieter, die viele Wohnungen vermieten, können das vielleicht irgendwie anders wegstecken. Das führt doch zu einer Entwicklung, die Sie ausdrücklich nicht wollen. Das verstehe ich nicht. 

(Beifall bei der FDP) 


Kerstin Eisenreich (Die Linke): 

Diesbezüglich verweise ich auf die Einbringungsrede von Frau Lüddemann, die ausdrücklich auf die Größe von Gebäuden abstellt. Das muss berücksichtigt werden. Insofern ist das schon ein richtiger Punkt. Mit Heuschrecken hat das nichts zu tun. An dieser Stelle wäre ich sehr, sehr vorsichtig.

Es muss Kontrollmechanismen geben - das hören Sie natürlich nicht gern  , weil es der Markt aus unserer Sicht eben nicht regelt. Insofern ist dann die Belastung relativ zur Größe des Grundstückes, also des Eigentums, schon machbar. 

Mieterinnen und Mieter können sich dagegen nicht wehren. Warum sollen sie immer alle Risiken tragen, die ein Unternehmer - der Eigentümer einer größeren Mietimmobilie ist ein Unternehmer; das befürworten Sie   selbst - das ist unternehmerisches Risiko - absichern muss?

(Marco Tullner, CDU, löst die Blende an einer Abgeordnetenbank der Linken - Olaf Meister, GRÜNE: Großschadensereignis!)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Danke, Frau Eisenreich. 

(Zustimmung bei der Linken)

Herr Tullner hat wieder einmal etwas kaputt gemacht. 

(Lachen im ganzen Haus)

Ich würde es jetzt noch nicht ganz unter Großschadensereignis einsortieren, aber wir können ihn fragen, ob er versichert ist. 

Herr Büttner hat eine Intervention. - Bitte sehr. 


Matthias Büttner (Staßfurt) (AfD): 

Intervention? - Ich sage es trotzdem. Ich möchte die Augenwischerei beenden. Wenn immer gesagt wird oder wenn die Kollegin erzählt, dass die Menschen anderswo ihr Haus aufbauen sollen, dann reden wir in der Regel gerade nicht über Neubauten, sondern hauptsächlich über Bestandsobjekte, die schon seit ewigen Zeiten, und zwar über Generationen von Familien hinweg, an demselben Ort stehen. 

Wenn man guckt, dann ist eigentlich jede Stadt, in der Bauwerke oder Häuser an irgendwelchen Flüssen stehen, davon betroffen. Im Ahrtal befinden sich ganze Ortschaften, die dann alle umgesiedelt werden müssten. Wie soll das funktionieren? - Das ist Augenwischerei. Darüber müssen wir uns nicht unterhalten. 

Es ist doch am Ende so, dass die Menschen dort schon ewig - ich weiß nicht, wie viele Jahrzehnte oder Jahrhunderte   wohnen und Sie sie entwurzeln wollen. Das funktioniert nicht. Sie stehen für eine Antwort leider nicht zur Verfügung. Ich hätte mir gern angehört, wie Sie das Problem lösen wollen und was Sie dazu zu sagen haben, aber Sie stehen nicht zur Verfügung.