Ulrich Thomas (CDU): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich darf daran erinnern: Wir sind heute bei der Einbringung eines Gesetzentwurfes und stehen vor den Beratungen in den Ausschüssen. 

(Siegfried Borgwardt, CDU: Genau so ist das!) 

Kollege Gallert, das, was Sie heute gemacht haben, sollte hier nicht Schule machen. Dafür sind die Ausschüsse da, dazu im Detail zu diskutieren. 

(Eva von Angern, Die Linke: Nicht zu viele Fragen stellen, oder? - Zuruf von Monika Hohmann, Die Linke)

Wenn Ihr Thema nur ist, wo in einem Gesetzentwurf das Komma falsch gesetzt wurde, dann haben Sie das Thema Bürokratieabbau offensichtlich nicht richtig verstanden, meine Damen und Herren. 

(Beifall bei der CDU) 

Es ist wieder deutlich geworden, wer für Bürokratieabbau steht: Das sind die Deutschlandkoalition und ein paar, die nicht mitspielen dürfen, Herr Lieschke, die aber Beifall klatschen dürfen. Das dürfen Sie. Wir haben hier links eine Partei, die gerade ein Klima des Misstrauens in diesem Raum gesät hat. Herr Meister, ich weiß nicht, ob Sie nicht wissen, wie das Leben im ländlichen Raum wirklich praktisch und real abläuft. 

(Zurufe von der AfD: Nein, weiß er nicht! - Woher soll er das denn wissen? - Zurufe von der CDU)

Wissen Sie, da kennt man sich und da informiert man sich. Manchmal ist es eben auch so, dass eine Firma angerufen wird, weil der Bürgermeister oder die Kommune an irgendeiner Stelle Hilfe braucht. 

(Zuruf von der AfD: So ist es!) 

Man kennt sich. Wenn Sie den Leuten per se Korruption unterstellen   dieses Wort haben Sie mehrfach verwendet  , behaupten, das Gesetz leiste der Korruption Vorschub, 

(Olaf Meister, GRÜNE: Ja!)

dann brauchen wir uns doch über Bürokratieabbau in diesem Bild überhaupt nicht mehr zu unterhalten. Sie wollen alles ganz kleinteilig machen, Sie wollen alles beschweren, und Sie unterstellen jedem Bürgermeister, jedem Kommunalvertreter und jedem Unternehmer per se: Wenn ihr beide etwas verabredet, ist Korruption im Spiel. Das weise ich zurück.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das geht bei Ihnen so weit, dass Sie einen rechtsfreien Raum unterstellen, als ob dann keine Verträge mehr gälten, keine Tarifverträge, keine Standards, keine Bauverschriften. Das ist eben nicht so. Es geht einzig und allein darum, Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. 

Natürlich wird ein Bürgermeister in einer Gemeinderatssitzung sagen: Die Firma X hat den Zuschlag bekommen; mir lagen drei Angebote vor und ich habe das wirtschaftlich günstigste Angebot ausgewählt. An welcher Stelle Sie dabei Korruption sehen, ist mir völlig unklar. 

(Olaf Meister, GRÜNE, lacht)

Das kann man natürlich so sehen, wenn man in Magdeburg, in einem Oberzentrum, lebt. Auf dem flachen Land bekommen Sie mit dieser Einstellung kein Vereinsfest und kein Volksfest und keine Veranstaltung auf die Beine gestellt,

(Olaf Meister, GRÜNE, lachend: Ja!)

weil die freie Wirtschaft sagt: Ihr könnt mich mal, ich gehe woanders hin. - Das wollen wir nicht. Wir halten zusammen, und dementsprechend helfen wir uns in dem Bereich, in dem wir das können und dürfen, und zwar ohne Rechtsverstöße. 

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, und von Guido Kosmehl, FDP - Olaf Meister, GRÜNE: Sie erheben den Klüngel zum Standard!) 

Bei diesem generellen Misstrauen, das Sie haben, brauchen Sie an den Ausschussberatungen eigentlich gar nicht mehr teilzunehmen, weil Sie ja generell sagen, Sie haben ein Problem damit. Aber ich lade alle diejenigen ein, die Sachsen-Anhalt voranbringen wollen, und das möglichst schnell. Kritiker wird es immer geben, aber diese Art der Kritik, Herr Meister, verbitte ich mir für die Kommunalen, für die ich hier auch stehe und die ich auch kenne, die beileibe nicht das verdient haben, was Sie hier per se unterstellt haben. 

(Beifall bei der CDU - Hendrik Lange, Die Linke: Das sagt gerade Herr Thomas! Ich sage nur Lindenstraße!)

- Herr Lange, ganz dünnes Eis. Ganz dünnes Eis!


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Es gibt eine Intervention von Herrn Gallert und eine von Herrn Meister.


Wulf Gallert (Die Linke): 

Ich habe eine kurze Bemerkung. Natürlich weiß ich, dass es bei verschiedenen komplexen Gesetzen, wie das hier offensichtlich der Fall ist, auch Detailfragen geben kann, die noch zu klären sind. Meine irrige Annahme war nur, dass derjenige, der dieses Gesetz hier einbringt, mir bei der Einbringung sagen kann, für welchen Bereich dieses Gesetz gilt. Ich gebe zu, das war offensichtlich eine zu frohe Erwartung. 

(Olaf Meister, GRÜNE: Ja!) 

Aber dass ich eigentlich davon ausgehen kann, dass Sie ein Gesetz einbringen und mir sagen können, für welche Schwellenwerte es gilt, und dass sich das nicht widerspricht mit dem, was ich hier schriftlich vorliegen habe, war eigentlich eine Erwartung, die man im Normalfall erfüllen könnte, Herr Thomas. - Danke.

(Zuruf von der CDU)


Ulrich Thomas (CDU): 

Die Qualität mancher Fragen muss man auch einmal mit einer Nichtantwort würdigen. 

(Beifall bei der CDU - Wulf Gallert, Die Linke: Ja, ja)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Herr Meister, Ihre Intervention bitte. 


Olaf Meister (GRÜNE): 

Danke, Herr Präsident. - Lieber Kollege Thomas, Sie haben geschildert, wie das so läuft. Sie haben Recht; genauso läuft das. Die Grenze zu dem, was wir als Klüngel bezeichnen, ist eben dicht dran.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE - Tobias Rausch, AfD: Das sagen ausgerechnet die mit dem Graichen-Clan! Das ist eine Frechheit! - Zuruf Guido Heuer, CDU)

- Da schüttelt er den Kopf. - Das ist schlecht für Leute, die außerhalb dieser Szene sind, die sich da bildet. Es geht nicht nur um den Unternehmer in Bayern; es geht auch um den Unternehmer in Quedlinburg, der eben nicht den guten Kontakt hat. 

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD) 

Es ist unsere Aufgabe als Gesetzgeber dafür zu sorgen, dass wir Regelungen machen, die dem entgegenwirken. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

An dieser Stelle erwarte ich zumindest ein Problembewusstsein. Man kann sich darüber unterhalten, wie man das ausgestaltet hat. Aber ein Problembewusstsein sollte doch vorhanden sein. Aber gänzlich zu sagen: Nein, die kennen sich alle super, das läuft     Bei 100 000 €? Lieber Kollege Thomas!

(Guido Heuer, CDU: Dann guck dir das mal in Baden-Württemberg an!) 


Ulrich Thomas (CDU): 

Ich kann dazu nur sagen: Jeder, der in einem Stadtrat oder in einem Gemeinderat tätig ist, kennt die Nachweispflichten, kennt den Bericht des Hauptverwaltungsbeamten. Er hat zu berichten, was wo passiert ist. Dort wird über viel kleinere Aufträge berichtet und darüber, wer diese bekommen hat. Jeder Gemeinderat kann nachfragen, warum der und kein anderer den Zuschlag erhalten hat. Die Transparenz, die Sie verlangen, ist im täglichen Leben schon längst vorhanden, Herr Meister.

Ich weiß nicht, in welcher Welt Sie leben, aber bei mir in Quedlinburg ist es bspw. Realität, dass darüber berichtet wird. Jeder Gemeinderat kann nachfragen, ob alles rechtens war, oder, wenn Misstrauen besteht, warum das so war. Es hat sich noch nie jemand beklagt. Fragen Sie einmal die hinter Ihnen sitzende Dame; sie ist auch im Stadtrat und kann das bestätigen: Dort wird auf jede Frage eine ordentliche Antwort gegeben. 

Dafür haben wir die kommunale Selbstverwaltung, aber auch die kommunale Rechtsprechung und auch das kommunale Miteinander. Das kommunale Miteinander haben Sie ein bisschen aus den Augen verloren, vor Misstrauen.